Neugestaltung Seeber-Gelände:Nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen

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Auf dem ehemaligen Seeber-Gelände südlich der Schleißheimer Straße entsteht ein neues Gewerbe-Quartier mit Hotel, Büros und Parkhäusern. Der Bauherr erhofft sich einen Hauch von New York in der Stadt, Anwohner wollen den Weiterbau blockieren. Wie kommt das Projekt voran?

Von Julia Putzger, Dachau

Bisher haben die Planungen rund um die Neugestaltung des Seeber-Geländes in Dachau für Unstimmigkeiten gesorgt: Die Anwohner befürchten eine zu hohe Lärmbelastung und eine verkehrstechnische Überlastung der Schleißheimer Straße. Im Juli gelang es ihnen, mit einer Klage den Bebauungsplan vorläufig außer Kraft zu setzen. Bauherr Hubert Haupt hat sich davon bislang aber nicht beeindrucken lassen, die Arbeiten am sogenannten Nu-Park schreiten weiter voran.

Auf den rund 74 000 Quadratmetern südlich der Schleißheimer Straße hat Haupt mit seiner Grünwalder Immobilien-Holding Großes vor: Laut Website entsteht dort "nicht nur ein neuer Business-Standort, sondern eine völlig neue Arbeitswelt". Die Fläche ist in sechs Baufelder gegliedert, die sich rechts und links entlang der Hauptachse verteilen, die zentral von Nord nach Süd über das Gelände verläuft. Die Baufelder sollen zu unterschiedlichen Zeitpunkten fertiggestellt werden - zuerst in Betrieb gehen soll das Abasto-Hotel mit 120 Zimmern im Nordwesten des Geländes, nämlich schon Ende des Jahres 2021. Die Mietflächen im Südosten des Areals, die bereits an den Automobilzulieferer Autoliv vergeben sind, sollen im Herbst 2022 übergeben werden. "Unser Wunsch - und auch ein realistisches Ziel - ist eine vollständige Fertigstellung bis 2027", erklärt Hubert Haupt.

Derzeit stehen große Baukräne auf dem Gelände, im vorderen Bereich lassen sich bereits die Grundzüge eines Gebäudes erkennen. "Aktuell laufen die Rohbauarbeiten für das Hotel und befinden sich im ersten Obergeschoss", informiert der Bauherr. Bei der für Autoliv vorgesehenen Fläche sei man beim Verbau der Baugrube. Die Arbeiten zur Sanierung des Erdreichs auf dem gesamten Areal seien abgeschlossen. Für die noch nicht vermarkteten Flächen sind Büros und Light-Industrial-Betriebe vorgesehen, außerdem entstehen zwei Parkhäuser und verschiedene Freizeit- und Erholungsangebote.

Bereits Ende des nächsten Jahres soll ein Hotel mit 120 Zimmern fertig werden, an anderer Stelle wird noch deutlich länger gebaut. (Foto: Hubert Haupt Immobilien Holding)

Die insgesamt 90 000 Quadratmeter Geschossfläche sollen laut Haupt "vielseitig hybrid nutzbar" sein, zum Beispiel als Büro, Praxis, Labor, Service- oder sonstige gewerbliche Flächen. Um auch spezielle Anforderungen erfüllen zu können, gibt es Hallenbereiche mit einer Raumhöhe von über sieben Metern. In der jetzigen Vermarktungsphase könne man noch sehr flexibel auf die baulichen und technischen Anforderung der Mieter eingehen, erklärt Haupt. Die Resonanz und Bandbreite an Interessenten sei groß.

Soweit die Animationen und Renderings es erahnen lassen, wird der Nu-Park auf dem ehemaligen Seeber-Gelände vor allem mit gerader Linienführung und wuchtigen Baukörpern bestechen. Die Fronten sollen als hohe, unterteilte Glasflächen gestaltet werden, was laut Website für "den typischen Loftcharakter" sorge. Ebenfalls im Internet angepriesen wird eine "Fassadengestaltung, die man eher im New Yorker Meatpacking District verorten würde als im Alpenvorland". In einem Werbevideo ist von "innovativen Lösungen und attraktivem Industrial Design" die Rede. Herzstück des Standorts soll die Nu-Park-Plaza werden, wo zum Beispiel Standplätze für Food-Trucks und ein Bereich zum Basketballspielen vorgesehen sind. Entlang der Würm, die das Gelände im Westen begrenzt, entsteht ein Park.

Doch die Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung, die rund um Haupts Visionen herrscht, trügt: Dachauer Anwohner, die vor allem nördlich und westlich des geplanten Gewerbegebiets wohnen, erwarten durch die Erschließung des lange brachliegenden Areals eine massive Zunahme des Verkehrs und eine damit verbundene Lärmbelästigung. Die Verantwortlichen - vor allem die städtische Verwaltung - teilen diese Befürchtungen nicht und stützen sich dabei auf Gutachten. Diese wiederum werden von den Anwohnern, die sich in der "Bürgerinitiative anwohnerfreundliche Entwicklung Dachau Ost" zusammengeschlossen haben, ebenfalls kritisiert. Sie seien auf völlig falschen Annahmen zur Arbeitsplatzdichte erstellt worden.

Auf dem 74 000 Quadratmeter großen Areal soll ein moderner Business-Standort mit einer "völlig neuen Arbeitswelt" entstehen. (Foto: Toni Heigl)

In Folge einer Klage schafften es die Anwohner mit einem Normkontrollverfahren sogar, den Bebauungsplan der Stadt vorläufig außer Kraft zu setzen, denn tatsächlich war den Verantwortlichen der Stadt bei der Verteilung von Lärmkontingenten ein Fehler unterlaufen. Bis über dieses Problem endgültig geurteilt wird, dürfen nun keine weiteren Baugenehmigungen mehr erteilt werden. Entgegen der Hoffnungen der Bürgerinitiative geht die Stadt aber nicht davon aus, dass sich dadurch an den Planungen etwas ändern wird.

Für Bauherr Hubert Haupt hatte das Verfahren bisher keine Auswirkungen, da die bereits erteilten Baugenehmigungen durch das Normkontrollverfahren nicht in ihrer Wirksamkeit berührt wurden. "Für die übrigen Flächen befinden wir uns derzeit in der Phase der Entwurfsplanung, also noch vor einer Bauantragsstellung", so Haupt. Generell könne er die Sorgen der Anwohner zwar verstehen - ein Wandel sei eben für jeden Menschen zunächst mit Unsicherheit verbunden. Da die Bedenken der Anwohner aber bereits in vorherige Verfahren und Abwägungen eingeflossen seien, enthalte der Bebauungsplan klare Auflagen zum Schutz des Umfelds.

© SZ vom 07.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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