Markt Indersdorf:Entwaffnend ehrlich

Helmut Schleich brilliert in seiner Paraderolle FJS

Er ist wieder unter uns, der große Franz-Josef, und nimmt sich in seiner unnachahmlichen Art seine Nachfolger und alle Politzwerge dieser Welt zur Brust. Den Stoiber zum Beispiel, diesen Wolfratshausener "Kamillenteesieder", der ihm, dem großen FJS, früher die Brotzeit geholt hat. Wie Strauß, wenn er seine gefürchteten Philippikas hielt, hält Helmut Schleich mit beiden Händen die Revers seines Trachtenjankers fest, zieht den Hals ein und wippt mit dem Körper. Doch mit dem zunehmenden Konsum einer Dornkaat-Schorle verwandelt sich die Wut in Nachdenklichkeit. Der große Polterer gibt plötzlich zu, dass das von ihm erfundene Bayern mitnichten eine weiß-blaue Idylle ist.

Der legendäre CSU-Vorsitzende - unnachahmlich? Das gilt nicht für Helmut Schleich. Der Münchner Kabarett ist ist FJS, wenn er wie im Barocksaal des Klosters Indersdorf mit seinem neuen Pogramm "Ehrlich" auf der Bühne steht. Dann offenbart sich nicht nur der einstige CSU-Übervater dem Publikum, sondern auch der Massenmörder, der kaltblütig den Briefträger erschießt, weil dieser die Post zu spät gebracht hat. Auch der Münchner Bierdimpfl, der aus Versehen in eine Vorführung modernen Theaters gerät, ist mit seinen Ansichten entwaffnend ehrlich. Er stellt das Stück als puren Blödsinn dar, der für einen normalen Menschen schwer zu ertragen ist. Der Kabarettist steigt dabei schauspielerisch zur Höchstform auf. Schleichs Paraderolle, mit der er auch alljährlich auf dem Nockherberg glänzt, ist und bleibt aber Franz-Josef Strauß. Hoffentlich ist er bald wieder unter uns.

© SZ vom 27.10.2015 / sto - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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