Mitten in Dachau:Alles Käse

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3900 Tonnen Käse wurden im Landkreis Dachau im vergangenen Jahr verspeist. Hinzu kommen 78000 Hektoliter getrunkene Milch und 890 Tonnen Butter. Das sind stolze Summen

Kolumne von Julia Putzger

Schon mit den allerersten Bilderbüchern und Kinderspielen wird dem Nachwuchs seit vielen Jahren gelehrt: Mäuse lieben Käse. Auf Illustrationen jeglicher Art krabbeln süße kleine Nager durch löchrige, goldgelb glänzende Käsestücke - derweil haben Studien gezeigt, dass Mäuse sich über einen großen Sack Körner wesentlich mehr freuen würden und Käse nicht unbedingt auf ihrem Speiseplan steht. Wie dem auch sei: Scheinbar würde sich auch so mancher Dachauer gerne - wie in den Mäuseillustrationen vorgeführt - im Käse häuslich einrichten. Denn, so die neuesten Berechnungen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für das vergangene Jahr: 3900 Tonnen Käse wurden im Landkreis Dachau verspeist. Hinzu kommen stolze 78 000 Hektoliter getrunkene Milch und 890 Tonnen Butter, die in die Mägen der rund 155 000 Landkreisbürger wanderten.

Nun hat die NGG diese Zahlen nicht ganz uneigennützig ausgerechnet: Angesichts der kontinuierlichen Beliebtheit von Milchprodukten auch während der Coronakrise fordert sie nämlich eine Lohnerhöhung von sechs Prozent für die Beschäftigten der Branche. Um den Mäusen in diesem Text treu zu bleiben, könnte man es auch so ausdrücken: Mit Speck fängt man Mäuse. Da es hier aber eigentlich um den Käse und den Lohn dafür geht, stellt sich natürlich gleich die zwingende Frage: Wird die Gewerkschaft mit ihren Forderungen Erfolg haben? Oder werden ihre Belange in den Verhandlungen als die eines sprichwörtlichen Dreikäsehochs abgetan werden? Diese eigentümliche Bezeichnung für ein vorlautes Kind stammt übrigens aus dem 18. Jahrhundert und lässt sich - so eine Theorie - von der ziemlich geringen Höhe von drei aufeinander gestapelten Käselaiben ableiten. Da der Begriff mittlerweile so selten verwendet wird, wurde er 2007 sogar zum drittschönsten bedrohten Wort der deutschen Sprache gewählt.

Wer nun - egal ob in Anbetracht der Forderung nach Lohnerhöhung in der Milchwirtschaft oder der verschiedenen Ausführungen über Mäuse und Käse in diesem Text - findet: "Alles Käse!", dem sei noch gesagt: Auch die Redensart "alles Käse" ist eine althergebrachte und kommt aus einer Zeit, in der Milchprodukte leicht zu bekommen waren und als nichts Besonderes galten. So wurde also bildlich deren Geringschätzung ausgedrückt.

© SZ vom 26.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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