Mobilität in Dachau:Alle zehn Minuten kommt ein Bus

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Drei weitere städtische Linien fahren künftig öfter durch die Kreisstadt. OB Florian Hartmann ist über diese Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt nicht glücklich, denn auch die kommunalen Finanzen geraten durch die Corona-Krise unter Druck

Von Andreas Förster, Dachau

Die Einführung des Zehn-Minuten-Takts für die Buslinien 720/722/726 hatte der Stadtrat schon im Dezember 2018 einstimmig beschlossen. Eine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) durch Taktverdichtung hatte seinerzeit für alle Mitglieder hohe Priorität. Da nun die Maßnahmen zur Umsetzung drängen - dazu gehört die Inbetriebnahme von Erdgastankstellen sowie die Bereitstellung von zusätzlichen Fahrzeugen und Garagen - die Steuereinnahmen aber dramatisch wegbrechen, wollten sowohl Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) als auch Stadtkämmerer Thomas Ernst die Verschiebung der Maßnahme um zwei Jahre erwirken.

Um zu verdeutlichen, wie prekär die Situation um die städtische Finanzlage momentan ist, nahmen sich der OB und der Stadtkämmerer jeweils einige Minuten Zeit für ihre Ausführungen: Hartmann war es wichtig zu betonen, dass die beiden wichtigsten Einnahmequellen, die Einkommensteuer aufgrund von Kurzarbeit und wohl auch steigender Arbeitslosigkeit sowie die Gewerbesteuer vor größeren Einbrüchen stehen. Zurzeit sei die Größenordnung noch nicht absehbar, erste Prognosen seien frühestens im Sommer zu erwarten. Die negativen Effekte bei der Gewerbesteuer würden sich mindestens bis ins nächste, wenn nicht bis ins übernächste Jahr ziehen. Deshalb appellierte er an die Stadträte, "so ein großes Projekt wie den Zehn-Minuten-Takt zu verschieben und dann, wenn mehr Klarheit über die finanziellen Spielräume besteht, einzuführen."

Thomas Ernst zitierte mehrere Quellen, darunter die Volkswirte der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die Konjunkturprognose der renommierten Wirtschaftsprüfer von Deloitte und auch einen Bericht, wonach der ÖPNV, auch starke Verbünde wie der MVV, mit drastischen Verlusten zurechtkommen müsse. Deren Fahrgastaufkommen sei um bis zu 85 Prozent gesunken. Staatliche Unterstützung sei unvermeidlich. Hinzu komme: Der Zehn-Minuten-Takt sollte auch im Zusammenhang mit einem neuen Finanzierungsmodell umgesetzt werden, bei den sich Stadt, Stadtwerke und Landkreis Chancen und Risiken im Verhältnis 30:30:40 teilen. Faktisch bedeute das, so Ernst, eine deutliche Ausweitung des Finanzbedarfs aller Beteiligten um insgesamt 2,2 Millionen Euro pro Jahr - die Einnahmeverluste des MVV seien da noch nicht mit eingerechnet; außerdem habe der Landkreis seinerseits bereits ÖPNV-Maßnahmen zurückgestellt. Insoweit stehe zu befürchten, dass auch die Beurteilung der Mitfinanzierung des innerstädtischen Busverkehrs neu überdacht werde.

Nicht zuletzt verwies Ernst auf die schwierige Haushaltslage der Stadt. "Alle Reserven sind aufgebraucht", mahnte er, was bereits im laufenden Jahr zu einer Neuverschuldung von 6,6 Millionen Euro führe. Hartmann ergänzte: "Wir wurden von der für die genehmigungspflichtigen Bestandteile des Haushalts zuständigen Rechtsaufsicht aufgefordert, alle Ausgaben und Investitionen bei der Stadt und ihren Eigenbetrieben nochmals im Detail auf ihre Notwenigkeit zu prüfen."

Die SPD folgte den Argumenten der Stadtverwaltung und stimmte, wenn auch "schweren Herzens", wie die Fraktionsvorsitzende Christa Keimerl betonte, für den Antrag der Stadtverwaltung. Mit einer Ausnahme: Verkehrsreferent Volker C. Koch stimmte dagegen: "Es war eine abgesprochene Entscheidung", sagte er auf Nachfrage der SZ Dachau; er könne als Verkehrsreferent nicht anders handeln. Man hätte sonst wohl die staatliche Förderung in Millionenhöhe verspielt, außerdem gab es bereits eine Menge Vorbereitungen, und er sah insbesondere die Verantwortung gegenüber den Wählern, da man ja mit einer Stärkung des ÖPNV im Wahlkampf geworben habe.

So sahen das offenbar auch die restlichen Stadträte. Florian Schiller, Fraktionssprecher der CSU und sonst immer auf Sparsamkeit bedacht: "Der Zehn-Minuten-Takt ist der Kern eines attraktiven ÖPNV. Wir können es uns nicht leisten, unser neue Mobilitätskonzept gleich wieder zu torpedieren." Auch Thomas Kress von den Grünen sah den Takt als "zentralen Baustein der Verkehrswende" und schlug, wie Schiller, Einsparungen bei anderen Projekten vor. Sabine Geißler vom Bündnis brachte sogar eine Erhöhung der Grundsteuer ins Spiel, was Hartmann allerdings ausschloss. Am Ende setzten sich die Befürworter des neuen Takts mit neun zu sechs Stimmen durch.

© SZ vom 28.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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