Mahnwachen für weltoffene Marktgemeinde:Altomünster setzt ein Zeichen gegen den Hass

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Der Künstler Markus Kreul organisiert unter dem Eindruck der Mordanschläge in Hanau zwei Mahnwachen und demonstriert damit auch gegen die AfD, die in der Marktgemeinde eine Hochburg hat. Fünf Altomünsterer kandidieren für deren Kreistagsliste

Von Horst Kramer, Altomünster

Die Gemeinde Altomünster setzt ein Zeichen gegen den Hass: Markus Kreul, Pianist, Hochschuldozent und Schöpfer des Europäischen Musikworkshops Altomünster (Eumwa), will zwei Mahnwachen im Herzen seiner Heimatgemeinde abhalten. "Wir wollen ein Zeichen für ein lebens- und liebenswertes Altomünster setzen, für Toleranz und Demokratie und gegen Ausgrenzung und Hass", erklärt Kreul im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Der Künstler steht noch ganz unter dem Eindruck des rassistisch motivierten Anschlags, bei dem ein Täter am 19. Februar in der hessischen Stadt Hanau zehn Menschen erschossen hat.

Ganz bewusst wollen Kreul und seine Mitstreiter wenige Tage vor der Kommunalwahl am 15. März in Bayern dieses Zeichen setzen - denn fünf Altomünsterer kandidieren für die rechtspopulistische AfD bei den Kommunalwahlen. Seit Hanau mehrt sich die Kritik an der Partei mit ihrem völkisch-nationalistischen Flügel, der durch seine rassistische und fremdenfeindliche Hetze das Klima für derartige Gewalttaten schafft. "Mir ist es ganz wichtig zu sagen, dass es um keine Anti-AfD-Veranstaltung geht", sagt Kreul. Aber er verhehlt nicht, dass die Zusammensetzung der AfD-Kreistagsliste bei der Planung der Mahnwachen eine Rolle gespielt hat. Immerhin fünf Bewohner aus dem Marktgemeindegebiet kandidieren für die AfD. Nur in der deutlich größeren Stadt Dachau gehen mehr Bewerber der AfD in das Rennen um die Kreistagssitze. Altomünster zählt zu den Hochburgen der AfD. Bei den vergangenen drei Wahlen lag ihr Anteil bei 12,46 Prozent (Bundestagswahl 2017), 9,71 Prozent (Landtagswahl 2018) sowie 8,3 Prozent (Europawahl 2019). In den Jahren 2017 und 2018 lag die Partei jeweils deutlich über den Landkreisschnitt, im vergangen Jahr nur minimal darunter. Für den Marktgemeinderat Altomünster kandidiert die AfD indessen nicht. Warum nicht? Der AfD-Kreisvorsitzende Friedrich Hödl wollte der SZ diese und andere Fragen nicht beantworten. Sein Kreisverband habe beschlossen, bis auf weiteres nicht mit der SZ Dachau und den Dachauer Nachrichten zu sprechen. Hödl sagte lediglich, dass die allgemeine Presseberichterstattung in Deutschland zum Attentat in Hanau voreingenommen gewesen sei. Er bezeichnete auch die Berichterstattung der Dachauer Medien über Veranstaltungen der AfD im Ludwig-Thoma-Haus in der Altstadt als "tendenziös".

Inzwischen reagiert die Mehrheit der Altomünsterer auf die AfD-Mitglieder in ihrem Ort eher skeptisch. Michael Stauch zum Beispiel, der in den Kreistag einziehen will, ist in der Freiwilligen Feuerwehr Hohenzells aktiv. Wenn man sich für die AfD engagiere, könne man sich "von Freunden und Bekannten verabschieden", habe er geklagt. Sich als Opfer darzustellen, das ist die Attitüde der AfD, die Antisemiten und einen Faschisten wie Björn Höcke in ihren Reihen duldet. Darauf fällt die Gemeinschaft nicht herein. "Die Feuerwehr hat sich verabredet, dass die Politik an der Tür zum Feuerwehrhaus endet", sagt ein Hohenzeller, der nicht mit Namen genannt werden will. Es geht ein Riss durch den Ort. Zumal Stauch nicht alleine da steht, ein weiterer Hohenzeller, der Landschaftspfleger Christian Deubler bewirbt sich auf der Kreistagsliste der AfD.

Altomünsters Bürgermeister Anton Kerle (CSU) sieht diese Entwicklung mit Sorge. Schon die Bundestagswahl 2017 erschreckte ihn. "Die Protestpartei hat bei uns besonders stark in den Dörfern und Weilern abgeschnitten, in denen Menschen leben, denen es wirtschaftlich sehr gut geht." Er vermutet "diffuse Ängste". Am Freitag erklärte der Rathauschef, dass er Kreuls Eintreten für ein weltoffenes und tolerantes Altomünster "voll und ganz" unterstütze. Sein Kontrahent Michael Reiter (FWG) hatte sich schon am Donnerstagabend ähnlich geäußert: "Ich bin politisch meilenweit von der AfD entfernt. Selbstverständlich trete auch ich für ein buntes Altomünster und gegen Hass ein." Kreul berichtet von seinen Erlebnissen mit dem internationalen musikalischen Workshop: "Wenn die vielen jungen Leute aus dem Ausland zum Eumwa kommen, schwärmen sie immer von der Herzlichkeit und Offenheit hier im Ort - das müssen wir bewahren."

Die Veranstaltungen am Freitag, 6. März, und am 13. März auf dem Marktplatz zwischen 17 und 17.30 Uhr sind noch nicht genehmigt. Amtsleiter Christian Richter sagte jedoch, er werde sich der Sache schnell annehmen: "So etwas gab es bei uns noch nie." Bürgermeister Kerle gibt sich gelassen: "Das sollte kein Problem sein." Natürlich wird er am kommenden Freitag bei der Mahnwache vorbeischauen.

© SZ vom 29.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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