Mariabrunn:Enthusiasmus

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Die Künstlerin Luzia Schneider-Breitling, ihre Ausstellung in der heimischen Brauerei und die Performance von Edgar Liegl

Von Wolfgang Eitler, Mariabrunn

Theodor W. Adorno, Jürgen Habermas, Herbert Marcuse ("der alte Haudegen"), Goethe, Schiller, Joseph Beuys, der französische Star des Symbolismus Arthur Rimbaud - und die Malerin Luzia Schneider-Breitling. Es war an dem sommerlichen Abend nicht ganz klar, ob Edgar Liegl, Philosoph und Dozent für Kultur- und Medientheorie an der Fachhochschule München, die permanente Nennung prominenter Vertreter der Kritischen Theorie, der Kunst und der Dichtung auf der Vernissage der von ihm mehrmals emphatisch umarmten Künstlerin ernst oder ironisch meinte.

Es ist allerdings zu vermuten, dass dem Gründer des berühmten Scharfrichterhauses in Passau der Schalk gewissermaßen im Nacken des ergrauten Hauptes saß. In dem Fall darf sein Auftritt als eine eigene Performance, quasi als ein Parallel-Auftritt zu Luzia Breitling-Schneider durchgehen. Die Mehrheit der Zuhörer im ehemaligen Brauereigebäude nahm die Rede lachend humorvoll hin.

Demnach hätte Liegl die üblichen, langweiligen Vernissagereden persifliert und sich in die rhetorisch gezielte widersprüchliche Ankündigung verwickelt, nicht (!) über die Werke zu reden, - um es dann doch zu tun. Auf jeden Fall war in seinem Vortrag eine Menge Dialektik drin. Eines kann man trotzdem ernsthaft behaupten: Edgar Liegl mag die Malerin, die in Dachau geboren wurde und die Schwester von Florian Breitling ist, dem Inhaber des Schloss- und Brauereianwesens Mariabrunn samt überregional bekanntem Biergarten. Breitling und Liegl kennen sich aus gemeinsamen Passauer Scharfrichter-Studientagen. Der Mariabrunner Gutsherr wohnte genau zu der Zeit in dem Gebäude, als dort die Kabarettbühne einzog. Standesgemäß begrüßte er die Gäste vom erhobenen Standpunkt einer Treppe herab.

Luzia Schneider-Breitling in ihrer Brauerei-Galerie. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Edgar Liegl mag auch die Kunstwerke von Luzia Breitling-Schneider, die für ihn "voller Poesie" sind. Nun lässt sich dieses Urteil über ziemlich viele Werke der bildenden Kunst fällen, aber es ist etwas dran. Tatsächlich entwickelt die Malerin Schicht um Schicht, so dass Oberflächen wie Palimpseste wirken. In der Antike wurden Manuskripte von den wertvollen Seiten aus Papyrus abgeschabt und neu beschrieben. Es ist ein poetisches Verfahren der Übermalung und Verdichtung. Dabei setzt die Künstlerin nicht auf räumliche Effekte, sondern suggeriert eine zeitliche Veränderung, die mit den Werken geschieht.

Die Bilder und der verwinkelte Brauereiraum, in dem noch ein funktionierende Schnapsbrennerei steht, lassen verstehen, warum der neue Röhrmooser Kulturkreisvorsitzende Michael Wockenfuß auf Florian Breitling und die Chance hofft, dort regelmüßig bildende Kunst zu zeigen und Veranstaltungen zu organisieren. Mariabrunn gehört zur Gemeinde Röhrmoos. Edgar Liegl lief kreuz und quer umher und war enthusiastisch. Vor allem weil sich die Werke gegen die Dominanz altehrwürdiger Brauereikacheln, kupfernen Kesseln oder grünen, jugendstilhaften Treppenaufgängen behaupten könnten. Mehr Kompliment geht nicht. Das reicht nicht einmal seine Namedropping-Girlande für die Künstlerin heran.

Die Oberflächen von Schneider-Breitlings Malereien wirken wie Palimpseste. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Ausstellung von Luzia Schneider-Breitling ist in Mariabrunn nur an Juli-Wochenenden, Samstag und Sonntag, jeweils von zwölf bis 18 Uhr unter dem Titel "Malerei und Brauerei" zu sehen. Bis einschließlich Sonntag, 26. Juli

© SZ vom 09.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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