MD-Gelände in Dachau:Ein komplett neues Viertel

Lesezeit: 3 min

Mit dem Abbruch und der Altlastenentsorgung hat der Eigentümer des MD-Geländes, die Münchner Isaria GmbH, schon im vorigen Frühjahr begonnen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Das beauftragte Architekturbüro hat den Stadträten im Bauausschuss einen Vorentwurf für einen Bebauungsplan des Geländes vorgelegt. Die CSU moniert, dass zu wenige Parkplätze vorgesehen sind, Grüne und SPD sprechen von einem innovativen Stadtteil

Von Petra Schafflik, Dachau

Die Entwicklung des zentralen MD-Geländes am Fuße der Altstadt kommt einen entscheidenden Schritt voran: Den Stadträten im Bauausschuss legte Architekt Christian Böhm vom beauftragten Büro bgsm jetzt den Vorentwurf für einen Bebauungsplan vor. Grundlage der Planung ist nach wie vor der Siegerentwurf der Darmstädter Architekten Trojan und Trojan aus einem bereits 2008 initiierten städtebaulichen Ideenwettbewerb. Danach soll auf dem 17 Hektar großen Gelände ein Mix aus Wohnen und Gewerbe entstehen, Flächen für Einzelhandel sind vorgesehen sowie ein Jugendkulturzentrum und zwei Kitas. Im Gespräch ist nach wie vor auch ein Museumsforum, das nahe dem Mühlbach entstehen könnte.

Mit diesem Konzept will die Stadt nach zwölf Jahre langen Vorarbeiten nun "offiziell ins Verfahren gehen", so Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Damit soll Baurecht geschaffen werden für das Areal, wo die Münchner Isaria GmbH als Eigentümer des Grundstücks schon seit vorigem Frühjahr Abbruch und Altlastenentsorgung vorantreibt. In einem ersten Schritt würden zunächst in einer sogenannten frühzeitigen Beteiligung Fachbehörden einbezogen. Allerdings fassten die Stadträte, die zwei Stunden lang intensiv berieten, dann auf Wunsch der CSU keinen Beschluss. Die Konservativen wollen das Konzept zunächst noch in ihrer Fraktion besprechen. Diskussionsbedarf zeichnete sich vor allem ab zur Frage der Autostellplätze, der CSU sind aktuell zu wenige vorgesehen. Mit seinem Votum den Startschuss geben für das Bebauungsplanverfahren soll nun der Stadtrat in seiner Februarsitzung. Isaria-Projektleiter Michael Gerstner zeigte sich am Tag nach der Sitzung dennoch "wirklich zufrieden mit dem Ergebnis". Die Themen der Debatte werde Isaria in weitere Überlegungen miteinbeziehen.

Die Bedeutung der Sitzung war am Dienstagnachmittag mit Händen zu greifen. Nicht nur Mitarbeiter der Bauverwaltung und beteiligte Experten waren dort versammelt, auch Isaria-Vorstand Gerhard Wirth verfolgte mit dem Projektteam als Zuhörer die Beratungen, die eine entscheidende Weiche im Mammutprojekt MD-Gelände stellten. Von einem "epochalen Nachmittag" sprach Gertrud Schmidt-Podolsky (CSU), da die Dimensionen des Vorhabens "ins nächste halbe Jahrhundert reichen." Sören Schneider (SPD) freute sich einfach, "dass wir nach zwölf Jahren Leerstand soweit sind."

Das von Planer Böhm vorgestellte Konzept, das den Plan von Trojan und Trojan plus alle bisher im Stadtrat beschlossenen Vorgaben umsetzt, traf dann bei den meisten Stadträten auf Zustimmung. Dies sicher auch vor dem Hintergrund, dass dieser Vorentwurf für das frühzeitige Beteiligungsverfahren keine endgültige Verbindlichkeit bis ins Detail hat, sondern im Laufe des Verfahrens noch verändert werden kann. Kritische Nachfragen kamen aber von der CSU-Fraktion. Die im Plan vorgeschriebenen Parkplätze, die alle in Tiefgaragen und einem Parkhaus entstehen sollen, "sind mir zu wenig", erklärte dezidiert Peter Strauch (CSU). Vorgesehen sind 0,8 Plätze je Wohnung und damit weniger, als in der aktuellen städtischen Stellplatzsatzung festgelegt. Verkehrswende ja, so Strauch, "aber jeder darf weiter ein Auto haben". Ohne ausreichende Parkplätze würden die künftigen Bewohner im Umfeld parken. Allerdings zeichne sich das MD-Areal durch eine zentrale Lage nahe dem S-Bahnhof aus, eine Mobilitätsstation mit Carsharing sei eingeplant, so Bauamtsleiter Moritz Reinhold. "Das ist ein neues, urbanes Gebiet, die Leute wissen, dass sie dort keinen Stellplatz haben." Auch Architekt Böhm nannte es zukunftsweisend, weniger Parkplätze zu bauen. "Wir bilden nicht die Realität ab, wir gestalten ein komplett neues Viertel", erklärte Schneider. "Wir läuten die Verkehrswende ein, das soll ein innovatives Viertel werden", sagte Luise Krispenz (Grüne). Parkplätze lösten Verkehr aus, "der uns belastet", betonte Hartmann. Doch Strauch blieb dabei: "Jeder sollte sein Auto haben können."

Diskutiert wurde auch, ob es im Viertel einen Bolzplatz geben soll. Das war ein Anliegen der Dachauer in der Bürgerbeteiligung, "für Jugendliche essenziell", so Krispenz. Im Viertel, wo von außen Bahnlärm einwirke, brauche es "wenigstens eine ruhige Seite", hielt Architekt Böhm dagegen. Schließlich ging der Auftrag an die Planer, einen passenden Standort zu finden.

Schmidt-Podolsky hinterfragte, warum das Areal entlang der Bahntrasse nördlich der Ostenstraße statt wie bisher als Kerngebiet nun als "urbanes Gebiet" bezeichnet sei. Diese im Baurecht neue Kategorie lässt Wohnen, Gewerbe sowie soziale und kulturelle Nutzungen zu, die das Wohnen nicht stören. Die CSU will einen Anteil von 40 Prozent Gewerbeflächen im Areal langfristig sichern. Genau diese Festlegung werde der Bebauungsplan treffen, so der von der Stadt beauftragte Jurist Nikolaus Birkl.

Erläutert wurde auch, dass die Bebauung starten wird, bevor die geplante Bahnunterführung der Freisinger Straße steht. Ein Verkehrsgutachten werde festlegen, was auf welchen Flächen gebaut werden kann, ohne die umliegenden Straßen zu überlasten, so der OB. Wie die noch ausstehenden Sozial- und Nahversorgungskonzepte wird dieses Gutachten einfließen in den Plan, der als Vorentwurf ins Genehmigungsverfahren starten soll, sofern der Stadtrat im Februar zustimmt.

© SZ vom 23.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: