Mitten in Dachau:Festakt im Entwicklungsland

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Im Dachauer Schloss zeichnet Ilse Aigner fahrradfreundliche Kommunen aus. Aus dem Landkreis kommt keine der Gemeinden

Kolumne von Thomas Radlmaier

In der Radl-Welt ist der Landkreis Dachau ein großer weißer Fleck. Während die Landkreise München und Starnberg sowie die Städte München, Freising oder Fürstenfeldbruck als fahrradfreundlich gelten, ist Dachau fahrradtechnisch gesehen ein Entwicklungsland. Anders als in allen anderen Landkreisen des Münchner Speckgürtels ist keine einzige Gemeinde des Dachauer Landes Mitglied in der "Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern" (AGFK). Der Landkreis Dachau, eine weite fahrradfeindliche Prärie.

Der Staat muss hier Entwicklungshilfe leisten. Wohl deshalb reist Bayerns Superministerin Ilse Aigner am heutigen Mittwoch in die Dritte-Fahrrad-Welt und zeichnet bei einem Festakt im Schloss Dachau Kommunen aus, die der AGFK beigetreten sind. "In diesem Jahr haben sich Gunzenhausen, Lauf an der Pegnitz, Oberhaching, Stein und Wolfratshausen dem anspruchsvollen Zertifizierungsprozess unterzogen", heißt es in einer Pressemitteilung. Zudem nehme die Arbeitsgemeinschaft an diesem Tag mit Bamberg, Eching, Holzkirchen und Neufahrn vier neue Kommunen auf. "Damit wächst die AGFK Bayern auf 65 Mitglieder an, die mehr als 5,3 Millionen Menschen in Bayern repräsentieren." Mehr als hundert Gäste aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung haben sich im Schloss angekündigt. Da kann man im Landkreis Dachau nur anerkennend mit der Fahrradklingel bimmeln, wenn die Damen und Herren mit Drahteseln, die vier Räder und einen Auspuff haben und wie schwarze BMWs aussehen, den Schlossberg im zweiten Gang hinaufheizen.

Doch für den Landkreis ist die Veranstaltung eine Chance. Wenn Dachauer Politiker heute einen guten Eindruck hinterlassen, könnte der Landkreis selbst irgendwann Teil der Gemeinschaft werden. Also rauf aufs Rad, liebe Volksvertreter! Man stellt sich das so vor: Der Landrat fährt mit einem alten klapprigen Rad durch die Altstadt. Auf dem Gepäckträger sitzt der OB. Sie rattern über das Kopfsteinpflaster, den Karlsberg hinunter, hinaus in die weite Prärie.

© SZ vom 24.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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