Berufsbilder kennenlernen, Eindrücke für die eigene Karriereplanung sammeln, sich über Zukunftschancen informieren - all das können junge Menschen am Samstag, 23. April, bei der Jobmesse in der ASV-Halle. Melanie Mohi hat ihren Traumjob schon gefunden: Sie ist Reiseberaterin. Ihre Karriere hat sie an viele Orte von München bis Südamerika und den Indischen Ozean gebracht. Heute lebt die 42-Jährige mit ihrer Familie in Dachau und arbeitet als selbstständige Reiseberaterin von daheim aus. So kann sie Familie und Job vereinbaren. Im Interview erzählt sie von Hochzeitstorten im Flugzeug, Iglus in Finnland und warum es zu ihrem Job gehört, nachts um 23 Uhr noch mit Kunden auf WhatsApp zu schreiben.
SZ: Frau Mohi, braucht man heutzutage überhaupt noch Reiseberater?
Melanie Mohi: Na klar! Das Angebot im Internet erschlägt die Leute förmlich. Keiner weiß noch, wo und was er buchen soll. Außerdem hat man mehr Sicherheit, wenn man über einen Reiseberater bucht. Wenn es während des Urlaubs Schwierigkeiten mit dem Hotel oder der Airline gibt, bin ich der direkte Ansprechpartner. Ich setze dann alle Hebel in Bewegung. Auch kann ich einen Urlaub individuell gestalten, mit kleinen Besonderheiten hier und da. Für ein Paar auf Hochzeitsreise habe ich neulich bei der Airline angerufen, und die werden nun auf ihrem Flug eine Hochzeitstorte bekommen. Die persönliche Reiseberatung hat Perspektive.
Wie sind Sie dazu gekommen?
So lange ich denken kann, bin ich mit meinen Eltern gereist. Das hat mich fasziniert. Ich habe zuerst eine Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin gemacht. Über das unternehmenseigene Reisebüro kam ich zum Thema Reisen. Ich habe Touristik studiert, bin während meines Auslandssemesters in Andalusien jedes Dorf an der Küste bis hoch nach Portugal abgefahren. Während eines Praxissemesters in Mexiko habe ich viel über die Abwicklung touristischer Unternehmen gelernt. Mein erster Job war bei einem Reiseveranstalter in München. Danach habe ich auf einem Kreuzfahrtschiff in Südamerika gearbeitet. Später habe ich Inforeisen für Marketingagenturen organisiert. Ich habe in Finnland im Iglu übernachtet, Malkurse in Nizza besucht und Weinproben in Andalusien. Dann bekam ich meinen Sohn und wir sind nach Dachau gezogen. Da hätte ich nicht mehr bis abends arbeiten und auf Veranstaltungen durch die Welt fliegen können.
Also sind Sie mobile Reiseberaterin geworden und arbeiten seitdem von daheim.
Ich arbeite tagsüber, während mein Sohn im Kindergarten ist. Den Nachmittag verbringe ich mit meinem Kind, und abends ab 20 Uhr kann ich wieder Telefonberatungen einrichten. Das klappt sehr gut und kommt den Kunden entgegen. Oft schreibe ich um 23 Uhr noch per WhatsApp mit Kunden, um Fragen zu klären. Manchmal fahre ich auch zu ihnen nach Hause und wir buchen gemeinsam. Wäre ich irgendwo fest angestellt, würde das nicht gehen.
Das klingt aber nach langen Tagen.
In der Touristik ist es ein bisschen wie an der Börse: Wenn du einen günstigen Flug nicht gleich buchst, kann er morgen teurer sein. Wenn es sein muss, kümmere ich mich um solche Dinge eben bis in die Nacht. In den Skiurlaub im Januar nehme ich meinen Laptop mit, denn da ist Hauptbuchungszeit für den Sommer. Wenn ich demnächst aber in Ecuador mitten im Dschungel unterwegs bin, geht das nicht. Für diese Zeit können sich meine Kunden an das Service-Center des Anbieters wenden, über den meine Reiseberatung läuft.
Richten Sie Ihre privaten Reisen auch nach Ihrem Job?
Ja, schon ein bisschen. Im Oktober haben wir Insel-Hopping auf den Seychellen gemacht, in ein paar Tagen fliegen wir nach Ecuador und auf die Galapagos-Inseln. Zwischendurch mache ich einen Kurztrip, etwa einen Cluburlaub in der Türkei. Bei jeder Reise nehme ich mir einen Tag, an dem ich sämtliche Hotels eines Ortes anschaue. Das ergibt einen Fundus in meinem Kopf. Dann weiß ich, welche Hotels und Orte ich meinen Kunden empfehlen kann. Manchmal mache ich auch rein berufliche Inforeisen, zum Beispiel um mir das neuste Kreuzfahrtschiff in Hamburg anzuschauen.
Wie wichtig ist es, die Orte selbst bereist zu haben?
Ziemlich wichtig. So kann man individuelle Tipps geben, kennt die lokalen Gegebenheiten und weiß, welche Reise zu welcher Zeit zu welchem Kunden passt. Manchmal muss man auch abraten. Man muss auch mit Menschen umgehen können, Vertrauen schaffen, auf einer Wellenlänge sein. Ich habe mich auf Hochzeitsreisen und Reisen mit Babys und Kleinkindern spezialisiert. Da weiß ich, wovon ich rede.
Sind Sie immer mit der ganzen Familie unterwegs?
Meistens. Unser Sohn hat 36 Flüge hinter sich, auf den Galapagos-Inseln feiert er seinen sechsten Geburtstag. Ich glaube, dass es bei ihm wie bei mir sein wird: Von jeder Reise bleibt ein kleines bisschen hängen und bereichert das Leben.
Welchen Rat können Sie jungen Menschen geben, die sich für die Reiseberatung interessieren?
Ein Praktikum im Reisebüro machen, selbst viel reisen, sich für andere Länder und Kulturen interessieren. Sicher hilft es auch, die eigene Reise nicht über das Internet zu buchen, sondern ins Reisebüro zu gehen und dort ein Gespräch zu führen. So kann man einen Eindruck gewinnen. Dann kann man sich überlegen, ob man eine Ausbildung machen will oder Tourismus studieren. Es gibt viele Wege des Einstiegs, der klassische ist natürlich über ein Reisebüro. Aber es gibt auch Quereinsteiger.