Odelzhausen:Vom Marien-Ei und anderen Wundern

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Bis zur Säkularisation gehörte Maria Stern in Taxa 150 Jahre lang zu den meistbesuchten Wallfahrtsorten Bayerns. Dann wurden Kirche und Kloster verkauft und später abgerissen, das Inventar versteigert. Zumindest einige der wertvollen Stücke konnten wieder nach Odelzhausen zurückgeholt werden

Von Renate Zauscher, Odelzhausen

Genau 203 Jahre ist es her, dass das einstmals weithin bekannte Kloster Taxa mit seiner barocken, doppeltürmigen Kirche im Zuge der Säkularisation dem Erdboden gleichgemacht wurde. Vergessen aber haben die Menschen in Taxa und Umgebung den berühmten Wallfahrtsort, zu dem zeitweise an die 60 000 Menschen im Jahr strömten, bis heute nicht: Die Geschichte von Kirche und Kloster und die Legenden, die sich um seine Gründung ranken, bilden einen wichtigen Teil Odelzhausener Selbstverständnisses und Odelzhausener Volksfrömmigkeit.

Vor einigen Jahren ist es der Gemeinde gelungen, einige aus dem früheren Taxa-Kloster stammende Kunstgegenstände zu erwerben. Sie wurden während der letzten Jahre sorgfältig und unter fachmännischer Beratung durch das Bezirksmuseum Dachau restauriert. Jetzt sind sie erstmals öffentlich zu sehen: Am Sonntag wird eine Ausstellung mit den Gegenständen im Odelzhausener Rathaus eröffnet; bis zum kommenden Freitag, 26. Juni, ist sie jeweils von 16 bis 18 Uhr für Besucher geöffnet. Gleichzeitig finden im Rahmen der Taxa-Projektwoche mehrere Veranstaltungen zum Thema statt.

Odelzhausen und sein heutiger Gemeindeteil Taxa waren über Jahrhunderte eher unbedeutende Orte: In Taxa dürfte es wenig mehr gegeben haben als ein Gehöft und das "Taxet", das Wäldchen, von dem Taxa seinen Namen hat. Das änderte sich der Legende nach auf wundersame Weise zu Beginn des 17. Jahrhunderts. In dem zum Schloss Odelzhausen gehörenden Sedlhof in Taxa legte ein schwarzes Huhn ein Ei, auf dem die Menschen ein Abbild Mariens im Strahlenkranz erkannten. Der Odelzhausener Schlossherr Johannes Graf Hundt wurde durch das Ei-Wunder an ein längst vergessenes Gelübde erinnert und ließ 1618 eine Kapelle am Fundort des Eis erbauen. Überliefert hat diese Geschichte der Barockprediger Abraham a Sancta Clara in seinem Buch "Gack/Gack/Gack/A Ga". Sie lebt bis heute fort: Immer noch legt ein Huhn in Taxa oder Odelzhausen tatsächlich gelegentlich ein Stern-Ei - und bis heute sehen manche darin die Ankündigung eines wichtigen Ereignisses.

Das Wunder von Taxa hatte gewaltige Auswirkungen auf die Entwicklung des Ortes. Die unter den schrecklichen Ereignissen des Dreißigjährigen Kriegs leidenden Menschen begannen, in gewaltigen Scharen an den Ort des Wunders zu pilgern, die erste Kapelle wurde nur zehn Jahre später durch ein Langhaus mit Seitenkapellen erweitert. 1654 übernahm der Orden der Unbeschuhten Augustiner die Seelsorge für die Pilger, ein Kloster wurde gebaut, Handwerker siedelten sich an.

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(Foto: Jørgensen)

Die fünf Kanzelfiguren mit Christus sind die zentralen Ausstellungstücke der Ausstellung über Kunstwerke und religiöse Exponate des früheren Klosters Taxa.

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(Foto: DAH)

Darunter die Skulpturen des Heiligen Nepomuk und Franz-Xaver neben einem Entwurf für ein Deckengemälde von Johannes Chrysostomos Wink.

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(Foto: Jørgensen)

Weitere wertvolle Exponate in der Taxa-Ausstellung im Odelzhausener Rathaus sind: Moses mit Gott im brennenden Dornbusch ...

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(Foto: Jørgensen)

... eine autorisierte Kopie der Schwarzen Madonna von Brünn ...

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(Foto: Jørgensen)

... und besonders kunstvoll: Jesus mit der Weltkugel.

150 Jahre lang gehörte Maria Stern in Taxa zu den meistbesuchten Wallfahrtsorten Bayerns. Dann kam mit dem neuen Gedankengut der Aufklärung und mit der Einziehung kirchlicher Besitztümer in der Säkularisation das kurfürstlich verordnete Ende der Wallfahrtsstätte: Kirche und Kloster wurden verkauft und wenig später abgerissen, das Inventar versteigert.

Einer, der den Wert dessen, was hier in alle Winde zerstreut und zerstört wurde, erkannte, war Anton Knoller, früherer Theologiestudent und Bauer in Hochdorf, einem Ort im heutigen Landkreis Fürstenfeldbruck. Er kam mit sieben Heuwägen nach Taxa und erwarb bei der Versteigerung Möbel und Skulpturen, Bilder, Bücher, Gebrauchsgegenstände der Mönche und sogar eine große Turmuhr der Klosterkirche. Er und seine Nachfahren haben die Schätze mehr als 200 Jahre gehütet, bis auch diese in ihrer Art einmalige Sammlung ein Ende fand: Als der letzte Hofbesitzer 2009 starb, wurde von den Erben ein Münchner Versteigerungshaus mit der Verwertung der Gegenstände beauftragt.

In Odelzhausen hatte es in den Jahren zuvor die Hoffnung gegeben, die Sammlung geschlossen im Ort unterbringen und so für die Nachwelt erhalten zu können. Dafür war es jetzt zu spät. Die einzige Möglichkeit, die blieb, war die mitzusteigern und wenigstens einige Stücke vor dem Zugriff privater Interessenten zu retten. Gemeinderat Roderich Zauscher übernahm diese Aufgabe. Innerhalb weniger Tage gelang es ihm, zahlreiche Sponsoren für das Vorhaben zu finden. Auch Gemeinde und Pfarrgemeinde beteiligten sich mit größeren Summen. Zuletzt standen 45 000 Euro für den Ankauf von Kunstwerken zur Verfügung. Bei zwei Versteigerungen 2009 und 2010 bekam Zauscher den Zuschlag für eine Reihe von Bildern und Plastiken, darunter die wertvollen ehemaligen Kanzelfiguren der Kirche. Durch Vermittlung von Christoph Kürzeder, Leiter des Diözesanmuseums Freising, gelang es außerdem, ein zuvor schon verkauftes Bozzetto für ein Deckengemälde in Kirche oder Kloster zu erwerben. Zuletzt wurden von Kreisheimatpfleger Sepp Kink in Fürstenfeldbruck der Gemeinde zwei Stuhlwangen des ehemaligen Kirchengestühls aus Taxa übergeben.

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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