Nach dem Schlichterspruch:Alles auf Anfang

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Die Erzieherinnen sind enttäuscht und lehnen durchschnittlich 3,3 Prozent mehr Gehalt ab. In Dachauer und Bergkirchener Kindergärten wird es deshalb zu weiteren Streiks kommen

Von Johannes Korsche, Dachau

Die Schlichtung in den Tarifverhandlungen hat die Lage nicht wie erhofft entspannt. Im Gegenteil: Die Erzieherinnen und Erzieher im Landkreis sind streikentschlossener denn je. Renate Mehlhase, Leiterin des Dachauer Kindergartens Am Stadtwald, sagt: "Ich werde gegen den Schlichtungsvorschlag stimmen. Das ist nur ein Angebot, um uns still zu halten." Sie hält ein- bis zweiwöchige Streiks in Dachau durchaus für möglich. Auch aus einer internen E-Mail der Gewerkschaft Verdi, die der SZ vorliegt, wird die Unzufriedenheit darüber deutlich, "dass der Vorschlag der Schlichtung mit Aufwertung nur wenig beziehungsweise gar nichts zu tun hat".

Mehlhase ist von dem für sie enttäuschenden Ergebnis nicht überrascht: "Ich habe von Beginn an zu meinen Kolleginnen gesagt, dass die Schlichtung nicht gut für uns ausgeht." Sie habe wenigstens auf eine Erhöhung von fünf Prozent gehofft. "Meine junge Kollegin bekäme durch den Schlichterspruch 100 Euro mehr, brutto. Das ist lächerlich."

Der Schlichterspruch empfiehlt, die Erzieherinnen in eine höhere Entgeltgruppe einzugliedern und die Beträge innerhalb der Entgeltgruppe für Kinderpfleger anzuheben. Durchschnittlich käme es zu einer Gehaltserhöhung von 3,3 Prozent - deutlich weniger als die von den Gewerkschaften angestrebten zehn Prozent. Durch diese Tarifrunde wollten die Gewerkschaften den Beruf der Kinderbetreuer gesellschaftlich und finanziell aufwerten. Die Gewerkschaftsmitglieder stimmen in den kommenden Wochen über den Schlichterspruch ab. Sollten sie sich gegen den Vorschlag aussprechen, könnte es von Mitte August an wieder zu Streiks kommen. Bis dahin herrscht Friedenspflicht. Die Elternbeiratsvorsitzende des Kinderhauses Regenbogen, Dana Michailidis, hat sich bereits auf erneute Streiktage eingestellt. Sie vermutet, dass die kommunalen Kindertagesstätten in Bergkirchen zwar nicht mehr über Wochen, wohl aber tageweise geschlossen bleiben. "Da regt sich schon Frustration über den Verlauf der Verhandlungen. Man ist gerade wieder so schön in der Normalität angekommen und jetzt könnte es wieder von vorne losgehen." Michailidis ist gemeinsam mit den anderen Bergkirchener Eltern von dem Kita-Streik bisher am stärksten betroffen. Die Erzieherinnen der drei gemeindlichen Kindertagesstätten in Bergkirchen waren vier Wochen lang ohne Unterbrechung im Ausstand. Die Gemeinde erließ daraufhin den Eltern für einen Monat die Gebühren.

Der Bergkirchener Geschäftsstellenleiter Siegfried Ketterl zeigt sich zuversichtlich: "Wir hoffen und gehen davon aus, dass in Bergkirchen von einem erneuten Streik abgesehen wird." Er könne die Unzufriedenheit der Erzieherinnen über den Schlichterspruch aber verstehen. Schließlich habe auch die Gemeinde ein Interesse daran, ihre Angestellten angemessen zu bezahlen. Andererseits wisse er auch nicht, wie die Kommune die höheren Gehälter stemmen sollte. "Wir können ja nicht die Kita-Gebühren um zehn Prozent erhöhen." Man müsse auch immer den Haushalt im Blick haben. Ketterl sieht hier den Freistaat in der Pflicht. "Aber der Wert der Kinderbetreuung ist bei der Landesregierung noch nicht ganz angekommen." Josef Hermann, Hauptamtsleiter der Stadt Dachau, hofft auf ein baldiges Ende der Tarifauseinandersetzung: "Im Hinblick auf den Haushalt ist eine baldige Einigung wichtig. Erst danach wissen wir, wie wir mit der Mehrbelastung umgehen können."

Wie wichtig eine Aufwertung des Erzieherinnenberufs ist, zeigt Kindergartenleiterin Mehlhase an der Ausbildungsklasse einer Mitarbeiterin: "Zu Beginn waren es 25 Schüler, inzwischen sind nur noch sechs übrig geblieben." 19 Schüler hätten die Ausbildung abgebrochen - unter anderem weil der Beruf zu unattraktiv entlohnt sei.

© SZ vom 27.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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