Neuer Katholischer Priester:"Ich habe immer irgendwo geglaubt"

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Lebt sich gerade in Dachau ein: Der neue Kaplan der Pfarrgemeinde St. Jakob, Jasper Gülden. (Foto: oh)

Jasper Gülden ist 29 Jahre alt und hat im September seine Stelle als Kaplan im Pfarrverband Dachau St. Jakob angetreten

Interview von Lena Krafft, Dachau

Immer weniger junge Menschen wollen das, was der 29-jährige Jasper Gülden sich vorgenommen hat: Katholischer Priester werden. Genau das hat der gebürtige Bonner, der in Ulm aufwuchs, diesen Sommer nun geschafft. Gülden erhielt im Juni nach acht Jahren Studium die Priesterweihe und trat im September seine erste Stelle als Kaplan im Pfarrverband Dachau St. Jakob an. Im Interview mit der SZ Dachau spricht er über Glauben, die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche und Frauen im Priesteramt.

SZ: Herr Gülden, wie hat Sie Ihr Weg nach Dachau geführt?

Jasper Gülden: Als Ulmer wäre ich eigentlich in der Diözese Rottenburg-Stuttgart tätig, aber ich kam nach dem Abitur nach München und habe hier zwei Semester Theaterwissenschaft studiert. Dann war ich schon in München und wollte auch dortbleiben, als ich mich entschied, Priester zu werden.

Warum wollten Sie katholischer Priester werden?

Es gab kein einschneidendes Erlebnis, kein Engel, der vom Himmel kam oder ein leuchtendes Licht. Ich habe in der Zeit nach meinem Abitur etwas gesucht, das ich später einmal machen möchte. Damals haben sich mir verschiedene Sinnfragen gestellt: Was ist der Sinn des Lebens? Was ist ein schönes Leben? Ich habe dann für mich gemerkt, dass ich die christlichen Werte, die die Kirche lebt und lehrt, als sinnvoll empfinde. Ich merkte auch, dass das vielen Menschen irgendwo fehlt. Da habe ich beschlossen, die Priesterausbildung zu machen. Ich wollte diesen Beruf ergreifen, in dem ich etwas von meinem Glauben weitergeben kann.

Waren Sie schon immer religiös?

Als Jugendlicher war ich nicht furchtbar religiös. Aber ich habe immer irgendwo geglaubt und mir war das Thema auch immer wichtig. Ich habe diesen Weg einfach angefangen und gemerkt, das passt für mich. Klar gab es Momente, in denen ich daran dachte aufzuhören. Aber es gehören auch verschiedene, begleitende Praktika zur Ausbildung und dabei habe ich erneut gemerkt, wie schön es ist, mit den Menschen zu reden. Da gab es einfach immer wieder Momente, die mir gezeigt haben, dass ich das machen möchte. Momente in denen ich mir gesagt habe, ich gehe weiter und das ist richtig.

Momentan hat die katholische Kirche sehr mit ihrem Imageschaden in Zusammenhang mit dem Missbrauch Minderjähriger zu kämpfen. Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Als es das erste Mal hochkam, da war ich in erster Linie schockiert. Für mich war es das erste Mal, dass ich von institutionellem Missbrauch überhaupt gehört habe, der wohl auch in anderen Organisationen stattfindet. Was bei der Kirche jedoch erschwerend hinzukommt, ist einmal wie damit umgegangen wurde. Zum anderen wiegt das Thema in Bezug auf die Kirche nochmals schwerer, da diese einen gewissen moralischen Anspruch hat. Viele Menschen sind deshalb von ihr enttäuscht, was ich wiederum sehr schade finde. Man merkt aber gerade an der Enttäuschung, dass das, was wir zu geben haben ein großes Ideal ist. Darum bin ich gern in der Kirche und finde, man sollte jetzt nicht resignieren, sondern Dinge besser machen.

Wie sollte in Zukunft mit dem Thema umgegangen werden?

Was ich gut finde, ist die neue Sensibilisierung, der Mut, über Missbrauch zu sprechen. Da ist meines Erachtens nach auch vieles in Gang gekommen, um das anzugehen und das halte ich für sehr wichtig. Konkret wird diese Wunde erst die Zeit heilen. Nicht in der Form, dass vergessen wird, was geschehen ist, sondern dass mit der Zeit das Ganze aufgearbeitet wird und die Vertrauensbasis der Menschen zur Kirche wieder entsteht.

Ein weiteres aktuelles Thema sind Frau- en im Priesteramt, wie stehen Sie dazu?

Nun ja, die Lehre der katholischen Kirche ist momentan so, dass nur Männer die Priesterweihe empfangen können. Das hat viel mit dem Selbstverständnis der Kirche zu tun. Prinzipiell kann sich so etwas verändern, ich wäre nur vorsichtig mit Aussagen, wann oder wie bald das passieren wird, auch da die Thematik zwar in Deutschland ein großes Thema ist, in anderen Regionen und Gesellschaften jedoch nicht.

Was möchten Sie mit Ihrem Amt erreichen?

Mein erstes Ziel war es, Priester zu werden. Momentan habe ich eine neue Findungsphase, ich möchte gern einmal eine eigene Pfarrei haben. In Dachau lebe ich mich derzeit noch ein. Mir ist es wichtig, mit den Menschen vor Ort zu leben, mit ihnen zu sprechen und einfach gute Arbeit zu leisten.

© SZ vom 08.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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