Medizinische Versorgung in Hebertshausen:Sankt-Georg-Apotheke schließt Ende Mai

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Vor dem Aus: die Sankt-Georg-Apotheke in Hebertshausen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bettina Colombo-Egerer schließt die einzige Apotheke von Hebertshausen: "Dort verbrenne ich Geld". Bürgermeister Reischl (CSU) bedauert die Entwicklung und plant nun ein Ärztehaus.

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

Ein großer Verlust für die örtliche Infrastruktur: Mit der Sankt-Georg-Apotheke schließt Ende Mai die einzige Apotheke in Hebertshausen. "Eine rein wirtschaftliche Entscheidung", betont Apothekerin Bettina Colombo-Egerer, die mit ihrem Team seit 29 Jahren die Bürger der 5700-Einwohner-Gemeinde zuverlässig mit Medikamenten versorgt. Nicht betroffen von der Schließung sind die Sankt-Georg-Filialen in Dachau und Eching. Doch in Hebertshausen "ging die Kundenzahl ständig nach unten bei steigenden Kosten. Dort verbrenne ich Geld", bedauert Colombo-Egerer.

Tatsächlich haben Apotheken im ländlichen Raum auch in der Wachstumsregion um München zu kämpfen, bestätigt der Dachauer Apotheker Maximilian Lernbecher, der im Bezirksvorstand des Bayerischen Apothekerverbands sitzt. "Wir habe noch keine Versorgungskrise, aber eine bedenkliche Entwicklung", sagt Lernbecher. Für bedenklich hält auch Bürgermeister Richard Reischl (CSU) die Apotheken-Schließung in seinem Ort. Die Gemeinde will sich um Ersatz bemühen, so der Rathauschef. Die Versorgung der Hebertshausener liegt auch Apothekerin Colombo-Egerer am Herzen. "Wir wollen unsere Stammkunden nicht im Regen stehen lassen." Bürger, die nicht mobil sind, sollen von der Dachauer Filiale aus weiter versorgt werden.

Allein zwölf Apotheken in der Kreisstadt

Die Apotheke gehört bisher wie Kirche, Rathaus und Schule zur selbstverständlichen Infrastruktur jeder Kerngemeinde. Auch im Landkreis können sich Bürger meist wohnortnah mit Medikamenten versorgen. 27 Apotheken bieten dafür ihre Dienste an, allein zwölf gibt es in der Kreisstadt. Einzig die Bürger von Pfaffenhofen und Sulzemoos müssen Pillen, Salben und Tinkturen schon länger im Nachbarort Odelzhausen besorgen. Doch diese Struktur ist keineswegs ein Selbstläufer, die Rahmenbedingungen verändern sich. Gerade ländliche Apotheken geraten aktuell von verschiedenen Seiten unter Druck: Mehr und mehr Kunden bestellen ihre Medikamente online, die Frequenz in den stationären Apotheken sinkt.

Da gleichzeitig die pauschale Vergütung pro abgegebener Arzneimittelpackung seit 2013 nicht mehr angepasst wurde, kommt mit sinkender Kundenzahl immer weniger Geld in die Kasse der Apotheken. Gleichzeitig steigen Kosten für Fachpersonal und technische Ausstattung, "die gesetzlichen Auflagen sind hoch", betont Apothekersprecher Lernbecher. Gesundheitspolitische Sparmaßnahmen hätten den kleinen Apotheken die Existenzgrundlage genommen, kritisiert auch Bettina Colombo-Egerer. Wichtig für das wirtschaftliche Überleben einer Apotheke ist unter anderem die Zahl der Mediziner, die im direkten Umfeld tätig sind. "Hebertshausen ist zu klein, zwei praktizierende Hausärzte am Ort reichen nicht aus", erklärt Colombo-Egerer.

Wirtschaftlich vernünftig führen ließen sich Apotheken nur mehr in der Nähe eines Ärztehauses oder in stark frequentierten Geschäftslagen. So wie die beiden anderen Sankt-Georg-Filialen, die Colombo-Egerer in Dachau im Kaufland-Supermarkt und in Eching im Rewe-Markt betreibt. Schon jetzt nutzten auch Bürger aus Hebertshausen gerne die längeren Öffnungszeiten, die ihnen die Filiale im Dachauer Einkaufszentrum bietet. Aber auch wer nicht mobil ist, soll weiterhin von der Sankt-Georg-Apotheke versorgt werden, betont die Apothekerin. Medikamente könnten telefonisch, per Fax oder Internet bestellt und per Lieferservice zu den Kunden nach Hause gebracht werden.

Verlust für Hebertshausen

Die Schließung der Sankt-Georg-Apotheke ist ein Verlust für Hebertshausen, aber auch ein Signal. Denn seit 2009 geht die Zahl der Apotheken zurück, allein in der Region Oberbayern-Nord registriert der Bayerische Apothekerverband die Schließung von 15 Apotheken. "Panik ist nicht angebracht", betont Verbandsvertreter Lernbecher. Aber um die Bürger im Landkreis langfristig gut zu versorgen, sei die Politik in der Pflicht.

Die Rahmenbedingungen müssten angepasst werden, damit Apotheken auch auf dem Land wirtschaftlich arbeiten können und die Strukturen nicht weiter einbrechen. Genau da möchte Hebertshausens Rathauschef Reischl ansetzen. Auch er weiß, dass eine Apotheke nur läuft, wenn im Umfeld mehrere Ärzte praktizieren. Dann nämlich können Patienten mit ihrem Rezept direkt von der Praxis in die Apotheke gehen.

Genau deshalb will Hebertshausen die Initiative für ein Ärztehaus ergreifen. Als Ideal schwebt dem Bürgermeister die Kooperation von Allgemeinmediziner, Kinderarzt und Physiotherapeut vor. Damit würde die medizinische Versorgung der Hebertshausener verbessert. "Und das wäre auch eine gute Voraussetzung für eine Apotheke", so der Rathauschef. So sieht es auch Apothekerin Bettina Colombo-Eggerer: "Ich wäre die erste, die es dann wieder probieren würde."

© SZ vom 26.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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