Merkwürdig:Ein unseriöses Angebot

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Werbefirma aus Bad Aibling schließt derzeit Verträge mit Dachauer Unternehmern für einen Online-Auftritt ab, den viele für ein Projekt der Stadt halten. In Karlsfeld hat man noch ungute Erinnerungen an die Vorgängerfirma

Von Viktoria Großmann und Gregor Schiegl, Dachau

Mit fragwürdigen Methoden ist derzeit eine Werbefirma auf Kundenfang in Dachau und Bergkirchen. Für 790 Euro versprechen sie eine Präsenz auf einem Online-Stadtportal und auf Terminals mit Touchscreen, die im Stadtgebiet aufgestellt werden sollen. Die meisten Kunden hatten den Eindruck, das Projekt würde von der Stadt Dachau unterstützt. Für viele das entscheidende Argument: Mindestens 19 Unternehmen unterzeichneten einen Zehnjahresvertrag mit der Firma SGE Stadtausstellungs GmbH.

Das Problem daran: Das Unternehmen ist weder ein städtisches noch wurde es von der Stadt Dachau beauftragt. "Es gab nie einen Kontakt", sagt Stefan Wolf, Wirtschaftsförderer von Dachau. In Karlsfeld ist ein Vorgänger des jetzigen Unternehmens schon vor neun Jahren unangenehm aufgefallen. Wolf will sich den Vertrag, den die Firma mit Sitz in Bad Aibling mit ihren Kunden abschließt, genauer ansehen. "Merkwürdig" findet er die Sache. Jochen Neuwert vom Bekleidungsgeschäft Downtown erschien das Ganze vertrauenswürdig: "Für mich war klar, die Stadt Dachau vereinbart mit mir einen Termin."

Für eine Dachauer Friseurin, die anonym bleiben möchte, war die angebliche Beteiligung der Stadt überhaupt erst der Grund, sich auf die Firma einzulassen. "Ich dachte, das sei eine gemeinnützige Sache, die die Stadt auch tourismusmäßig weiterbringen soll." Nach dem Wechsel an der Rathausspitze sei es ihr plausibel erschienen, dass nun endlich mehr für Dachaus Gewerbe getan werde. Tatsächlich habe der äußerst seriös auftretende Geschäftsmann von der Stadtausstellung immer den Eindruck erweckt, in engster Abstimmung mit der Stadt zu agieren. Ob er dies tatsächlich gesagt habe, könne sie nicht beschwören. "Meines Erachtens war es eine totale Täuschung, von vorneweg." Im Nachhinein ist sie entsetzt, wie sie auf das Angebot eingehen konnte und noch am gleichen Tag unterschrieben hat. "Ich habe deswegen eine schlaflose Nacht hinter mir", sagt sie. "Im Moment kann ich mich selbst nicht mehr leiden."

Auch Peter Hernek vom Friseursalon Figaro hatte den Eindruck, mit der Stadt Dachau gesprochen zu haben. Dieser Eindruck könne leicht entstehen, sagt seine Frau, sie hat deshalb nachgefragt und ein Nein zur Antwort erhalten. Für sie war die Beteiligung der Stadt nicht ausschlaggebend. "Der Preis und was sie dafür bieten", habe sie überzeugt, sagt die Geschäftsfrau. Der Werbemarkt sei umkämpft, es kämen häufig deutlich teurere und oft unseriös erscheinende Angebote. "Das ist eine ordentlich aufgezogene Seite und sie hilft uns, Präsenz zu zeigen", sagt Hernek. Bis jetzt hat sie noch nichts bezahlt, ihr Profil ist auf stadtausstellung.de aber schon online.

Der Geschäftsführer der Firma, Stefan Grosz, erklärt am Telefon, die Stadt Dachau sei über die Pläne der Firma informiert, spiele aber keine aktive Rolle. "Das ist von uns auch nicht gewünscht", sagt Grosz. Politische Einflussnahme sei ja oft eher hinderlich als förderlich. Die Firma existiere seit 40 Jahren, sein Großvater habe seinerzeit angefangen, Kupfertafeln aufzustellen, auf denen sich Firmen präsentierten. Heutzutage mache man so etwas eben mit Info-Terminals, die einen Touchscreen haben und eine Verbindung mit dem Smartphone herstellen könnten. Er habe bei der Stadt angefragt, ob sie Standorte für diese Terminals zur Verfügung stelle. Die Absage der Stadt "ist für uns aber eigentlich kein Problem". Es gebe Firmen, die zugesagt hätten, ihren Privatgrund für die Terminals zur Verfügung zustellen. Dazu, dass Kunden meinen, sie hätten direkt mit einem Mitarbeiter der Stadt gesprochen, sagt Grosz: "Da müssen diese etwas falsch verstanden haben."

2006 war die Firma schon einmal in Karlsfeld tätig, damals allerdings noch unter dem Namen Grosz und Roth. In Absprache mit der Gemeinde errichtete sie ein Infoterminal vor dem Rathaus, die geschalteten Werbebanner verkaufte sie an die örtlichen Geschäftsleute. "Das Ding war permanent kaputt", erinnert sich Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). Immer wieder schrieb die Gemeinde das Unternehmen an, es solle sich um die Reparatur kümmern. "Irgendwann waren sie weg und man hat nichts mehr gehört." Schließlich wurde das Terminal abgebaut.

"Es gab nur Ärger", sagt ein ehemaliger Geschäftskunde, der anonym bleiben möchte. "Das war meiner Meinung nach Betrug, nichts weiter." Nachdem die Terminals ausgefallen seien und die versprochene Leistung nicht erbracht wurde, habe er seinen Vertrag gekündigt - was der Vertrag aber nicht zulässt. Er nahm sich einen Anwalt. Erst auf massiven Druck kam er aus dem Vertragsverhältnis, Geld musste er trotzdem zahlen, wenn auch nicht alles. "Ich bin mit einem blauen Auge davongekommen." Den jetzt Betroffenen könne er nur raten, sich massiv zur Wehr zu setzen.

Wilfried Kast, in der Gemeinde für EDV-Angelegenheiten zuständig, berichtetet, dass das Unternehmen nach dem Ausfall des Terminals weiter Mahnbriefe an die Geschäftsleute geschrieben habe. "Im Endeffekt gab es kein Entgegenkommen." Dabei hat die Werbefirma ihre Rechnungen selbst nicht bezahlt. Für ihr Terminal ist sie der Gemeinde Karlsfeld bis heute rund 400 Euro für Strom schuldig.

© SZ vom 08.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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