Mitten im Kreisausschuss:Club der armen weißen Männer

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Fraktionen im Kreistag dürfen nur dann eine Doppelspitze bilden, wenn eine Frau mit dabei ist. Die AfD fühlt sich deshalb mal wieder benachteiligt

Kolumne von Jacqueline Lang

Die Geschäftsordnung des Kreistags sieht bereits seit 2019 vor, dass Fraktionen eine Doppelspitze aus einem Mann und einer Frau bilden können. Die Betonung liegt dabei auf dem Wort "können", denn keine Fraktion kann demnach zu einer paritätischen Besetzung verpflichtet werden. Immerhin, so die Begründung der Verwaltung, könne es ja sein, dass eine Fraktion nur aus Männern oder nur aus Frauen bestehe. Letzteres ist zumindest nach jetzigem Stand denkbar unwahrscheinlich - Frauen sind nicht zuletzt in der Dachauer Kommunalpolitik noch ausgesprochen unterrepräsentiert. Letzteres ist auch 2021 in einigen Parteien noch der Status Quo. Bei der AfD zum Beispiel.

Kaum verwunderlich also, dass sich die Rechtspopulisten, die ja gemeinhin nicht unbedingt für das fortschrittlichste aller Weltbilder bekannt sind, an der Regelung stören. Bereits Mitte des vergangenen Jahres hatte sich die AfD für eine erneute Änderung der Geschäftsordnung eingesetzt - ohne Erfolg. Daraufhin habe man sich, so steht es in einem neuerlichen Antrag, an die Rechtsaufsichtsbehörde gewandt. Die Regierung von Oberbayern hat daraufhin mit einem Schreiben geantwortet, wonach die "Geschäftsordnung in der beschlossenen Fassung mit dem Grundgesetz, der bayerischen Verfassung und der Landkreisordnung übereinstimme". So zitiert es die AfD selbst in ihrer Begründung, nur um dann trotzdem wie ein bockiges Kind darauf zu beharren, dass für eine Partei ohne (ausreichend) Frauen ein Nachteil daraus entstehe, wenn man keine Doppelspitze bilden könne. Es sei nicht fair, dass der Landkreis Fraktionen ungeachtet ihrer Zusammensetzung dazu zwingen wolle, "nur dann eine Doppelspitze bilden zu können, wenn sie Mitglieder beiderlei Geschlechts haben". Man gehe davon aus, so heißt es in dem Antrag abschließend, "dass der Kreistag nach erneuter Prüfung der Rechtslage dem oben formulierten Antrag stattgegeben wird. Angesichts der eindeutigen Rechtslage sollte es daher nicht notwendig sein, den Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten".

Doch da haben sie ihre Rechnung ohne die Verwaltung gemacht: Die schlug nämlich vielmehr vor, den Antrag gar nicht erst noch einmal zu behandeln - und alle Kreisrätinnen und Kreisräte mit Ausnahme von AfD-Kreisrat Markus Kellerer stimmten, wenig überraschend, dafür. Immerhin hat sich bei den meisten Fraktionen die Doppelspitze längst etabliert. Bleibt die Frage: Warum heult der Club dieser ach so armen weißen Männer mal wieder rum, statt sich die Frage zu stellen, warum sich eigentlich so wenige Frauen mit den Werten ihrer Partei identifizieren können? Womöglich käme man dann darauf, dass gar nicht immer nur die anderen schuld sind.

© SZ vom 04.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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