Nachfolge für Georg Osterauer:Drei Kandidaten wollen Bürgermeister in Erdweg werden

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Gegen Christian Blatt (CSU) schicken die Freien Wähler Rolf Blaas ins Rennen. Nun tritt auch noch der gebürtige Kameruner Joseph Ndogmo an.

Von Benjamin Emonts, Erdweg

Das Kandidatenkarussell um die Nachfolge des verstorbenen Erdweger Bürgermeisters Georg Osterauer (Freie Wähler) hat so richtig Fahrt aufgenommen. Am Donnerstag nominierten die Freien Wähler überraschend den politisch unerfahrenen Großberghofener Rolf Blaas, dessen Namen sie bis dahin wie ein Staatsgeheimnis gehütet hatten. Die Erdweger CSU schickte einen Tag später einstimmig den jungen Christian Blatt ins Rennen, der nur wenige Häuser entfernt von Blaas lebt. Der 33-Jährige leitet seit dem Tod Osterauers als Zweiter Bürgermeister die Geschäfte der 6000-Einwohner-Gemeinde Erdweg. Bei der Bürgermeisterwahl vor drei Jahren hatte er den Kürzeren gezogen. Wer aber glaubte, das Duell um den begehrten Platz im Rathaus heißt also Blaas gegen Blatt, Nachbar gegen Nachbar, der täuschte sich. Es wird wohl ein Dreikampf werden - Gemeinderat Joseph Ndogmo steigt ins Rennen um das Bürgermeisteramt ein.

Eine perfekte Überraschung, von der die meisten Erdweger noch keine Ahnung haben.

Ein Insider aus der Gemeinde gab der SZ den Hinweis, dass auch ein gebürtiger Kameruner aus der Gemeinde Bürgermeister werden wolle. Das konnte nur der Gemeinderat und Akademische Oberrat Joseph Ndogmo an der TU München sein. Mit dem Gerücht konfrontiert, lachte er am Telefon laut los: "Ja, das stimmt." Man möge ihn doch einfach Zuhause besuchen, um über seine Ambitionen zu sprechen. Der Weg führt in ein kleines Dorf namens Welshofen. Ndogmo sitzt mit Hemd und Anzughose auf der Terrasse. Er beobachtet die grasenden Pferde vor seinem Haus, unter dem sich das Glonntal erstreckt. Hier, inmitten der ländlichen Idylle, ist Ndogmo mit seiner Frau und seinen drei Kindern seit fünf Jahren zuhause. Das Grundstück, auf dem sein selbst gebautes Häuschen steht, sei nicht nur wegen des Ausblicks ein echter "Sechser im Lotto" gewesen, sagt er. "Ich wurde hier sofort zu 200 Prozent aufgenommen."

Joseph Ndogmo ist gebürtiger Kameruner. Seit fünf Jahren ist er in der Gemeinde mit Frau und seinen drei Kindern zuhause. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Musterbeispiel für gelungene Integration

Für Auswärtige ist das nicht immer leicht, sich so schnell und reibungslos in die Dorfgemeinschaft zu integrieren. Ndogmo aber sagt über sich: "Ich bin immer derjenige, der auf die Menschen zugeht." Und: "Ich begegne jedem Menschen immer auf Augenhöhe." Seine Art kam offenbar an. Im Erdweger Tennisverein wurde er nur zwei Jahre später zum Jugendwart ernannt, er engagierte sich in der Kirche und wollte auch politisch seinen Teil beitragen. In seinem Briefkasten hatte er damals einen Zettel der freien Wählergruppe Welshofen gefunden, die eine Liste für die Kommunalwahlen aufstellen wollte. Ndogmo ging einfach zu der Veranstaltung und hob den Finger, als niemand den ersten Listenplatz belegen wollte. Ein paar Monate später wurde der gebürtige Afrikaner mit 550 Stimmen in den Gemeinderat gewählt.

