Landkreis-Partnerschaft:Gemeinsam gegen Fremdenhass und Rassismus

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Verstehen sich politisch und menschlich: Dachaus Landrat Stefan Löwl (links) und sein neuer Amtskollege Marcin Niedziela. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Landrat Löwl und sein polnischer Amtskollege Marcin Niedziela bekennen sich bei einem Treffen zu europäischen Werten

Von Anna-Elisa Jakob, Dachau

Seit November ist Marcin Niedziela neuer Landrat des polnischen Partnerlandkreises Oświęcimski, im Rahmen der KZ-Gedenkfeierlichkeiten besuchte er Dachau nun das erste Mal in offizieller Funktion. Der persönliche Austausch mit Landrat Stefan Löwl (CSU) stand dabei auch vor dem Hintergrund der anstehenden Europawahlen am 26. Mai, wie die beiden in einem gemeinsamen Pressegespräch am Sonntagnachmittag erklärten.

"Natürlich haben wir uns auch viel über Europa und die Zukunft der EU ausgetauscht", so Niedziela, Mitglied der konservativen Bürgerplattform (PO). Es beschäftige sie beide, wie viele EU-Skeptiker es nach den Wahlen in das Parlament schafften und wie das die zukünftige Zusammenarbeit innerhalb Europas beeinflussen werde. Niedzielas Frau, Dorota Niedziela, ist für die PO bislang auf nationaler Ebene politisch aktiv und kandidiert nun für das EU-Parlament - "der pro-europäische Gedanke ist in der Familie stark verankert", betonte Landrat Löwl.

Das Aufrechterhalten des europäischen Gedankens, die hohe Bedeutung der EU als Friedensprojekt und als Stabilisator gegen den wachsenden Rechtspopulismus eint die beiden Politiker. "Ich sehe keine Alternative zu Europa - und das müssen wir den Menschen zeigen und dafür einstehen", plädierte Löwl. Auch Niedziela betonte die Bedeutung der europäischen Union: "Die EU steht vor allem für Frieden." Für den Anstieg rechter Bewegungen habe er keine Lösungen, er sei "empört von dem wachsenden Rechtsruck". Löwl ergänzte, es liege in der historischen Verpflichtung beider Landkreise, Rassismus und Fremdenhass gemeinsam entgegenzutreten.

Die Chance, den europäischen Gedanken auf kommunaler Ebene voranzutreiben und aufrecht zu erhalten, sehen beide vor allem in organisierten Austauschprogrammen. Da die Kommunalpolitik auf nationaler und europäischer Ebene selten zu Wort komme, schließe man sich direkt zusammen und fördere den Austausch zwischen den Landkreisen. "Wir wollen zeigen, dass es auch ein Europa der Kommunen geben muss und nicht nur eines der Nationalstaaten", so Löwl. Dabei stehe der Austausch junger Menschen im Vordergrund. "So können wir Jugendliche für ein gemeinsames Europa erreichen", sagt Niedziela. Programme des Kreisjugendrings, der Feuerwehr, Sport- und Musikgruppen sowie Schulen und Auszubildenden wolle man fördern.

Beide Politiker bemühten sich im Gespräch sehr darum, eine gute Zusammenarbeit zwischen den Landkreisen zu repräsentieren. Marcin Niedziela behält meist eine ernste, zurückhaltende Mimik, seine Hände ruhten gefaltet vor ihm auf dem Tisch. Doch von Löwl sprach er herzlich als "Freund", sie gaben sich lachend die Hand, auch der anwesende stellvertretende Landrat aus Oświęcimski, Pawel Korbielusz, und der Partnerschaftsbeauftragte Wojciech Kajdas vermittelten eine freundschaftliche und lockere Haltung.

Als die Absage des jährlich stattfindenden Life-Festivals in Oświęcim zur Sprache kommt, entschuldigte sich Niedziela, zeigte sich selbst betroffen, dass hierdurch auch die jährliche Polenfahrt des Kreisjugendrings in Dachau nicht stattfinden könne. Das Life-Festival soll die Erinnerung an den beispiellosen Zivilisationsbruch durch die Nationalsozialisten wachhalten, ein Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus setzen, für Frieden in Europa stehen. Im vergangenen Jahr spielte auf dem Festival unter anderem die Big Band aus Dachau neben Gruppen unterschiedlicher Nationen und Kulturen. Man sei sich bewusst, wie die Absage des Festivals auf die Beteiligten und Beobachter im Ausland wirken müsse, so Niedziela - "wir hoffen jedoch, dass dies eine Ausnahme ist und es im nächsten Jahr wieder stattfinden wird." In der Zwischenzeit werde man dafür sorgen, dass durch weitere Möglichkeiten der Austausch zwischen den beiden Landkreisen fortgeführt werde. Niedziela lud eine politische Delegation aus Dachau zu den "Oświęcim Tagen" im kommenden September ein.

© SZ vom 07.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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