"Life-Festival":Große Delegation fährt nach Oświęcim

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Zum ersten Mal ist der Landkreis Dachau zum "Life-Festival" des Friedens in Polen eingeladen. Grundlage ist der Partnerschaftsvertrag.

Von Wolfgang Eitler, Dachau/Oświęcim

Mit einer 100-köpfigen Delegation fährt der Landkreis Dachau Mitte nächster Woche nach Oświęcim nahe dem polnischen Krakau, um dort am großen internationalen Friedensfest teilzunehmen. Zum "Life-Festival Oświęcim 2016" werden der Musiker Elton John und die Band Queen erwartet. In den vergangenen fünf Jahren traten Künstler wie Eric Clapton oder Peter Gabriel auf. Mit dem seit 2010 stattfindenden Ereignis wollen Stadt und Landkreis Oświęcim einen weithin sichtbaren Beitrag zur Versöhnung leisten. Auschwitz-Birkenau war das größte Vernichtungslager der Nationalsozialisten. Erstmals nehmen politische Vertreter des Landkreises Dachau offiziell an dem Friedensfest vom Freitag, 17. Juni, bis Sonntag, 19. Juni, teil.

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(Foto: Kacper Pempel/Reuters)

Vier Dachauer Künstler nehmen am Life Festival Oświęcim teil:

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(Foto: oh)

Etwa Heiko Klohn mit einem Stillleben...

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(Foto: oh)

...oder Florian Marschall mit diesem Gruppenfoto.

Parallel zu dem Besuch von Vertretern des Dachauer Kreistags, des Landratsamts und 46 Jugendlicher beteiligen sich daran auch vier Dachauer Künstler. Annekathrin Norrmann, Heiko Klohn, Florian Marschall und Wolfgang Sand sind ausdrücklich von Landrat Zbigniew Starzec eingeladen worden, gemeinsam mit vier polnischen Künstlern in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte der Gedenkstätte Auschwitz auszustellen. Außerdem war geplant, Heiko Klohn wegen seines 25-jährigen kulturellen und kulturpolitischen Engagements für eine enge Zusammenarbeit von Oświęcim und Dachau besonders zu ehren. Der deutsche Generalkonsul in Krakau, Werner Köhler, hatte beabsichtigt, Heiko Klohn bei einem Empfang auszuzeichnen. Allerdings kann der Dachauer Künstler aus persönlichen Gründen nicht nach Polen reisen. Die Ehrung sollte an seiner Person exemplarisch darlegen, wie der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag erst von engagierten Persönlichkeiten mit Leben erfüllt wird. Die Feierlichkeiten in Oświęcim und Krakau widmen sich auch diesem "Amtlichen Vertrag (. . .) über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit". Er wurde im Jahr 1990 ratifiziert.

Interessante Formen auf der Rampe: ein Werk des Bildhauers Wolfgang Sand. (Foto: oh)

Vor mehr als 25 Jahren hatten Dachauer Künstler als Gruppe D damit begonnen, internationale Kontakte zu knüpfen, auch um Stadt und Landkreis Dachau aus der selbst gewählten Enge der Skepsis und der teils aggressiv vorgetragenen Vorbehalte gegenüber der KZ-Gedenkstätte und Zeitgeschichte herauszulösen. Gemeinsam mit dem Zeichner Pawel Warchol aus Oświęcim ist es Klohn schließlich gelungen, die Beziehungen der beiden Städte und Landkreise zu verstetigen und zu intensivieren. Vergangenes Jahr im August unterzeichneten die Landkreise Dachau und Oświęcim einen kommunalen Partnerschaftsvertrag. Darin erklären beide Seiten, insbesondere in den Bereichen Kultur, Bildung, Wirtschaft, Sport und Jugend kooperieren zu wollen. Polen und Deutschland haben ihre kommunalen Aufgaben ähnlich strukturiert.

Dieses Foto schoss Annekathrin Norrmann auf einer Syrienreise (Foto: oh)

Im Zentrum der Begegnung auf politischer Ebene in Polen Ende nächster Woche steht eine gemeinsame Kreistagssitzung von Dachau und Oświęcim. Auf ihr soll eine Erklärung zum 25. Jubiläum des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags verabschiedet und unterzeichnet werden. Seit wenigen Tagen liegt dem Landratsamt Dachau der Entwurf eines gemeinsamen Textes aus Polen vor. Er muss nun die Gremien des Dachauer Kreistags erst noch durchlaufen. An diesem Freitag, 10. Juni, 8.30 Uhr, rechnet Pressesprecher Wolfgang Reichelt, damit, dass die Fraktionsvorsitzenden ihre Ansicht zu Inhalt und Wortlaut darlegen werden. Ob schon ein Beschluss fallen soll, wusste er nicht.

Ausgangspunkt für neue Beziehungen

Im Kern würdigt der Entwurf, der nach seiner Zustimmung durch den Kreistag offiziell am Dienstag, 14. Juni, der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll, den Nachbarschaftsvertrag zwischen Polen und Deutschland als Ausgangspunkt für neue und enge Beziehungen auch auf kommunalpolitischer Ebene. Angesichts der globalen Veränderungen und der politischen Herausforderungen, werden die beiden Kreistage voraussichtlich übereinstimmend feststellen, dass die Botschaft des Nachbarschaftsvertrags von 1990 immer noch aktuell sei. Landrat Stefan Löwl (CSU) und sein polnischer Kollege Zbigniew Starzec wollen die Resolution dann am Samstag, 18. Juni, in Oświęcim offiziell unterzeichnen.

Die Werke der vier Dachauer Künstler nehmen diese Botschaft übrigens bildnerisch wörtlich. Heiko Klohn zeigt die Geschichte der latent vorhandenen Gewalt in der Welt als altmeisterlich gezeichnetes Stillleben. Florian Marschall thematisiert die Brüchigkeit der Erinnerung und die daraus resultierende Problematik der Fotografie. Annekathrin Norrmann geht hinein in das Flüchtlingsthema und zeigt Bilder früherer Reisen nach Syrien als eine untergegangene Welt. Bildhauer Wolfgang Sand persifliert die Kriegsmaschinerie.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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