Ministerpräsident zu Besuch:Söders Welt

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Vor 1700 Besuchern im Festzelt in Markt Indersdorf feiert der Ministerpräsident einen triumphalen Erfolg. An diesem Abend verblasst die Angst der CSU vor dem Verlust der absoluten Mehrheit bei der Landtagswahl

Von Andreas Peter Förster, Markt Indersdorf

Das Bierzelt ist brechend voll, 1700 Besucher, die Blasmusik spielt den Bayerischen Defiliermarsch, und da kommt auch schon Ministerpräsident Markus Söder. Applaus braust auf. Im Landkreis Dachau ist die Welt eben noch in Ordnung - für die CSU, die so siegesgewiss gar nicht mehr ist. Aber das lässt sich der 51-jährige Ministerpräsident in Jeans und modischem Trachtenjanker nicht anmerken. Freundlich winkt er nach allen Seiten und verschenkt ein mildes Lächeln. Die Inszenierung im Festzelt in Markt Indersdorf am Montagabend ist dieselbe wie Ende August vergangenen Jahres, als noch Horst Seehofer beim Politischen Montag auf dem Dachauer Volksfest auftrat. Der gütige Landesvater steht im Mittelpunkt, der starke Mann an der Spitze des erfolgreichen Freistaats Bayern. Damals stand mit inzwischen bekanntem Ausgang die Bundestagswahl bevor, diesmal die Landtagswahl. Und die CSU bangt um die absolute Mehrheit.

Sicher ist eben nichts in der Politik. Bei der Kommunalwahl 2014 verlor die CSU das Oberbürgermeisteramt in der Stadt Dachau, der Landratskandidat Stefan Löwl gewann mit nur einem hauchdünnen Vorsprung vor dem SPD-Landtagsabgeordneten Martin Güll. Doch nach der One-Man-Show in Markt Indersdorf, bei der Söder kräftig auf den politischen Gegner eingedroschen hat, gibt es Ovationen im Stehen. In diesem Moment, an diesem Ort hat die CSU die absolute Mehrheit schon eingefahren - aber noch sind es fünf Monate hin bis zur Wahl, auf deren Ergebnis auch der liberalere, Markus Söder nicht so zugeneigte Flügel der CSU gespannt ist.

Nur ein paar Jugendliche trotzen der allgemeinen Harmonie und halten, gut sichtbar in der Mitte des Festzelts ein Transparent in die Höhe: "Koa PAG! Fck CSU". Sie müssen vom Sicherheitspersonal geschützt werden, dennoch kommt es zu verbalen Übergriffen. "Kommunisten" ist noch das harmloseste Schimpfwort, das den jungen Frauen und Männern, die meisten nicht älter als 20 Jahre sind, entgegenschallt. Vorher hat Söder gut 45 Minuten lang die Stimmung im Bierzelt aufgeheizt - das nestwarme Mia-san-mia-Gefühl kann dann schnell in Aggression umschlagen.

Die Tonlage Söders ist von Anfang an jovial. Der "liebe Sepp" zum Beispiel ist Bezirkstagspräsident Josef Mederer, der dem früheren Finanzminister Söder für gute Zwecke beharrlich das Geld aus der Tasche zog. Auch für die Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath und Anton Kreitmair hat Söder lobende Worte, Landrat Stefan Löwl sei gar "einer der besten und schönsten, die wir in Bayern haben". Auch die Zweitstimmenkandidaten für die Land- und Bezirkstagswahl, August Haas und Julia Grote, werden einbezogen. Die Botschaft ist stets: Ich sehe euch, ihr habt meine Wertschätzung - und Geld für den Wohnungsbau, den Mobilfunk und den Verkehr im Landkreis gibt es oben drauf. Auch für die Wähler hat Söder noch genug Zuckerl übrig. So lobt er die Leistungskraft des "stärksten Landkreises in Bayern", und schimpft gleich auf die FDP, die keine Verantwortung in Berlin übernehmen wolle und sich deshalb in München auch nicht an den gedeckten Tisch setzen dürfe. Der SPD gehe es nur um die Partei, nicht um die Menschen. Den wirklichen Angstgegner der CSU, die rechtspopulistische AfD, hingegen nennt er nicht beim Namen.

"Die Einheimischen": Mehrfach betont Söder, dass er sie nicht vergessen werde: Er will ein Pflegegeld von 1000 Euro für Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen. "Wir sagen niemand, was er tun soll, weder bei der Erziehung der Kinder noch bei der Pflege der Eltern oder Großeltern. Bei uns sollen die Menschen selbst entscheiden." Ein Familiengeld gebe es für alle Eltern.

Die Fremden: Klare Kante wolle er, so Söder, nach drinnen und draußen zeigen. Es werde ein eigenes Landesamt für Asyl geben, und Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive würden künftig kein Geld mehr erhalten, sondern Sachleistungen. "Asyl darf kein zweites Einkommen sein", sagt Söder. Er macht sich über Abschiebungen lustig, bei denen "fünf abgelehnte Asylbewerber mit 50 Polizisten, Psychologen und anderem Personal in die Heimat geflogen werden". In Berlin gebe es No-go-Areas, in denen die Polizei nicht einmal mehr kontrolliere. In Bayern aber nicht, deshalb werde man 3500 neue Polizisten einstellen. Das umstrittene neue Polizeiaufgabengesetz, gegen das vergangene Woche Tausende Menschen in München protestierten, erwähnt er mit keinem Wort. Wohl aber sagt er, dass man "Maßnahmen zur Prävention von Kriminalität überprüfen werde". Auch seinen "Kreuzerlass" für Behörden verteidigt er: "Die Ehrfurcht vor Gott ist Teil unserer Verfassung. Jeder nimmt doch gerne unsere christlichen Feiertage in Anspruch ..." Der Boden für einen triumphalen Auszug ist bereitet: Die Nestbeschmutzer - wie sie von den meisten Besuchern wohl - gesehen werden, tragen auch Dirndl und Lederhosen, um zu zeigen: Sie lieben ihre Heimat, auch wenn sie eine andere Politik wünschen.

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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