Mitten in Dachau:Einschalten und abschalten

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Im alltäglichen Chaos braucht man einfach Dinge, die einen in der Bahn halten. Dinge wie "Dahoam is Dahoam"

Glosse von Thomas Radlmaier

Martin Kirchleitner von der Brauerei Kirchleitner macht gegenüber seiner Schwester Rosi reinen Tisch. Er gesteht ihr seinen "furchtbaren Fehler". Es sei gelogen, sagt er, dass die Brauerei auf "komplett regional" umstelle. Auf jeder Bierflasche stehe, dass die Zutaten zu 100 Prozent aus Bayern kämen. "Bloß, das ist Betrug", sagt Martin. "Betrug?", fragt Rosi (Im Hintergrund bedrohlich wirkende Musik). Tatsächlich sei das Bier mit ungarischer Gerste gebraut worden, offenbart Martin. Rosi ist sprachlos, der reuige Martin nennt sich selbst ein "Rindviech" und in Lansing bahnt sich ein Skandal an. Welche Konsequenzen hat die Lüge für die Brauerei?

Das ist der Plot von Folge 2626 der Kultserie "Dahoam is Dahoam", die auf dem Gelände des stillgelegten Feinpappenwerks an der Schleißheimer Straße in Dachau produziert wird. Da die neueste Folge am Donnerstag im BR kurz vor der "Tagesschau" ausgestrahlt wird, will man an dieser Stelle nicht zu viel verraten. Aber es ist davon auszugehen, dass sich im fiktiven Lansinger Kosmos wieder alles zum Guten wendet. Es ist ein Prinzip von Dahoam is Dahoam, kurz DiD, und anderen Sendungen, die im Vorabendprogramm über die TV-Bildschirme flimmern: dass die Charaktere eine in Unordnung geratene Welt wieder in Ordnung bringen.

"Dahoam is Dahoam ist für viele Menschen in Bayern unverzichtbar", sagt Reinhard Scolik, Programmdirektor Kultur des Bayerischen Rundfunks. Vielleicht stimmt das vor allem in diesem verflixten Corona-Herbst, dessen Auswirkungen viele Menschen schlauchen. Kultige TV-Sendungen können gefühlte Anker im Chaos da draußen sein. Für den Autor dieser Zeilen sind (in dieser Reihenfolge) die "Sportschau", das "Aktuelle Sportstudio", der "Doppelpass" solche Fernseh-Anker - die heilige Dreifaltigkeit des Fußball-Wochenendes. Für andere Menschen sind es Serien wie DiD. Bundesweit schalten pro Folge bis zu eine Million Zuschauer ein.

Vor diesem Hintergrund gibt es auch positive Schlagzeilen: "Neue Folgen aus dem Fernsehdorf Lansing - BR-Rundfunkrat genehmigt Verlängerung", heißt es in einer Pressemitteilung des BR. Insgesamt 420 neue Episoden des Serienklassikers dürfen im Dachauer Fernsehdorf gedreht werden. Egal, was noch kommen mag - abends kurz vor der "Tagesschau" heißt es für DiD-Fans: Einschalten und einfach mal abschalten.

© SZ vom 28.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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