Opus ultimo:Verse auf die Vergänglichkeit

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Heimat und Natur spielen für Michael Groißmeier eine zentrale Rolle. (Foto: oh)

Der Dachauer Dichter Michael Groißmeier schließt sein umfangreiches Werk mit dem Band "Die Gänze des Lebens" ab

Von Stephanie Noll, Dachau

"Bin ich tot, stört mir meine Ruhe nicht! Die Erde ist ein sanftes Ruhekissen. Mir bleibt vom Leib das Ewige Gericht! Ich will auf Erden meine Fahne hissen!" So lautet eine Strophe des Gedichts "Kein andrer Tod" aus dem Gedichtband "Die Gänze des Lebens" von Michael Groißmeier, der jetzt erschienen ist. Der Dachauer Dichter kann mittlerweile an die 50 literarische Veröffentlichungen vorweisen. Er ist Träger zahlreicher Auszeichnungen wie dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland und dem Bayerischen Poetentaler. Auch die Stadt Dachau würdigte seine Leistung bereits 1984 mit ihrer Ehrenmedaille. Der 83-jährige ist außerdem Mitglied der Literatenvereinigung Münchner Turmschreiber.

Alter und Vergänglichkeit sind zwei zentrale Themen seines jüngsten Werks. Warum seine Gedichte oft etwas düster ausfallen? Eine entsprechende Grundstimmung müsse schon vorhanden sein, meint Groißmeier. Aber die Kindheit während der NS-Zeit in Dachau habe sein lyrisches Schaffen sehr geprägt. 1945 war er zehn Jahre alt und musste miterleben, wie Fuhrwerke mit Leichen aus dem KZ durch die Mittermayerstraße fuhren. Daran erinnert er sich heute noch sehr genau. Im Mai sei es damals sehr heiß gewesen, der Gestank war enorm. Solche Momente vergisst Groißmeier nicht, genauso wenig wie die Todesangst, die er empfand, als die Amerikaner bei der Familie unerlaubte Waffen fanden und ihnen deshalb die Exekution androhten.

Auch das Verhältnis zu Gott spielt in "Die Gänze des Lebens" eine große Rolle, etwa in dem Gedicht "Wer bist du, Gott?". Darin heißt es: "Du nahmst uns schon die Liebe, hast auch die Hoffnung uns genommen! Wenn du nicht bist, was bliebe uns denn, als zu verkommen!" Für Groißmeier ist Religion eine Lebenshilfe, um die Sterblichkeit anzunehmen. Er betrachte sich selbst nicht als christlichen Menschen, er glaube jedoch an eine Kraft, die alles leite. "Ich bin ein Animist", sagt er. Der Animismus spricht Objekten der Natur eine Seele oder einen innewohnenden Geist zu.

Die Inspiration für seine Gedichte kommt Groißmeier manchmal ganz spontan, etwa um ein Uhr nachts. Deshalb liegen bei ihm am Fensterbrett auch immer ein Blatt und ein Stift bereit. Oft geben auch die Gedichte anderer Lyriker den Anstoß. Vor allem russische Naturlyrik hat es ihm angetan. Er bewundert viele russische Literaten und Poeten, etwa Alexander Blok, Leo Tolstoi oder Anton Tschechow. Mit den meisten aktuellen Nachwuchsdichtern kann der 83-Jährige nicht so viel anfangen. "Die Gänze des Lebens" bezeichnet er als Opus Ultimo - als seine letzte Arbeit. Nun möge er nicht mehr, obwohl er darin schreibt: "Das Gedicht ist der Ort, an dem ich heimisch bin." Aber er kann nun am Ende seiner langen Karriere auch auf eine beachtliche Reihe an lyrischen Werken zurückblicken, für die er einige Preise verliehen bekommen hat.

Groißmeier gibt sich jedoch bescheiden. "Von den großen Preisen war ich ja doch immer weit entfernt." Zwei seiner Würdigungen seien ihm aber besonders im Gedächtnis geblieben. Dazu zähle seine erste Auszeichnung, die er Anfang der Achtzigerjahre mit einer Ehrengabe von 3000 Mark erhalten habe. Darüber habe er sich damals sehr gefreut. Eine ganz besondere Ehrung sei dann auch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes im Jahr 1998 gewesen, mit der er gar nicht gerechnet habe.

Neben Gedichten über Gott und die Vergänglichkeit spielen in seinem letzten Gedichtband wieder die Natur und seine Heimatverbundenheit eine wichtige Rolle. Auch eine Art Abschiedsgruß ist darin zu finden: "Was bleibt von mir? Ich wage zu hoffen, ein Gedicht, das ich dem Wind vorsage, und der vergißt's wohl nicht". Aber wohl nicht nur dem Wind wird das lyrische Schaffen von Michael Groißmeier im Gedächtnis bleiben.

Michael Groißmeier: Die Gänze des Lebens. Allitera Verlag, München, 2018, 153 Seiten, 14 Euro.

© SZ vom 17.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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