Nahversorgung:Bürger sollen über Supermarkt entscheiden

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Großes Interesse: Viele Bürger verfolgen die Sondersitzung des Haimhausener Gemeinderates am Samstagvormittag. (Foto: Rudi Kanamüller)

Die Einwohner Haimhausens können am Tag der Europawahl auch darüber abstimmen, ob am Kramer Kreuz ein neuer Lebensmittelladen entstehen soll.

Von Rudi Kanamüller, Haimhausen

Die Haimhausener dürfen am Tag der Europawahl am 26. Mai gleich zweimal von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen: Zum einen wählen sie ein neues europäisches Parlament, zum anderen entscheiden sie darüber, ob am Kramer Kreuz in ihrem Heimatort ein Verbrauchermarkt angesiedelt werden soll. Das hat der Haimhausener Gemeinderat in einer Sondersitzung am Samstag mehrheitlich beschlossen. In einem Bürgerentscheid sollen die Haimhausener gefragt werden: "Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Haimhausen auf der heutigen landwirtschaftlichen Fläche am Kramer Kreuz westlich der Münchner Straße (kurz vor der Einmündung in die Staatsstraße 2339) ein Bauleit-Verfahren einleitet, mit dem Ziel die baurechtlichen Voraussetzungen eines Verbrauchermarktes zu schaffen?" Die Frage ist mit "Ja" oder "Nein" zu beantworten.

Im übervollen Sitzungssaal des Haimhausener Rathauses präsentierten die Vertreter von Edeka Süd und der Allgäuer Unternehmer Christof Feneberg ihre Konzepte für den neuen Verbrauchermarkt mit Vollsortiment. Welcher von beiden Bewerbern allerdings letztlich zum Zug kommen wird, darüber entscheidet der Grundstückseigentümer. Mit der Entscheidung für einen Verbrauchermarkt am Kramer Kreuz, darüber ließ Bürgermeister Peter Felbermeier (CSU) keinen Zweifel aufkommen, "fällt der Startschuss für mehr". Nämlich für eine weitere Ausweisung von Baugebieten im Bereich des Brunnenfelds. So wird die unbebaute Fläche vom Kindergarten bis hinauf zum Kramer Kreuz bezeichnet. Wobei die Frage des "Wann" jetzt noch nicht beantwortet werden könne. Das könne auch erst in zehn oder 15 Jahren sein, sagte Felbermeier. Allerdings gehe es um 1500 zusätzliche Einwohner.

Über die Frage, ob es einen Bürgerentscheid braucht, debattierten die Gemeinderäte sehr emotional. Dagegen sprachen sich die CSU-Gemeinderäte Sepp Heigl und Anton Bredl aus. "Wir brauchen ihn für dort oben ( am Kramer Kreuz, Anm. d. Red.) nicht." Außerdem könne man sich nicht der Entwicklung verschließen, irgendwann wieder Bauland ausweisen zu müssen. In dem Zusammenhang sprach Heigl auch von "Geldverschwendung". Dem widersprach Parteikollege und CSU-Fraktionssprecher Thomas Mittermair. Weil durch den Verbrauchermarkt "die Optik der Gemeinde" stark verändert werde, "sollten wir die Bürger schon fragen". Auch der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath unterstützte die Forderung nach einem Bürgerentscheid: "Hier geht es um die Gewohnheiten der Bürger." Bei dem Grundstück handle es sich außerdem um eines der "letzten Filetgrundstücke Haimhausens". Außerdem warf Seidenath die Frage auf, ob man zukünftig überhaupt Verbrauchermärkte brauche, wenn man sich beispielsweise auch mit Lebensmitteln beliefern lassen könne?

Martin Müller (CSU) stellte einen Zusammenhang mit dem Ausbau und der Abholzung der alten Alleestraße her. Auch hier habe man die Bürger befragt, obwohl man nicht Baulastträger gewesen sei. Aus logischer Konsequenz heraus sollte man das nun auch beim Verbrauchermarkt am Kramer Kreuz tun. Für Mittermair war klar: "Die Diskussion zeigt, dass wir einen Bürgerentscheid brauchen."

Auch Felbermeier hält einen Bürgerentscheid "angesichts der Tragweite der Entscheidung" für gerechtfertigt: "Das sollten uns die Bürger schon wert sein." Die Zweite Bürgermeisterin Claudia Kops (CSU) gestand ein, dass dies ein Thema sei, "bei dem wir Gemeinderäte überfordert sind", weshalb man die Bürger mitnehmen sollte. Ingrid Weizmann (SPD) sagte: "Das ist der wertvollste Punkt der Gemeinde. Und da kommt so ein riesiges Gebäude hin. Der Bürger sollte die Möglichkeit haben, Nein zu sagen."

Klar gegen einen Bürgerentscheid positionierte sich Armgard Körner (Grüne): "Der Bürgerentscheid ist überflüssig. Denn es geht hier ausschließlich nur um den Markt." Angelika Goldfuß (ÜWG) sorgte sich, dass die Gemeinde mit dem Entwicklungstempo nicht weiter Schritt halten könne. "Wir sollten das den Bürgern ehrlich sagen." Auch Ergun Dost (Bürgerstimme) hielt letztlich den Bürgerentscheid für überflüssig, weil die Optik des geplanten Verbrauchermarktes überhaupt noch nicht endgültig feststehe.

Nach mehrstündiger Debatte stellte Bürgermeister Peter Felbermeier fest: "Die Argumente sind ausgetauscht." Die Entscheidung fiel letztlich deutlich aus: zwölf gegen acht Stimmen für den Bürgerentscheid. Drei Gegenstimmen kamen von den Grünen, zwei von der CSU, drei von der Bürgerstimme.

© SZ vom 14.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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