Nahverkehr in Eigenregie:Teuer, unwirtschaftlich, rechtlich schwierig

Lesezeit: 2 min

Der Landkreis Dachau will für den Betrieb regionaler Buslinien kein eigenes Verkehrsunternehmen gründen

Von Robert Stocker, Dachau

Unwirtschaftlich und rechtlich schwierig - das ist das Ergebnis einer Untersuchung, ob ein Eigenbetrieb der Buslinien im Landkreis Dachau sinnvoll ist. Der Landkreis müsste einen eigenen Verkehrsbetrieb gründen, der hohe Investitionen für Fahrzeuge, Betriebsgebäude und Personal erfordern würde. Die Linien gehören zum regionalen Bussystem des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes (MVV), für das der Landkreis in seinem Gebiet zuständig ist. Ein Eigenbetrieb würde dieses einheitliche System aushebeln, so der MVV in einer Stellungnahme. Busunternehmen aus dem Landkreis kämen bei der Neuausschreibung der Linien grundsätzlich nicht mehr zum Zug. Der Kreistag will die Gründung eines Eigenbetriebs deshalb nicht weiter prüfen.

"Wir müssten massiv in die Infrastruktur investieren, bräuchten Fahrzeuge, einen Betriebshof und eigenes Personal", sagte Landrat Stefan Löwl (CSU) im Kreistag. Doch geeignete Fahrer sind nur schwer zu finden. Dies hatte sich auch bei der Vergabe einiger Linien an den Münchner Großbetrieb Geldhauser gezeigt. Er war zwar der günstigste Anbieter, doch nach der Übernahme traten massive Probleme auf. Die Fahrer kannten sich nicht in der Gegend aus. Das Unternehmen setzte zu wenige neue Busse ein, weil es Lieferschwierigkeiten gab. Kinder warteten vergeblich an Haltestellen. Der Grund: Die früheren Betreiber hatten Haltestellen bedient, die nicht Bestandteil des Fahrplans waren. Das neue Unternehmen fuhr diese Haltestellen nicht mehr an. Die Probleme hatten zu massiven Protesten von Eltern geführt. Der Kreistag beschloss deshalb bestimmte Bedingungen, die ein Busunternehmen bei der Neuausschreibung künftig erfüllen muss. Die Probleme nach der Neuvergabe waren für die CSU-Fraktion auch der Grund, die Gründung eines Eigenbetriebs prüfen zu lassen.

In einer Stellungnahme legt der MVV dar, dass ein Eigenbetrieb viele Nachteile habe. Der Landkreis müsste einen großen Aufwand für den Aufbau, den Betrieb und die Kontrolle betreiben. Der MVV weist auch darauf hin, dass Direktvergaben - dies wäre bei einem Eigenbetrieb der Fall - mit dem bayerischen Haushaltsrecht nicht zu vereinbaren sind. Stattdessen ist eine Ausschreibung bei der Neuvergabe von Buslinien vorgesehen. Von diesem Wettbewerb habe auch der Landkreis Dachau wirtschaftlich profitiert. Ein Eigenbetrieb stünde auch in Konkurrenz zu heimischen Busunternehmen. Diese hätten nicht mehr die Möglichkeit, Aufträge nach einer Ausschreibung zu bekommen. Politisch sei es schon schwierig zu vermitteln gewesen, dass das Münchner Großunternehmen Geldhauser einheimischen Busbetrieben Aufträge abnahm. Noch schwieriger dürfte es zu vermitteln sein, das gesamte Auftragsvolumen vom Markt zu nehmen.

Zudem ist der MVV der Ansicht, dass es auch bei einem Eigenbetrieb Qualitätsprobleme geben kann. Denn der Betrieb hänge auch von externen Faktoren ab. Stattdessen empfiehlt der MVV, die Qualitätskontrolle zu verstärken. Dafür sei zunächst eine halbe Stelle ausreichend. Die dafür vorgesehene Kraft wertet Qualitätsberichte aus, steht mit den Busbetrieben in Kontakt, spricht bei Problemen Ermahnungen, Vertragsstrafen bis hin zu Abmahnungen aus, stellt Statistiken über Mängel und deren Häufigkeit aus und führt selbst Kontrollfahrten durch.

Wie ein Anfrage der Landkreisverwaltung ergab, gibt es laut Bayerischem Landkreistag und der Obersten Baubehörde unter den 71 Landkreisen keinen einzigen, der ein Verkehrsunternehmen mit eigenem Personal betreibt. Auch die Verwaltung rät von einem Eigenbetrieb ab, der erhebliche Mehrausgaben im Haushalt verursachen würde.

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: