Markt Indersdorf:Der Spiritus rector verabschiedet sich

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Erweiterungsbau, Generalsanierung, Fachoberschule: Jahrzehnte lang hat Anton Wagatha die Entwicklung der erzbischöflichen Realschule Vinzenz von Paul in Markt Indersdorf mitgestaltet. Ende des Schuljahrs geht der Direktor in den Ruhestand

Von Robert Stocker, Markt Indersdorf

Ein mit Intarsien verzierter antiker Tisch, ein gemütliches Sofa im Biedermeier-Stil, ein wandhoher Sekretär aus Nussbaumholz: Das Büro, von dem Anton Wagatha auf die ehemalige Klosterbrauerei blickt, hat fast schon Wohnzimmer-Atmosphäre. Der Schuldirektor nutzt es auch als Besprechungszimmer. Den großzügigen und hellen Raum prägt andererseits ein modernes Bürodesign. Eine Symbiose aus Alt und Neu, die das Selbstverständnis der erzbischöflichen Realschule Vinzenz von Paul widerspiegelt. Sechs Jahre lang wurde das einst barocke Klostergebäude generalsaniert, ein Kraftakt, der viel Energie gekostet hat. Aus dem geschichtsträchtigen Haus ist eine moderne Schule geworden, die den pädagogischen Anforderungen an eine zeitgemäße Lehrstätte entspricht. Während des Umbaus war Wagatha oft mit einem Bauhelm in der Schule unterwegs. Zwei Exemplare liegen noch in seinem Büro - eine Erinnerung an bewegte Zeiten, die er jetzt endgültig hinter sich lässt. Wagatha geht zum Ende des Schuljahrs in den Ruhestand.

Insgesamt 41 Jahre lang war er für die Indersdorfer Realschule tätig. Er war 13 Jahre lang Lehrer hier, 14 Jahre arbeitete er als Konrektor, weitere 14 Jahre hatte er die Leitung der Schule inne. Eine Ära, die seinen Stempel trägt. Wagatha blickt auf diese lange Zeit mit Wehmut zurück. "Ich habe in all diesen Jahren viel gestalten können", sagt der scheidende Schuldirektor. Dazu zählt nicht nur die Generalsanierung, sondern auch der Erweiterungsbau für die Fachräume. Er wurde 2010 fertiggestellt. Ein Meilenstein in der Schulentwicklung war 1992 auch die Öffnung der Lehrstätte für Buben. "Das war ein pädagogischer Einschnitt für Schüler und Lehrer", so Wagatha. Am Anfang waren die Klassen noch nicht gemischt, später führte daran kein Weg vorbei. 2008 wurde eine erweiterte Schulleitung eingeführt. Sie wirkte sich laut Wagatha positiv auf die pädagogische Betreuung von Lehrern und Schülern aus. Neigungsklassen für Schülerinnen und Schüler mit einer besonderen Begabung gibt es an der Schule seit 2011. Und im vergangenen Jahr wurde ein alter Traum des scheidenden Direktors wahr: Die Angliederung einer Fachoberschule mit den Ausbildungszweigen Sozialwesen und Verwaltung. "Ich habe alle meine Ziele erreicht und kann die Schule guten Gewissens übergeben", betont Wagatha. Sein Nachfolger wird Klaus Fortner sein, der zuletzt die kirchliche Mädchenrealschule St. Ursula in Lenggries geleitet hat.

"Ich habe alle meine Ziele erreicht": Direktor Anton Wagatha zieht nach 41 Jahren an der Indersdorfer Realschule zufrieden Bilanz. (Foto: Niels P. Joergensen)

Als Wagatha 1976 nach Indersdorf kam, besuchten etwa 160 Mädchen die Schule. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler ist mittlerweile auf 900 angestiegen. Doch eines hat sich im Laufe der Jahre nicht verändert, wie der Direktor sagt: das besondere Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern. "Bei uns ist der Schüler keine Nummer. Wir gehen auf jeden einzelnen ein und unterstützen ihn in jeder Lebenslage." Das sei gerade in Zeiten wichtig, in denen junge Leute vielen Einflüssen ausgesetzt sind. Sie sind in den sozialen Medien unterwegs, Internet und Privatfernsehen sind allgegenwärtig. "Wir müssen den Schülern den Weg weisen", sagt Wagatha. Stolz ist der Schulleiter insbesondere darauf, dass alle Absolventen ihren Weg im Berufsleben gefunden haben. Viele haben nach der Realschule eine Fachoberschule besucht und anschließend an einer Fachhochschule studiert. Bei Klassentreffen erfuhr Wagatha, dass aus allen ehemaligen Schülern etwas geworden ist. Auch Bürgermeister sind inzwischen darunter. Markus Trinkl in Odelzhausen oder Christian Blatt, der in Erdweg vom Stellvertreter zum ersten Gemeindechef aufsteigen will. Ehemalige Absolventen arbeiten auch als Lehrkräfte an der Schule. Der Direktor hat sie selbst ausgewählt.

Vorsitzender des Indersdorfer Heimatvereins will Anton Wagatha weiter bleiben. Unter seiner Ägide wurden in ehrenamtlicher Arbeit die denkmalgeschützten Gebäude Schneiderturm und Mesnerhaus restauriert. In den Schneiderturm zog das Augustiner Chorherren Museum ein, das den Bayerischen Museumspreis in der Kategorie nicht staatliche Museen erhielt. Wagatha führte viele Schülerinnen und Schüler während des Unterrichts durch das Haus. "Die Kinder lernen hier Geschichte". Nicht nur die der Chorherren in Indersdorf, sondern auch jene des jüdischen Kinderzentrums, das sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Kloster befunden hat. Der Heimatverein zeichnete die Schicksale der Bewohner in einer Ausstellung nach, die unter dem Titel "Life After Survival" bei den Vereinten Nationen in New York zu sehen war. "Ein unvergessliches Erlebnis", schwärmt Wagatha.

Im Zuge der Generalsanierung der Schule wurden diese beiden Fresken im neuen Lehrerzimmer freigelegt und restauriert. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die pulsierende US-Metropole will er unbedingt noch einmal besuchen. "Wir waren mit dem Radl in New York unterwegs, der Verkehr ist ein Wahnsinn", sagt Wagatha. Für Radler werde in der Millionenstadt jetzt mehr getan. Wagatha weist auch auf die Bedeutung der Indersdorfer Umfahrung hin, die das Kloster-Ensemble vom Durchgangsverkehr entlasten soll. "Wenn ein Lastwagen vorbeifährt, spüre ich, wie die Mauern beben." Von September an wird der Pensionist Wagatha Besucher nicht nur durchs Museum führen, sondern ihnen auch den restaurierten Kreuzgang im Kloster zeigen. Die Generalsanierung der Realschule ist abgeschlossen. Jetzt will er sein eigenes Haus sanieren. Dafür habe er in den vergangenen Jahren kaum Zeit gehabt. Wagatha: "Meine Frau hat mir schon eine Liste in die Hand gedrückt."

Die Abschiedsfeier für Anton Wagatha beginnt am Donnerstag, 27. Juli, um 9 Uhr mit einem Gottesdienst. Um 11 Uhr schließt sich ein Festakt an.

© SZ vom 21.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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