Notsituation:Schwierige Vermittlung

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Ein 61-jähriger schwer kranker Erdweger fürchtet, obdachlos zu werden. Barrierefreie Wohnungen sind kaum zu finden

Von Petra Schafflik, Erdweg

Bezahlbare Wohnungen sind Mangelware im Landkreis. Die Folgen dieser fatalen Entwicklung bekommen immer mehr Menschen zu spüren. Längst beklagen Sozialverbände und Hilfsorganisationen die oft menschlich tragischen Auswirkungen der Wohnungsnot. Wenn etwa Opfer häuslicher Gewalt zurück zum prügelnden Partner ziehen, weil sie nirgendwo unterkommen. Oder Bürger obdachlos werden, wenn ihnen ihre Wohnung gekündigt wurde. Ein Schicksal, das auch Johann Maier ( Name von der Redaktion geändert) fürchtet. "Am 1. April stehe ich auf der Straße", sagt der 61-Jährige.

Das Haus, in dem er lebt, soll abgerissen werden. Demnächst werden Strom und Wasser abgestellt, die Wohnung unter ihm steht längst leer. "Dort werden schon Türen und Einbaumöbel herausgerissen." Der Erdweger, der schwer krank ist, gerät langsam in Panik. Seit langem sucht er eine neue Bleibe, durchforstet Anzeigen, ist auf zig Suchportalen im Internet registriert - ohne Erfolg.

Gerne hätte er eine barrierefreie Wohnung, weil er demnächst im Rollstuhl sitzen wird. Die größte Hürde: Da er Grundsicherung bezieht, darf die Miete maximal 533 Euro betragen. "Da findet man nichts." Gemeinde und Sozialamt bemühen sich um Unterstützung. Leider habe Maier alle Vorschläge abgelehnt, sagt Erdwegs stellvertretender Bürgermeister Christian Blatt (CSU). "Man muss die Hilfe auch annehmen", sagt Brigitte Detering, Leiterin des Sozialamts.

Ein Netz sozialer Leistungen soll Menschen in Notlagen auffangen und stützen. Deshalb gibt es unterschiedlichste staatliche Dienste und Leistungen. Doch es kommt vor, dass hilfebedürftige Bürger und Hilfsangebote nicht zueinander finden. Das ist offenbar der Fall bei Maier. Ein Schlaganfall und eine schwere Nervenerkrankung zwingen ihn demnächst in den Rollstuhl. "Bis auf wenige Finger ist alles taub." Doch er organisierte sich Unterstützung: Pflegedienst und örtliche Nachbarschaftshilfe kümmern sich, in seinen vier Wänden kommt er halbwegs zurecht. "Mit dieser Situation hätte ich auf Dauer gut leben können."

Nachdem er die Kündigung seiner Wohnung erhalten hatte, blieb Maier ruhig, hoffte auf den Mieterschutz. "Ich lebe seit 40 Jahren in der Wohnung, bin alt und krank." Doch es kam anders. In einer gerichtlichen Mediation stimmte er selbst einem Auszugstermin zu. So hoffte der Rentner, der nach einem Schlaganfall einige Zeit auch von einem rechtlichen Betreuer unterstützt wurde, Zeit zu gewinnen. "Das war ein schwerer Fehler", wie er nun weiß. Denn die Wohnungssuche wird zu einer unlösbaren Aufgabe: Barrierefreie Wohnungen seien nicht zu finden. Schon normale Unterkünfte sind teurer, als das Mietkostenlimit des Sozialamts es vorsieht. Als alleinstehendem Rollstuhlfahrer stehen ihm 65 Quadratmeter Wohnfläche zu, die Miete darf auf dem Land 533 Euro, in Dachau oder Karlsfeld 587 Euro betragen. Angebote erhalte er täglich, sagt Maier: Allerdings aus Niederbayern. "Aber ich bin hier geboren und aufgewachsen, meine Freunde und Bekannten leben hier, ich will hier nicht weg." Kleine Appartements, wie sie ihm sein Betreuer vorgeschlagen hatte, lehnte Johann Maier ab, "weil ich da mit dem Rollstuhl nicht zurechtkomme." Unterkünfte im Betreuten Wohnen seien zu teuer. "Es fehlen barrierefreie bezahlbare Wohnungen für Senioren", so beklagt er. Bei der Sozialbehörde im Landratsamt weiß man um die Lage des Erdwegers, hat auch konkrete Hilfe angeboten, so betont Leiterin Brigitte Detering. Aber viele Anfragen des Rentners blieben allgemein, so erklärt sie, es fehlten Fakten. "Wir müssen schon konkrete Daten wissen." Die Gemeinde konnte eine passende Wohnung am Ort auch nicht vermitteln. Alternative Vorschläge habe Maier abgelehnt.

Dennoch ist man im Rathaus bemüht, die Obdachlosigkeit zu verhindern. "Wir sind dran", sagt der stellvertretende Bürgermeister Christian Blatt, Hilfsangebote würden aufgezeigt. "Sollte der schlimmste Fall eintreten, werden wir Herrn Maier natürlich unterbringen", versichert Blatt. Da die Gemeinde Erdweg nicht über eine dezidierte Obdachlosenunterkunft verfügt, würde der Rentner in einer Pension oder Ferienwohnung einquartiert werden müssen. Doch Johann Maier hofft noch immer, dass es soweit nicht kommen muss.

© SZ vom 31.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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