Musik:Karitative Klänge

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Die Band Ratzebutz organisiert in Altomünster ein Benefizkonzert zugunsten des dortigen Helferkreises und unterstützt damit die Integration der 110 Asylbewerber, die in der Gemeinde leben

Von Angelika Aichner

AltomünsterMit bloßen Händen und peitschenartig hämmern sie auf Holztrommeln; so laut, dass sich der Herzschlag dem Beat anpasst. Manche tanzen auch, wild und frei. Deswegen kamen sie, die Asylbewerber, nach Altomünster - um frei zu sein. Sie flohen aus Ländern, die diktatorisch regiert werden, sie flohen vor Gewalt, vor Hunger, in ein besseres Leben.

Damit die mittlerweile 110 Menschen in der für sie unbekannten Umgebung zurechtkommen, wurde vor eineinhalb Jahren der Helferkreis Asyl Altomünster gegründet, zu dessen Gunsten jetzt ein Benefizkonzert stattfand. Die etwa 50 ehrenamtlichen Helfer besorgen Kleidung, geben Deutschunterricht, bringen den Asylbewerbern die deutsche Kultur näher. Sie spielen Fußball mit ihnen, trommeln mit ihnen; fünf jungen Männern arrangierten sie ein Praktikum im Kloster Altomünster - zu einem Stundenlohn von 1,50 Euro. Ein Asylbewerber restauriert dort momentan die Krippenfiguren. Die freiwilligen Helfer kümmern sich auch darum, dass alles glatt läuft in den drei Asylbewerberunterkünften: in Plixenried, in Schmarnzell, in Stumpfenbach. Eine von ihnen ist Brigitte Burger-Schröder; sie engagiert sich seit Monaten für die Menschen, die in den Containern und in der einstigen Bundeswehrkaserne wohnen. Wenn sie davon erzählt, wie ruhig das Leben darin sei und wie angenehm die Bewohner, dann merkt man, wie gerne sie die Flüchtlinge mag. Was Burger-Schröder leistet, ist viel. Jeden Tag ist sie für die Menschen da, denen es momentan nicht so gut geht. Manche nennen sie deswegen - ein wenig albern, ein wenig ernst - "Mama". So verhält sie sich auch: Man solle die jungen Männer nicht darauf ansprechen, weshalb sie ihr Zuhause verließen und auch nicht, wie sie nach Altomünster gekommen seien. Sie sorgt sich. Zurecht, weil die meisten Grauenhaftes erlebten und manche damit nicht klarkommen.

"Gerade deswegen sind solche Abende notwendig", sagt sie und deutet in den nicht ganz vollen Kapplersaal. Darin amüsiert die Trommelgruppe aus Schmarnzell das Publikum, während noch einmal die Instrumente gestimmt, die Mikrofone kontrolliert werden. Wenig später betritt das fünfköpfige Ensemble Ratzebutz die Bühne. Sie spielen Tina Turners "Simply the Best", "Surfin' USA" von den Beach Boys und "The Time of My Life". Es sind heitere Lieder und so soll es auch sein.

Das Konzert organisierte Ratzebutz. Die Musiker finden gut, was der Helferkreis Asyl Altomünster macht: "Die Menschen, die sich engagieren", sagt die Sängerin Anna Kreppold, "helfen dabei, die Flüchtlingskrise so gut wie möglich zu meistern." Deswegen sollen auch sie die Einnahmen erhalten. Die Asylbewerber selbst kriegen das Geld nicht, wie sie betont. "Nein, das auf gar keinen Fall", sagt sie rasch. Nicht weil sie es ihnen missgönnen würde, sondern um nicht mit den Leuten diskutieren zu müssen, die es den Asylbewerbern missgönnen. Obwohl Anna Kreppold mehrmals klarstellte, wer das Geld bekommt, wurde sie in den sozialen Netzwerken und auch im realen Leben häufig gefragt, "weshalb man nicht für das eigene Volk Spenden sammeln würde".

Mit solchen Phrasen wurde Brigitte Burger-Schröder bisher nicht konfrontiert. In Altomünster seien die Asylbewerber gut aufgenommen worden. Vielleicht ist sie deswegen auch so sauer auf die Presse, die sich im Sommer auf Schmarnzell "stürzte", weil damals in dem Dörfchen 42 Einwohner lebten und halb so viele Flüchtlinge. Manche Medien hätten berichtet, dass Schmarnzell abgeneigt sei, die Asylbewerber zu integrieren. Völliger Quatsch, urteilt Brigitte Burger-Schröder. Die Dorfbewohner seien bloß scheu und skeptisch gewesen, immerhin reisten viele Journalisten an, manche aus dem Ausland. "Es funktioniert gut. Wirklich", sagt sie.

Das liegt bestimmt auch an ihr und dem Helferkreis Asyl Altomünster. Damit sich die Asylbewerber weiterhin so unkompliziert integrieren können, benötige der Helferkreis dringend weitere freiwillige Helfer, sagt Brigitte Burger-Schröder. Als vor eineinhalb Jahren acht nigerianische Flüchtlinge in der Gemeinde Altomünster ankamen, kümmerten sich 14 Ehrenamtliche um sie. Beide Zahlen sind in der Zeit gestiegen, allerdings unverhältnismäßig. Dass vom ehrenamtlichen Engagement nicht nur die profitieren, denen geholfen wird, sondern auch die, die helfen, sieht man an Brigitte Burger-Schröder. Auch wenn sie die Erzählungen der Asylbewerber manchmal belasten würden, ist sie doch froh, etwas machen zu können und nicht tatenlos zu sein.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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