Mitten in der Region:Mit Zebrafinken gegen den Lärm

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Wenn der Nachbar vor lauter Trauer um seinen Kanarienvogel im Garten hyperaktiv wird, braucht es eine Ablenkung

Kolumne von Astrid Becker

Es wird Herbst. An sich um diese Jahreszeit nichts Ungewöhnliches. Weil es aber so lange so warm war, hat man es sich meist auf der Terrasse bequem gemacht und keinen Gedanken an nahende Unbill verschwendet. Tja, und plötzlich: kein Sommer mehr. Temperatursturz. Herbst. Und Stress. Schnell alles abdichten, die Pflanzen in den Keller tragen, das Beet umgraben, die Tulpenzwiebeln für den Frühling verbuddeln, Gartenmöbel in den Schuppen schleppen, das Laub wegrechen. Und so weiter.

Der Nachbar hat mindestens denselben Stress, wenn nicht mehr, weil er noch seine Hecke absäbelt, seine Wiese mit dem Balkenmäher mäht und seine Bäume mit der Motorsäge zuschneidet. Der Lärm, der dabei entsteht, ist unerträglich. Und kaum macht er eine Pause, jammert er einen voll, weil sein Kanarienvogel vor kurzem gestorben ist. Und er vor lauter Gartenstress keine Zeit hat, sich einen neuen zu besorgen. Das stresst dann fast noch mehr - vor allem, weil sich der Verdacht aufdrängt, dass er diesen ganzen Lärm nur erzeugt, um sich von seinem verblichenen "Hansi" abzulenken.

Wie gut, dass es da die Forscher vom Max-Planck-Institut in Seewiesen gibt. Die haben nämlich vor kurzem herausgefunden, dass Lärm Stress erzeugt - beim Zebrafinken. Und der, das wissen Vogelliebhaber ganz genau, ist quasi der Kanarienvogel oder Wellensittich der Neuzeit. Heutzutage hält man sich Zebrafinken, will man en vogue sein. Also nix wie rein in die nächste Zoohandlung. Dem tierliebenden Nachbarn ein besonderes Geschenk machen. Mit dem kleinen Hinweis, dass das putzige Vögelchen bei Lärm unter Stress gerät. Gesagt, getan. Und plötzlich ist der Herbst recht schön. Vor allem ziemlich ruhig.

© SZ vom 04.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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