Neuer Schulleiter  und neues Konzept:Demokratie lernen

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Hakan Özcan erklärt seine Ideen für die Mittelschule Karlsfeld

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Demokratie lernen, kann man das? Oder muss man das sogar? Die Mittelschule Karlsfeld will ihre Schüler vom kommenden Schuljahr an enger in schulpolitische Entscheidungen einbinden. Ziel sei es, die "demokratische Handlungskompetenz" der Jugendlichen zu fördern und zu stärken, sagte der neue Schulleiter Hakan Özcan am Donnerstag im Gemeinderat, wo er sich dem Gremium auf Einladung von Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) erstmals öffentlich vorstellte.

Özcan will den Klassensprechern mehr Einblick in schulische Strukturen gewähren und sie auch mehr mitbestimmen lassen. Das bedeutet aber auch mehr Verantwortung für die Schüler: Ein Seminar soll die Klassensprecher über ihre Rechte und Pflichten aufklären. Özcan will, dass die Schüler mit richtigen Wahlprogrammen antreten und Überzeugungsarbeit leisten, dass sie ihre Mitschüler gut vertreten können. Die Wahlen sollen, entsprechend der Gepflogenheiten einer echten Demokratie, frei, gleich und vor allem geheim in Wahlkabinen stattfinden.

Neu eingerichtet werden sollen Klassenräte, die einmal in der Woche tagen und Probleme und Konflikte im Klassenverband ansprechen. Das soll es der Schule ermöglichen, rechtzeitig präventiv einzugreifen. Auch bei den Schulsprechern soll es eine Neuerung geben. Statt nur von den Klassensprechern sollen sie künftig von allen Schülerinnen und Schülern gewählt werden. Die neue Schulleitung will sich zudem stärker der Öffentlichkeit zuwenden und enger mit anderen Institutionen zusammenarbeiten, etwa dem Kreisjugendring, dem Verein Creative Change und vor allem dem Jugendhaus Karlsfeld. "Das ist mir ein besonders großes Anliegen", sagte Özcan. Zum Ende des Schuljahres soll es dort eine "School's Out Party" geben, zu der Schüler, aber auch Gemeinderäte eingeladen sind. "Das ist ein absolutes Novum." Ein friedliches Zusammenleben sollen allerdings nicht nur politische Regularien sicherstellen. Mit Projekten und Aktionen im Unterricht will die Mittelschule auch auf eine "Prävention von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" hinarbeiten - also gegen alle Formen der Diskriminierung.

Zweiter Schwerpunkt für das neue Schuljahr ist die Schärfung des sportlichen Profils der Mittelschule: Die Kletter AG, die eine eigene Boulder-Wand hat, soll ausgebaut, die Zusammenarbeit mit dem TSV Eintracht Karlsfeld intensiviert werden. Neu ins Programm kommt eine Mountainbike AG mit pädagogischer Fahrradwerkstatt. Die Jugendlichen werden dann nicht nur das Rad beim Fahren durchs Gelände kennenlernen, sondern sich auch um Pflege und Reparatur kümmern. "Da geht es nicht nur um Spaß, sondern auch um Arbeit", sagte Hakan Özcan.

Aus den Fraktionen schlug dem niederbayerischen Pädagogen mit türkischen Wurzeln viel Lob entgegen. "Die Schüler von heute sind unsere Bürger von morgen", sagte Jugendreferentin Venera Sansone (SPD). Wenn die Jugendlichen demokratische Teilhabe als etwas Selbstverständliches verinnerlichten, könne das für das Gemeinwesen in Karlsfeld nur von Vorteil sein. Die Verbandsgrundschulleiterin und CSU-Gemeinderätin Ursula Weber bekräftigte: "Demokratie ist ein ganz wichtiges Thema." Und Bündnis-Fraktionssprecherin Mechthild Hofner vergaß auch nicht zu erwähnen, dass der immer freundlich auftretende Schulleiter bei den Karlsfeldern schon jetzt einen vorzüglichen Ruf genieße: "Der Neie is a Guader."

Hakan Özcan leitet die Mittelschule Karlsfeld seit 2016 mit Anja Kreter, die zuvor Leiterin der Thoma-Schule in Dachau war. "Es ist eine sehr spannende Aufgabe", sagte er. Unter Özcans Vorgänger, Peter Wummel, erkämpfte sich die Mittelschule ein bayernweit einzigartiges Modell, das den Schülern einen Abschluss auf Realschulniveau ermöglicht. Entsprechend viel Anziehungskraft entfaltet die Schule. "Wir wachsen stetig", sagte Özcan. Im laufenden Schuljahr wechselten 20 Jugendliche von Realschule und Gymnasium zur Mittelschule Karlsfeld. "Das entspricht fast einer ganzen Klasse." Derzeit zählt sie 375 Schüler in 18 Klassen. Im kommenden Schuljahr werden es voraussichtlich 21 sein.

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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