Seine Geschichte kann als Musterbeispiel für gelungene Integration dienen. Als Sohn einer Lehrerin und eines Schulinspektors wurde Ndogmo im Jahr 1986 mit 105 anderen Stipendiaten von der kamerunischen Regierung in die ehemalige DDR zum Studieren geschickt. Nach seinem ersten Jahr in Leipzig sprach er bereits passabel Deutsch und konnte problemlos seinen Vorlesungen im Fach Mathematik folgen. In Dresden - Deutschland war inzwischen vereint - schloss der Kameruner 1990 erfolgreich ein Studium im Fach Ingenieurbauwesen ab.

Als sein Stipendium beendet war, führte ihn sein Weg weiter an die TU München, wo er 1997 promovierte. Nach einem Abstecher in die freie Wirtschaft kehrte er 2005 wieder dorthin zurück. Als akademischer Oberrat am Lehrstuhl für Metallbau lehrt und forscht er. "Ich bin bayerischer Beamter auf Lebenszeit", sagt er dankbar und stolz zugleich. Die freie Wählergruppe Welshofen muss ihn jetzt nur noch am 27. Juli im Pfarrheim offiziell nominieren, was nur noch Formsache sein dürfte. Ndogmo sagt: "Ich habe Kompetenzen wie meine Art mit Leuten umzugehen, die ich der Gemeinde zugute kommen lassen will." Er wolle Brücken bauen. Die großen Ortsteile von Erdweg, die bis zur Gebietsreform 1978 eigenständige Gemeinden waren, sollten seiner Meinung nach stärker zusamme wachsen. Als Bürgermeister würde er beispielsweise ein Fußballturnier der Ortschaften veranstalten oder Georg Osterauers Idee eines Gemeindefests weiterverfolgen, um die Leute zusammenzubringen. Wegen des kontinuierlichen Zuzugs würde er in Erdweg ein großes Kinderhaus und ein Gesundheitshaus errichten, das die Gemeinde für Ärzte von auswärts attraktiv macht. Für alte Menschen ohne Familie würde er gerne eine zentrale Einrichtung in Erdweg schaffen: "Der Gedanke an betreutes Wohnen muss erlaubt sein." Die Bürger sollen bei ihm die Möglichkeit haben, über ein öffentliches Forum im Internet Anliegen und Beschwerden zu äußern.

Die kommenden Wochen dürften spannend werden

Für den anstehenden Wahlkampf sind Ndogmo ebenso wie Blaas eine Bereicherung, zumal viele schon vermutet hatten, dass Blatt womöglich Gegenkandidaten bekommen könnte. Der 33-Jährige wurde am Freitag im historischen Wirtshaus am Erdweg mit dem Segen der CSU-Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath und Anton Kreitmair einstimmig nominiert, was er als "großen Vertrauensbeweis" bezeichnete. Seinen Beruf als Fachbereichsleiter Asyl-Management im Erdinger Landratsamt übt er derzeit nur noch an drei Tagen aus, um im Erdweger Rathaus präsent zu sein. Die bereits gewonnenen Erfahrungen im operativen Geschäft beansprucht Blatt als großen Pluspunkt für sich, ebenso seine Qualifikationen aus dem Job beim Landratsamt und sein langjähriges ehrenamtliches Engagement bei der Feuerwehr. Blatt sagt selbstbewusst: "Ich bin bereit für das Amt des Bürgermeisters."

Die kommenden Wochen dürften spannend werden bis zur Wahl des Bürgermeisters am 24. September, die mit der Bundestagswahl zusammenfällt. Für den FW-Kandidaten Rolf Blaas, der bis vor vier Jahren als Ingenieur in der Automobil-Branche gearbeitet hat und inzwischen im Vorruhestand ist, dürfte es vor allem darum gehen, sich in der Gemeinde bekannt zu machen. Joseph Ndogmo findet, dass die Demokratie schon jetzt gewonnen habe, da der Bürger die Wahl zwischen mindestens drei Kandidaten bekomme. Der Wähler könne nun endlich mal einen schwarzen Bürgermeister wählen, der kein Mitglied der CSU sei, sagt er im Spaß. Er wäre der erste schwarze Bürgermeister in der Geschichte Bayerns.

© SZ vom 24.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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