Musikkabarettist Werner Meier:Originell, klug und witzig

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Werner Meier begeistert ohne Häme und Gemeinheit

Von Gregor Schiegl, Markt Indersdorf

Das Prädikat "bitterböse" gilt in Kabarettistenkreisen als Qualitätssiegel. Wer bitterböse ist, trifft den Nagel auf den Kopf, der rührt am wunden Punkt, der streut Salz in die Wunden. Oder? Werner Meier ist anders. Der immer noch verblüffend jungenhaft wirkende Schlacks aus Ottenhofen strickt aus dem Wahnsinn dieser Zeit urkomische Geschichten: eine "Housewarming Party" am Veganerbuffet eskaliert wegen eines Wurstsalats; eine voll besetzte S-Bahn nimmt Anteil an einer menschlichen Tragödie: Jemand hat sein Handy daheim vergessen! Und den Hype um den Thermomix kleidet er ins Gewand einer überdrehten Eloge auf das gehypte Küchengerät. Das ist alles so originell, so klug und witzig, dass man statt sich noch mehr über alles aufzuregen, befreit auflacht. So bescheuert vieles ist, irgendwie ist es ja auch lustig. Das ist wohltuend in einer Zeit, in der Häme und Gemeinheit in der Gesellschaft immer mehr Fuß fassen, ganz ironiefrei.

Meier konzentriert sich aufs Wesentliche. Eine Bühne, zwei Gitarren, recht viel mehr braucht Meier nicht für sein neues Programm "Nah dran", das er im Gasthaus Doll auf Einladung der VHS Indersdorf spielt. Manchmal setzt er sich noch einen Filzhut auf, knöpft sich gemächlich die Lodenjacke mit Hirschhornknöpfen zu und zieht sich die Hose bis zum Bauchnabel hoch. Und schon schlüpft er in die Rolle des kleinen Mannes vom Lande. Aus dieser naiven Perspektive betrachtet er die Dinge, ganz pragmatisch, was keine sehr intellektuelle, aber eine sehr vernünftige Haltung ist. Da sitzt er beim Haareschneiden, und auf einmal hält die Friseurin inne und fragt, ob es ihm denn was ausmache, wenn sie mal schnell die Treppen rauf- und runter laufe; ihr Fitnessarmband habe ihr einen Stromstoß verpasst. "Jo mei", sagt Meier. "Solang'S mir de Haar schneiden." Da braucht es keine Geißelung des Selbstoptimierungswahns, die Geschichten sprechen für sich. Wir Menschen sind eben doch eine urkomische Spezies.

In einem Punkt wird der nette Werner Meier aber dann doch sehr deutlich. Er stemmt die Arme in die Seite und sagt, manchmal, da packe ihn schon die Wut, wenn er die Nachrichten sehe. Wie die Leute vor den Augen der Polizei Straftaten begingen, sofort abschieben sollte man die! Meier spricht leise, aber sehr ernsthaft, und man spürt den Schrecken, der den Zuhörern in die Glieder fährt: Der meint das ernst. Ja, das tut er. Aber er meint nicht die Flüchtlinge, sondern die Leute, die rechte Parolen brüllen und Menschen jagen, nur weil sie anders aussehen. Die sollten die Balkanroute rückwärts laufen ins zerbombte Aleppo. "Ich weiß", sagt er dann leise. "Das ist nicht politisch korrekt."

Der Rechtsruck treibt ihn um, das ist eine Form des Irrsinns, der er nicht mit humoristischer Gelassenheit zusehen kann, diese völkische Mär von der reinen Rasse. Dagegen singt er gleich in mehreren seiner Lieder an. Ratlos in "Wutbürger, Wutbürger!" oder aufklärerisch in "Da Bayer is a Gmisch": Böhmen, Slawen, Römer. Alle haben daran mitgewirkt, dass der Bayer heute "so zierlich und grazil" sei. "Ja, die Mischung macht's." Und so schwinden auch die Bedenken seiner Bühnenfigur gegen die Liaison der Tochter mit einem Schwarzen, denn jetzt ist er stolzer Opa eines Jungen, der auf den schönen Namen Badunga Quirin Nilibanu hört.

© SZ vom 19.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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