Mitten in Entenhausen:Schöner wohnen am Forellenbach

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Herr und Frau Ente wohnen in einem städtischen Strandhaus. (Foto: Toni Heigl)

Die Stadt Dachau sorgt für ihre Einwohner, auch für die tierischen

Kolumne von Thomas Balbierer

Auf dem Höhepunkt des Corona-Lockdowns, als Fußgängerzonen verwaist, Autobahnen leer und Plätze verlassen waren, eroberten Tiere zeitweise den Lebensraum zurück. Hier breiteten sich Gänsefamilien (samt ihrer Hinterlassenschaften) am Badesee aus, dort jagten Eichhörnchen gefahrlos über sonst staugeplagte Straßen. Noch nie seit Erfindung der Stadtautobahn dürfte es der Tier- und Naturwelt so gut ergangen sein wie während der Ausgangsbeschränkung für die Spezies Mensch. Die Ruhe ist jedoch vorbei, der Stadtbewohner hat den Raum längst wieder im Griff - und zwingt alle anderen Geschöpfe zurück in die Peripherie. Fast alle.

Eine kleine Entenfamilie, die sich kürzlich am Forellenbach, einem winzigen Refugium am Rande der Schleißheimer Straße, angesiedelt hat, darf offiziell in Dachau bleiben. Die Stadt gewährt dem Entenpaar nicht nur Asyl, sie hat den Tieren auch noch ein Einfamilienhaus im Entenmaßstab ans Ufer gebaut. Wie Oberbürgermeister Florian Hartmann auf seiner Facebook-Seite schreibt, hätte das Pärchen andernfalls "inmitten der Stadt kaum einen ruhigen Rückzugsort" gefunden. "Jetzt können Herr und Frau Ente sich ins Häuschen begeben, wenn ihnen der Trubel in der Stadt zu viel wird. Die Schlüsselübergabe ist bereits erfolgt", lässt der Rathauschef wissen. Die Tiere waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, doch der OB versichert, dass die frischgebackenen Hausbesitzer den Aufbau "wohlwollend quakend verfolgt" hätten. Sie bewohnen nun ihr eigenes Entenhausen.

Vielleicht ist das erst der Anfang. Auch andere Arten sollten mehr politische Fürsorge erhalten. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Vier-Sterne-Insektenhotel mit Aussicht am Schlossberg? Oder einer für Schnecken reservierten Spur auf der Münchner Straße? Auch Zebrastreifen für Kröten auf Wanderung könnten auf Landstraßen manch Unheil verhindern. Bis es soweit ist, sollten die scheuen Lebewesen aber besser im Wald ausharren. Mit der Rückkehr des menschlichen Alphatiers wird die Stadt sowieso zu einem einzigen Zoo.

© SZ vom 30.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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