NS-Opfer:Ein anderes Gedenken

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In Dachau gibt es Stolpersteine, in München Tafeln und Stelen

Die Stadt München geht im Gedenken an die Naziopfer einen anderen Weg als Dachau. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, ihm seien "Formen des individuellen Gedenkens" wichtig. An den einstigen Wohnorten der Deportierten und Ermordeten sollen Tafeln angebracht werden. Die Zeichen werden, falls vorhanden, ein gerastertes Bild der Person zeigen und wesentliche Lebens- und Verfolgungsdaten. Stelen werden vor jenem Haus angebracht, in dem die Opfer gelebt oder gearbeitet haben. Hintergrund ist, dass in vielen Städten, darunter auch Dachau, der NS-Opfer mit "Stolpersteinen" gedacht wird. Diese wurden jedoch von der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, stets abgelehnt. Begründung: Man trete auf die Steine und gehe achtlos über sie hinweg.

Unter den ersten Tafeln, die am Donnerstag in München angebracht wurden, erinnert eine an Franz und Tilly Landauer. Der jüdische Kaufmann wurde nach der Pogromnacht 1938 in das KZ Dachau verschleppt. Seines Eigentums beraubt, gelang dem Ehepaar ein Jahr später die Flucht nach Amsterdam. Dort wurde es 1942 verhaftet und im Kamp Westerbork interniert. Franz Landauer starb dort 1943. Tilly wurde 1944 in das KZ Theresienstadt und dann nach Auschwitz deportiert, wo man sie ermordete.

Zwischen 1933 und 1945 wurden in München etwa 10 000 Frauen, Kinder und Männer aus politischen und rassistischen Motiven verfolgt und ermordet. Die Stadt habe 150 000 Euro bereitgestellt, um in den kommenden zwei Jahren solche Erinnerungszeichen zu realisieren, hieß es. Charlotte Knobloch, erklärte: "Mit den neuen Erinnerungszeichen beschreitet München einen eigenen Weg des würdigen und nachhaltigen Gedenkens. Es ist richtig, überall in der Stadt an die Opfer zu erinnern. Sie waren Bürger dieser Stadt. Die Häuser, in denen sie lebten, waren für sie ebenso wie für die heutigen Bewohner Orte des Alltags - ein Alltag, aus dem sie aufgrund einer menschenverachtenden Ideologie und teils unter Mithilfe ihrer Nachbarn herausgerissen wurden."

Damit wird in München nun ein Gedenken realisiert, das den Opfern ihr Gesicht zurückgibt und sie auf Augenhöhe mit den Passanten stellt. In der Stadt Dachau hingegen wurde über die Kritik an den sogenannten Stolpersteinen, die im Alltag meistens nicht wahrgenommen werden, nie groß diskutiert. Die ersten sechs Stolpersteine zur Erinnerung an die Dachauer, die im Holocaust ermordet wurden, verlegte man im Jahr 2005. 2014 kamen vier "Stolpersteine" für Menschen mit anderem Verfolgungshintergrund hinzu. 2017 ließ die Stadt fünf weitere "Stolpersteine" zur Erinnerung an Opfer des Naziregimes verlegen; darunter erstmals auch für behinderte Menschen, die in den Aktionen der Nazi-"Euthanasie" ermordet wurden.

© SZ vom 28.07.2018 / hz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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