Mitten in Dachau:Ein Geschenkpaket fürs Ehrenamt

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Die gute Nachricht lautet: Die Ehreamtspauschalen werden erhöht, die Bürokratie wird abgebaut. Politisches Engagement gemeinnütziger Organisationen indes ist seitens der Fraktionen CDU und CSU unerwünscht

Von Helmut Zeller

Der Bundestag ist wirklich so was von toll, obwohl ihm der Kopf über der Corona-Krise raucht, hat er noch wunderschöne Geschenkpakete zu Weihnachten geschnürt - und sogar die Ehrenamtlichen im Land bedacht. Das kommt überraschend, weil das Ehrenamt ja nun schon wirklich lange im Schatten der Politik steht, und außer warmen Worten bisher nicht viel rüber wanderte. Und Klagen: dass es den Leuten an Gemeinsinn fehle, viel zu viel Egoismus sich breit mache. Jetzt aber: Wenn die vielen Ehrenamtlichen im Landkreis das Unterstützungspaket auspacken, finden sie eine schöne Erhöhung etwa der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschalen, von 2400 auf 3000 und von 720 auf 840 Euro. Außerdem soll viel Bürokratie, die Leben und Engagement der Ehrenamtlichen bisher zuweilen fast unerträglich machten, abgebaut werden. Und die steuerliche Freigrenze für wirtschaftliche Aktivitäten der Vereine wird erhöht; und damit nicht genug, auf Initiative der SPD wurde das Gemeinnützigkeitsrecht modernisiert. Gemeinnützig sind zum Beispiel künftig auch Vereine, die sich um den Klimaschutz bemühen, Geflüchteten beistehen oder Menschen, die wegen ihrer geschlechtlichen Identität oder Orientierung diskriminiert werden.

Mit der Corona-Pandemie hat das insofern etwas zu tun, als man auch in den hintersten Winkeln der Bundestagsfraktionen in der Krise doch gemerkt hat, dass das Engagement im Ehrenamt ganz wesentlich zum Zusammenhalt der Gesellschaft beiträgt - und das zum Nulltarif für den Staat. Die Berliner Abgeordnete Katrin Staffler (CSU) betont denn auch die "extrem wichtige Arbeit" der Ehrenamtlichen auf dem Sportplatz, in den Kirchen, bei der Feuerwehr, THW und in sozialen Einrichtungen und Organisationen. Ihr SPD-Kollege Michael Schrodi sagt: "Unsere Demokratie braucht eine starke, lebendige Zivilgesellschaft." Da hat er Recht. Aber kennen Sie das Gefühl? Da reißt man in fiebriger Erwartung die schöne Geschenkverpackung auf - und die Gesichtszüge entgleisen.

Schrodi warnt schon mal vor allzu großen Erwartungen, denn so toll ist der Bundestag dann auch wieder nicht, zumindest nicht die Fraktionen von CDU und CSU. An deren "erbitterten Widerstand", so Schrodi, sei nämlich die rechtliche Klarstellung gescheitert, dass sich gemeinnützige Organisationen im Rahmen ihrer Tätigkeit auch politisch engagieren dürfen. Ja genau, so viel Zivilgesellschaft wollen die Unionsparteien dann auch wieder nicht - weder unterm Jahr noch an Weihnachten.

© SZ vom 19.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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