Odyssee einer Hauskatze:Jakobs geheime Abenteuer

Lesezeit: 3 min

Wieder glücklich vereint: Schmusekater Jakob und Edith Bauer. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Sechseinhalb Jahre war der getigerte Kater aus Vierkirchen verschwunden und von einer Augenzeugin sogar schon für tot erklärt worden. Vor wenigen Wochen fand er dank eines kuriosen Irrtums den Weg zurück zu seiner Familie.

Von Jana Korff, Vierkirchen

Seit langer Zeit betritt Jakob das erste Mal wieder sein Zuhause. Es scheint ihm immer noch bestens vertraut. So schnell er kann, saust der getigerte Kater die Treppe hinunter in den Hobbyraum. Und da steht sie: seine Couch! Sein absoluter Lieblingsplatz! Und auf der macht er es sich erst einmal gemütlich. Als wäre er nie weggewesen. Sechseinhalb Jahre hat Familie Bauer ihre Schmusekatze Jakob nicht mehr wiedergesehen.

Im November 2008 lebt er gerade zwei Jahre bei den Bauers und deren Bernersennen-Dame Kira, als er zu einem Routinebesuch zum Tierarzt nach Röhrmoos muss. Das gefällt Jakob gar nicht. "Er hat es geschafft, sich durch eine kleine Öffnung im Katzenkorb zu befreien, so schlank war er mal, und ist davongelaufen", sagt Edith Bauer. Aber wohin? In Röhrmoos, fünf Kilometer von seiner Lieblingscouch entfernt, befindet sich der Kater auf ihm unbekanntem Terrain. Die Bauers suchen ihren Jakob verzweifelt. Sie inserieren in der Zeitung, sie hängen Vermisstenblätter auf, sie werfen Fotos in Briefkästen. Nichts führt zum Erfolg: Jakob bleibt verschwunden. Und dennoch: "Man gibt nie wirklich auf. Ein bisschen Hoffnung bleibt immer, dass er vielleicht morgen vor der Terrassentüre steht oder doch noch gefunden wird."

Nach vier Monaten kommt der schreckliche Anruf. Eine Röhrmooserin hat Jakob auf der Hauptstraße erkannt. Er sei überfahren worden, sagt sie. Für die Bauers ein Schock. "Damit war alle Hoffnung weg." Jakob würde nie mehr zurückkehren.

Nach einiger Zeit der Trauer legen die Bauers sich eine neue Katze zu. Mittlerweile ist sogar schon eine Nachwuchs-Katze dazugekommen. Kater Jakob aber bleibt unvergessen. Jeder Tierarztbesuch bringt die Erinnerung an die Schmusekatze immer wieder zurück. Im Februar 2015 klingelt erneut das Telefon. "Hallo Frau Bauer, haben Sie einen Kater, der Jakob heißt?" Edith Bauer ist verwirrt und überrascht. Sie antwortet, dass sie einen Kater habe, aber der sei schon lange nicht mehr bei ihr. Das überrascht den Anrufer gar nicht. Er ist Mitarbeiter der Firma Tasso, die hilft, vermisste Tiere wiederzufinden. Der Mann weiß, wo ihr geliebter Jakob steckt. Bei einem Ehepaar in Röhrmoos.

Dort hat sich der scheue und abgemagerte Streuner seit November 2014 mit Vogelfutter durchgefressen und vor die Terrassentüre gelegt, weil es dort wärmer ist. Als er auch im kalten Winter noch dort liegt, nimmt das Ehepaar ihn bei sich auf. "Die haben sich so rührend um unseren Jakob gekümmert. Haben ihm eine Katzenhütte gebaut mit Wärmelicht, dass er nicht friert. Ins Haus durfte er nicht, wegen der schlimmen Katzenhaarallergie der Frau. Aber gefüttert haben sie ihn mit dem besten Fressen, sodass er immer dicker und dicker geworden ist." Deshalb denkt das Ehepaar auch, der Kater, den sie für eine Katzendame halten und Liesbeth nennen, sei trächtig. Sie gehen mit ihm zum Tierarzt, wo statt des erwarteten Nachwuchses nur ein dicker Wanst festgestellt wird.

Der Besuch ist trotzdem nicht umsonst: Der Tierarzt findet eine Tätowierung im Ohr des Katers. Dank der Registrierung bei Tasso und der Vermisstenmeldung, die Edith Bauer dort abgegeben hat, können die Besitzer ausfindig gemacht werden. Dann haben die Bauers ihn endlich wieder, ihren Jakob. "Mit vielen Sachen überrascht er uns heute noch, die er schon immer gemacht hat, aber die wir schon ganz vergessen hatten", erzählt Edith Bauer überglücklich. "Als Erstes ist er zur Hündin Kira gelaufen und hat sich um ihre Beine geschlängelt. Die haben sich sofort wieder erkannt." Was Jakob Kira wohl alles erzählt hat? Bestimmt einiges von seiner langen Reise. Aber das wird wohl das Geheimnis der beiden bleiben. "Jakob ist so verspielt und zutraulich. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass er sechs Jahre auf der Straße gelebt hat", sagt seine Besitzerin.

Mit dem Ehepaar, das Jakob aufgepäppelt und zurückgebracht hat, haben die Bauers noch engen Kontakt. Auf ihren Jakob geben sie jetzt besonders acht. "Am Anfang wollten wir ihn gar nicht mehr rauslassen, aus Angst, dass er uns wieder davonläuft", sagt Bauer. "Aber er stand immer sehnsüchtig vor der Terrassentüre, und seit wir ihn rauslassen, ist er immer wieder zurückgekommen. Er ist eben doch kein Streuner, unser Jakob." Offenbar weiß der Kater jetzt, wo er hingehört. Daheim ist es doch am schönsten: in seinem Zuhause in Vierkirchen bei seiner Freundin Kira, den beiden neuen Katzen und den Bauers. Zwar hat er zu seinen neuen Mitbewohner-Katzen noch nicht den richtigen Draht gefunden, aber Hündin Kira begleitet Kater Jakob wie auch vor sechseinhalb Jahren zu jedem Spaziergang. - Sicherheitshalber.

© SZ vom 30.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: