Mitten in Dachau:Die Macht der Musik

Die Kommunalpolitiker sollten sich am Ministerpräsidenten Söder ein Beispiel nehmen: Er lässt für seine Auftritte den bayerischen Defiliermarsch spielen. Die Kreisräte könnten ihren Argumenten in Debatten durch eine Musikbeschallung mehr Bedeutung geben

Kolumne von Thomas Radlmaier

In der Politik spielen sich oft musicalreife Dramen ab. Und ganz ehrlich. Das sind doch die Szenen, die man sehen will und bei den Wählern im Gedächtnis bleiben. Letztens im Finanzausschuss des Kreistages. Es geht um den Haushalt für 2019, ein wichtiges, aber, nun ja, unter Umständen recht langweiliges Thema. Nicht in dieser Sitzung! Gerade hat Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) das Wort. Dann grätscht das Tablet von Kreisrätin Eva Rehm (CSU) dazwischen. Es beginnt zu bimmeln, als hätte jemand gesagt: Turn the Music on! Die Besitzerin schreckt auf und drückt auf dem Gerät herum. Doch das Tablet spielt einfach weiter eine Melodie, die man leider vergessen hat. Aber an was man sich noch erinnert, ist, dass der OB einfach weiter redet, zur Musik.

Zugegeben: Es war ein kurzer Augenblick, aber einer, der im Kopf ein Kino verursacht. Nur mal angenommen, Politiker könnten ihre Redebeiträge in Kreistags- und Gemeinderatssitzungen mit Musik untermalen, zum Beispiel um ein Argument zu verdeutlichen. Wahlweise könnte der Sozialdemokrat Rio Reiser einen Song von Ton, Steine, Scherben singen lassen, während er über soziale Ungerechtigkeit redet. Oder der Bürgermeister, der im Gemeinderat für Zustimmung zu einem Projekt wirbt, könnte während seines leidenschaftlichen Vortrags "Help!" von den Beatles laufen lassen. So platziert man politische Botschaften, die den Menschen in Erinnerung bleiben. Doch bisher hat nur der Ministerpräsident des Freistaates die Kraft der Musik erkannt. Dessen Macht kann man quasi hören, wenn er auftritt und der bayerische Defiliermarsch erklingt.

© SZ vom 08.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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