Neuer Flächennutzungsplan:Hoffnung in Weißling

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Kürzlich wurden in dem Wäldchen bei Weißling bereits Bäume gerodet - doch der Waldbesitzer hat offenbar lediglich erkrankte Bäume entfernt. (Foto: Toni Heigl)

Die Bewohner des kleinen Dorfes bei Petershausen sind darüber beunruhigt, dass vor ihrer Haustür eine riesige Kiesgrube entstehen soll. Jetzt sind sie zuversichtlich, dass der Abstand zum Abbaugebiet größer wird

Von Petra Schafflik, Petershausen

Eine Kiesgrube direkt vor der Haustür? In dem kleinen 161-Einwohner-Dorf Weißling machten sich die Bürger im Herbst große Sorgen, dass dieser Albtraum für sie bald Realität werden könnte. Und zwar in geballter Form: Denn einerseits soll keine 150 Meter vom Ort entfernt auf einer Waldfläche nach dem Willen des Grundeigentümers künftig Kies und Sand abgebaut werden. Ein entsprechender Antrag auf Vorbescheid liegt beim zuständigen Landratsamt in Freising. Parallel läuft in der Nachbargemeinde Hohenkammer ein Verfahren, um per Flächennutzungsplan (FNP) den Kiesabbau zu regulieren. Auch davon wäre Weißling nach dem ersten FNP-Entwurf massiv betroffen gewesen. Doch die Eingaben von Bürgern und das klare Nein des Petershausener Gemeinderats zeigten offenbar Wirkung. Zumal auch Fachbehörden und Umweltverbände sich im Sinne von Wald- und Naturschutz äußerten. In dem Konzept übrig geblieben sind nahe dem Ort nun zwei kleinere Flächen. "Der Wald wird weitgehend geschont", sagt Hartmut Kapusta, der in Sichtweite der potenziellen Kiesgrube lebt. Immer noch schwebt aber der konkrete Abbau-Antrag wie ein Damoklesschwert über den Anwohnern. Doch relevante Gutachten fehlen noch, erklärt der Pressesprecher des Freisinger Landratsamts, Robert Stangl. Aktuell sei der Antrag daher "nicht entscheidungsreif". Ein Hoffnungsschimmer für die Weißlinger.

Kies ist ein wertvoller Rohstoff. Wegen des Baubooms wird immer mehr benötigt von diesem Bodenschatz. Gleichzeitig häufen sich Proteste, wenn mitten in der dicht besiedelten Metropolregion eine neue Kiesgrube eingerichtet werden soll. Diese Entwicklung lässt sich exemplarisch in Weißling beobachten. Dort haben die Bürger das Pech, dass - zwar auf Flächen der Nachbargemeinde Hohenkammer (Landkreis Freising), aber dennoch in unmittelbarer Nähe zu ihren Wohnhäusern - offenbar wirtschaftlich interessante Kiesmengen im Untergrund liegen. Ein Waldbesitzer, dessen Grundstück genau 146 Meter vom ersten Weißlinger Haus entfernt liegt, will den Bodenschatz nun abbauen. Weil Kiesabbau privilegiert ist, müssen derartige Vorhaben genehmigt werden, sofern Schutzvorschriften eingehalten werden.

Dennoch scheiterte der Antrag in einem ersten Anlauf 2015 am Veto der Gemeinde Hohenkammer, wo es bereits seit Jahren eine Kiesgrube gibt. Um die Bürger vor einem Wildwuchs an Kiesgruben zu schützen, will man per Flächennutzungsplan den Kiesabbau im Gemeindegebiet regulieren. Einen Weg, den Hohenkammer als eine der ersten Kommunen in Bayern beschreitet, wie Geschäftsleiter Marco Unruh erklärt. Aber auch in diesem Flächennutzungsplan gerät Weißling wieder ins Blickfeld. Eine von zwölf Flächen in Hohenkammer lag im ersten Planentwurf ganz nahe am Dorf und hätte den Ort halbkreisförmig umringt. Doch im ersten Auslegungsverfahren gingen kritische Stellungnahmen von Fachbehörden ein. Auch Weißlinger Bürger wie Hartmut Kapusta machten Einwände geltend, der Petershausener Gemeinderat lehnte das Konzept ab. Im überarbeiteten Entwurf sind nahe Weißling noch zwei kleinere Flecken übrig geblieben, beide in einem Abstand von 400 Metern zum Dorf, wie er als Schutzzone schon für Siedlungen in Hohenkammer vorgesehen war. "Die Weißlinger sind jetzt gleichgestellt," sagt Geschäftsleiter Unruh.

"Ein kleiner Erfolg", findet Hartmut Kapusta.

Bleibt noch der konkrete Antrag auf Vorbescheid für eine Kiesgrube, der nach dem Veto von 2015 erneut eingereicht wurde und nun im Landratsamt Freising bearbeitet wird. Geplant wäre dabei Kiesabbau auf fünf Hektar Wald, auf den Familie Kapusta von ihrem Haus aus blickt. Nur ein kleiner Teil dieses Areals wäre im FNP auch Potenzialfläche, das gesamte Vorhaben danach im jetzt gewünschten Umfang nicht zulässig. Doch bei der Entscheidung der Behörde ist "die zu diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage maßgeblich", erklärt Landratsamtssprecher Stangl. Noch aber ist der Flächennutzungsplan, der die Weißlinger schützen würde, nicht rechtskräftig. Andererseits fehlen im Verfahren zum Vorbescheid noch Unterlagen. Weil das fragliche Areal keine 200 Meter von Weißling entfernt liegt, muss nämlich nachgewiesen werden, dass mit einer Kiesgrube keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Lärm auftreten. "Das geforderte Lärmgutachten liegt noch nicht vor", erklärt Landratsamtssprecher Stangl. Der Vorbescheid sei "nicht entscheidungsreif".

Die Weißlinger geben die Hoffnung nicht auf, dass auch für das konkret beantragte Projekt am Ende doch die gleichen Abstands- und Schutzregeln gelten, wie sie künftig per Flächennutzungsplan vorgesehen sind. In der FNP-Begründung findet sich dazu die Aussage: "Der Kriterienkatalog wird auf die Antragsfläche angewendet." Für die Bürger durchaus Anlass für Zuversicht. Doch kürzlich wurden in dem Wäldchen, wo die gefürchtete Kiesgrube geplant ist, bereits Bäume gerodet. Im Dorf machte sich Alarmstimmung breit. Der Waldbesitzer habe lediglich erkrankte Bäume entfernt, teilt dazu das Landratsamt Freising mit. Eine Wiederaufforstung sei noch 2020 geplant.

Im laufenden FNP-Verfahren haben Bürger die Möglichkeit, noch bis 24. Februar Bedenken und Einwendungen einzureichen. Informationen unter https://www.hohenkammer.de/Bekanntmachungen.

© SZ vom 07.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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