Landwirtschaft:Suche nach Anerkennung

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Zu viel Bürokratie, überzogene Forderungen von Verbrauchern - die Bauern fühlen sich missverstanden. Bauernverbands­vorsitzender Anton Kreitmair freut sich aber über Anpassungen beim Artenschutzgesetz

Von Christiane Bracht, Dachau

Die Bauern triumphieren. Die Gesetzesentwürfe, die nun nach dem Volksbegehren für den Artenschutz bald gelten sollen, werden so angepasst, wie sie es sich gewünscht haben. "Das ist der größte Erfolg unseres Berufsverbands", jubiliert der Bezirksvorsitzende und Kreisobmann Anton Kreitmair. Der Walzzeitpunkt für Grünlandflächen wird nun regional angepasst, das starre Verbot, dass nach dem 15. März, der Boden nicht mehr festgedrückt werden darf, ist vom Tisch und auch die erste Mahd muss nicht mehr vor dem 15. Juni begonnen werden. "Wir haben ein halbes Jahr wahnsinnig viel gearbeitet," sagt Kreitmair. Die Fachgruppe Agrarlandschaft habe am Runden Tisch hinter den Kulissen heftig um die Ausführungsbestimmungen des Gesetzesvorhabens gerungen. In drei Wochen wird im Landtag entschieden.

Doch die Freude über den Erfolg ist getrübt. Bürokratie und Verbraucherverhalten treiben den Bauern tiefe Sorgenfalten auf die Stirn. Und so fragte man sich jetzt auf dem Deutschen Bauerntag: Wohin mit der Landwirtschaft? Auch die fehlende Wertschätzung sei ein Hauptthema gewesen, erzählt Kreitmair. "Der Verbraucher wendet sich von uns ab", klagt der Kleinberghofener. Viele im Landkreis Dachau hätten das Volksbegehren unterzeichnet und damit mehr Biolandwirtschaft und weniger Einsatz von Pestiziden gefordert. Aber gleichzeitig seien die meisten nicht bereit, mehr für ihre Lebensmittel zu zahlen, kritisiert der Bauernsprecher. Die meisten Kunden griffen in den Supermärkten zu No-Name-Produkten oder ausländischer Billigware. Eine fatale Entwicklung, findet Kreitmair. Deutschland gehe immer mehr dahin, Autos zu exportieren und Nahrungsmittel zu importieren. "So kann's nicht weitergehen", schimpft er.

Auf den Feldern in Hilgertshausen-Tandern und Altomünster darf laut Anton Kreitmair im Sommer bald keine Gülle mehr zur Düngung ausgefahren werden. Dabei sei dort die Wasserqualität sehr gut. Es bestehe kein Handlungsbedarf. Die Feldfrüchte werden leiden, befürchtet der Landwirt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Für die Landwirte habe dies tragische Konsequenzen: Die Auflagen werden immer höher, die bürokratischen Hürden auch, so Kreitmair. Vor allem die kleineren Betriebe könnten diese schon gar nicht mehr erfüllen. Deshalb hörten jedes Jahr bis zu 20 Betriebe allein im Landkreis Dachau auf. Das schlimmste aber sei, dass mit den Forderungen noch nicht einmal Verbesserungen erreicht würden. "Das System krankt", erzürnt sich der Kreisobmann.

Als Beispiel führt er die Güllegrube an. "Ein Bau ist nicht mehr machbar. Die Auflagen für den Gewässerschutz sind nicht mehr erfüllbar", moniert Kreitmair. Denn man müsse eine spezielle Plastikfolie, die enorm teuer sei, unter der Grube vergraben. Das stehe in keiner Relation zum Nutzen, denn "die Gruben werden nicht undicht. In den vergangenen 50 Jahren ist das noch nie passiert." Andererseits dulde das Wasserwirtschaftsamt, dass die Kanäle über Tausende Kilometer leck seien. "Das ist ein Skandal. Man schikaniert den Privatmann", regt sich Kreitmair auf.

Auch dass in Altomünster und Hilgertshausen-Tandern im Sommer keine Gülle mehr ausgefahren werden darf, bringt den Kreisobmann auf die Palme. "Gerade in diesem Gebiet ist die Wasserqualität extrem gut. Es besteht kein Handlungsbedarf." Dennoch liegen die Gemeinden in einem "roten Gebiet", das heißt, die Nitratbelastung ist dort extrem hoch. "Das ist ein Fehler in der Bewertung", schimpft Kreitmair. Er fordert deshalb dringend Nachbesserungen in der Düngeverordnung. Denn sonst könne man die Sommerzwischenfrüchte nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgen. Die Messstellen müssten unbedingt noch einmal überprüft werden.

Probleme bereitet den Bauern aber keineswegs nur die EU mit ihrer strengen Düngeverordnung, "die deutschen Behörden ziehen die Maßstäbe so hoch, dass sie nicht mehr erfüllbar sind", klagt der Bezirkspräsident. Und die Verbraucher täten mit ihren ständig neuen Forderungen das ihre dazu. "Die Bauernfamilien sehen sich einer immer größeren Zerreißprobe ausgesetzt: auf der einen Seite immer höhere Ansprüche und immer neue Gesetze, auf der anderen Seite der immense Preisdruck und die Konkurrenz von billiger Ware aus dem Ausland."

Statt Kritik bräuchten sie die Unterstützung der Verbraucher. Die Forderung etwa nach mehr ökologischer Landwirtschaft sei nicht erfüllbar. "Viele Bauern wollen auf Bioqualität umstellen, können es aber nicht, denn die Möglichkeit einer Vermarktung sind nicht gegeben", erklärt Kreitmair. Die Molkerei Scheitz in Andechs nehme zum Beispiel erst in zwei Jahren wieder Milch von weiteren Erzeugern an, deshalb werde viel Biomilch derzeit als konventionelle vermarktet. "Es gibt einen Überschuss an Bioproduktion."

Sehr zufrieden ist der Kreisobmann indes mit dem Ergebnis seiner Forderung an die Gemeinden im Landkreis Dachau, künftig bei Festen und in öffentlichen Einrichtungen wie Behörden, Schulen oder Kindertagesstätten mindestens 50 Prozent der Lebensmittel aus regionaler Landwirtschaft zu verwenden und weitere 25 Prozent aus ökologischer. "Alle haben den Antrag mehr oder weniger angenommen", sagt er begeistert. Das stimmt allerdings nur zum Teil: Viele Gemeinderäte, wie etwa der in Schwabhausen, fühlten sich nicht zuständig, andere wollten sich nicht verpflichten, wie in Bergkirchen. Wieder andere meldeten Zweifel wegen der hohen Kosten an. Als Orientierung und Vorschlag wollten jedoch alle die Forderung an die Entscheidungsträger weitergeben.

© SZ vom 06.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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