Partnerschaft :"Signal für ein starkes Europa"

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Die Gemeinde Odelzhausen schließt eine Partnerschaft mit der italienischen Stadt Amelia. Das Ziel: wirtschaftlich-kultureller Austausch und echte Freundschaft

Von Renate Zauscher, Odelzhausen

Nach gut zwei Jahrzehnten Vorbereitungszeit hat die Gemeinde Odelzhausen mit der Stadt Amelia im italienischen Umbrien eine Städtepartnerschaft geschlossen. Eine 60-köpfige Delegation ist dazu vor eineinhalb Wochen in die rund 12 000 Einwohner große Stadt nördlich von Rom mit ihrem prachtvollen, mittelalterlichen Stadtkern gefahren, wo deren Bürgermeisterin Laura Pernazza und der Odelzhausener Bürgermeister Markus Trinkl im Rahmen einer eindrucksvollen Feier die Partnerschaftsdokumente unterzeichneten. Der Zeremonie wohnte auch der Filmschauspieler Terrence Hill bei, der durch die Westernparodien mit Bud Spencer in den Achtzigerjahren auch in Deutschland populär wurde. Terrence Hill, bürgerlicher Name Mario Girotti, ist mittlerweile fast achtzig und betreibt in Amelia die "Gelateria Girotti", die sein Großvater dort bereits vor 44 Jahren gegründet hat.

Die Initiative zum Abschluss der Städtepartnerschaft kam von Elia Iacocagni, der aus Amelia stammt und seit 1961mit seiner Familie in Odelzhausen lebt. Ihm war es immer schon ein Herzensanliegen, dass sich die beiden Kommunen kennenlernen und gegenseitige Kontakte aufbauen. Bereits 2004 haben "Sbandieratori" - die Fahnenschwenker - und Bogenschützen aus Amelia auf ihrem Weg zum Oktoberfest in Odelzhausen Halt gemacht und ihre Künste vorgeführt. Erst zehn Jahre später aber, unter dem parteifreien Bürgermeister Trinkl, hat der Gedanke einer Städtepartnerschaft Fahrt aufgenommen, und nach mehreren Besuchen und Gegenbesuchen in den vergangenen drei Jahren kam es jetzt zum offiziellen Festakt.

Für Markus Trinkl ist der vereinbarte enge Kontakt "ein wichtiges Signal für ein starkes, gemeinsames Europa" - ein Aspekt, den auch Laura Pernazza in ihrer Begrüßungsrede betonte. Beide wünschen sich, dass über die offiziellen Kontakte hinaus echte Freundschaften entstehen. Zum Teil gibt es diese persönlichen Beziehungen bereits - so etwa zwischen der Familie des Odelzhausener Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins, Roland Riedel, und der von Bürgermeisterin Pernazza oder auch mit Annamaria Zanchi, Riedels Kollegin in Amelia.

Allen Teilnehmern des viertägigen Treffens dürften die Schönheit der Stadt und der sie umgebenden Landschaft und die großzügige Gastfreundschaft der Partner in Amelia unvergesslich bleiben. Am ersten Abend wurde in einem Gartenlokal mit Musik, Wein und einem großen Buffet gefeiert. Im Wechsel stimmten dabei die mitgereisten Mitglieder der Sittenbacher Blasmusik und einheimische Musiker bayerische wie italienische Stücke und auch die jeweiligen Landeshymnen an. Bei einer Stadtführung erfuhren die Odelzhausener, dass Amelias Stadtgeschichte bis zu ihrer Gründung 1060 vor Christus und darüber hinaus in mythische Vorzeit zurückreicht. Besichtigt wurden auch das örtliche Museum mit Schätzen aus Amelias Vergangenheit, der Dom sowie ein zauberhaftes Theater, das vom gleichen Architekten erbaut wurde wie das berühmte Teatro La Fenice in Venedig. Zu einem Vortrag über Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Aufgabe des Denkmalschutzes stellen, kam ein Vertreter des Ministeriums für Kultur und kulturelles Erbe aus Rom.

Was genau aber ist unter dem Begriff Kultur zu verstehen? Laura Pernazza hat eine überzeugende Antwort: Nicht nur materielle Kulturgüter gehörten dazu, sondern auch gelebte Traditionen, die spezifische Lebensqualität einer Region und insbesondere auch die landestypische Küche. Von letzterer bekamen die Odelzhausener immer wieder wunderbare Kostproben serviert: typische Nudel- und Fleischgerichte oder "dolci", die süßen Nachspeisen, am Ende eines jeden Mahls.

Der Höhepunkt der Reise war die Unterzeichnung der Partnerschaftsdokumente im Rahmen einer Sondersitzung des Stadtrats. Zu den Klängen der städtischen "Banda" und der Sittenbacher Musiker zogen Vertreter der Stadt in mittelalterlicher Kleidung, dazu Fahnenschwenker und Bogenschützen, hinauf zum Rathausplatz, wo Markus Trinkl feierlich die Bürgermedaille und den symbolischen Schlüssel für das Stadttor überreicht bekam. Unter Trommelwirbel zogen Gäste wie Gastgeber sodann ins Rathaus ein, wo die Städtepartnerschaft besiegelt wurde.

Am nächsten Tag wurde weiter gefeiert: mit einem Festzug, bei dem sich die fünf Stadtteile Amelias und ihre berühmten Fahnenschwenker präsentierten, und zuletzt dem alljährlichen "Palio dei Colombi", einem Pferderennen samt Wettbewerb der Bogenschützen. Noch vor Beginn des Rennens begeisterten die Sittenbacher Bläser die mehr als tausend Besucher in der Arena.

Odelzhausen und Amelia sind ungleiche Partner: wirtschaftliche Kraft auf der einen Seite und eine Jahrtausende alte Geschichte mit entsprechendem kulturellem Reichtum auf der anderen. Gerade die Unterschiedlichkeit der beiden Kommunen mache den besonderen Reiz der Partnerschaft aus, betonten sowohl Laura Pernazza wie Markus Trinkl.

Über das Kennenlernen der Partner und persönliche Freundschaften hinaus soll die Partnerschaft praktische Konsequenzen haben. So ist an wirtschaftliche Zusammenarbeit, an Schüleraustausch und die Vermittlung von Ausbildungsplätzen gedacht, die das unter großer Jugendarbeitslosigkeit leidende Amelia gut brauchen kann. Vertreter beider Gemeinden sind dabei, entsprechende Projekte zu entwickeln. Auf jeden Fall wollen sie sich bald wiedersehen: Bürgermeister Markus Trinkl hat die Partner in Amelia zu einem Gegenbesuch im kommenden Jahr eingeladen, und in Kürze wird die Abschlussklasse der Odelzhausener Realschule in Amelia erwartet.

© SZ vom 21.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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