Landkreis Dachau würdigt ehrenamtliche Helfer:Eine Familie in der Fremde

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Der "Azubi-Treff" erhielt den mit 500 Euro dotierten Preis, den der Asyl- und Integrationsbeirat des Landkreises Dachau vergibt. Das Projekt war unter fünf vorgeschlagenen ausgewählt worden. (Foto: privat)

Der "Azubi-Treff" hilft minderjährigen Flüchtlingen, den Weg in ein neues Leben zu finden. Der Asyl- und Integrationsbeirat im Landkreis Dachau zeichnet nun dieses Projekt mit "Leuchtturm-Charakter" aus

Von Robert Stocker, Dachau

Brücken bauen zwischen unterschiedlichen Lebenswelten, andere mitnehmen, ohne zu bevormunden - das bedeutet für die Initiatoren des "Azubi-Treffs" Integration. Das Projekt unterstützt minderjährige Flüchtlinge während der Ausbildung und hilft ihnen, den Weg in ein neues Leben zu finden. Die ehrenamtlichen Helfer geben den jungen Menschen Halt, vermitteln ihnen das Gefühl, eine große Familie zu sein und leisten praktische Lebenshilfe. Ihr Engagement findet jetzt Anerkennung: "Der Azubi-Treff" wurde mit dem Integrationspreis ausgezeichnet.

Der mit 500 Euro dotierte Preis wurde heuer erstmals vom Asyl- und Integrationsbeirat des Landkreises Dachau vergeben. Das im vergangenen Jahr gegründete Gremium will mit der Auszeichnung Bürger, Vereine und Initiativen ehren, die sich für die Integration von Flüchtlingen einsetzen. Das Gremium besteht aus 21 Mitgliedern. Unter fünf vorgeschlagenen Projekten wählte der Beirat den "Azubi-Treff" als Preisträger aus. "Das Projekt hat Leuchtturm-Charakter", begründet Integrationsbeauftragte Aferdita Pfeifer die Wahl. "Das Konzept hat uns überzeugt, und auch, was erreicht wurde". Die Helfer seien für die jungen Flüchtlinge ein familiärer Ersatz, sie leisteten emotionale, aber auch fachliche Hilfe.

Der "Azubi-Treff" entstand vor zwei Jahren. Er wurde von Mitgliedern der Asylhelferkreise in Weichs, Bergkirchen und Altomünster gegründet. Die Helfer kümmerten sich auch um minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge, die in den Unterkünften der Gemeinden lebten. Sie vermittelten den jungen Leuten, die das wollten, einen Ausbildungsplatz. "Das Wichtigste war, die Flüchtlinge in Arbeit zu bringen", sagt Nanette Nadolski, die zu den Initiatoren des Projekts gehört. Aber allen Helfern war klar, dass die jungen Menschen weitere Unterstützung brauchten. "Wir haben uns überlegt, wie wir sie weiter begleiten können", blickt die Weichserin zurück. Die Helfer wollten zu den Flüchtlingen einen engen Kontakt aufbauen, eine Stütze sein und bei Problemen helfen. So entstand die Idee zum "Azubi-Treff". Einmal pro Monat laden die Helfer ihre Schützlinge ein, sich mit ihnen auszutauschen oder gemeinsam zu kochen. Die Friedenskirche stellt dafür die Räume zur Verfügung.

Die Helfer motivieren die jungen Flüchtlinge, die Zeit der Ausbildung durchzustehen. Sie stehen ihnen in schwierigen Situationen bei, wenn manchmal das Azubi-Gehalt nicht reicht, der Schulstress zu groß wird oder wenn sie in ihrer Unterkunft keine Ruhe finden. Die Helfer geben aber auch praktische Tipps, erklären, wie man sich einen Pass besorgt, welche Gesetze es in ihrer neuen Heimat gibt, wie man sich im Umgang mit Meistern und Gesellen verhält und dass das Besorgen einer Brotzeit hin und wieder zum Lehrlingsleben dazugehört. "Wir helfen ihnen, unsere Sozial- und Kulturtechniken zu beherrschen, damit sie in der Lage sind, ein gleichberechtigtes, selbstbestimmtes und erfülltes Leben zu führen", so Nadolski bei der Preisvergabe im Landratsamt. "Vor allem verbringen wir Zeit miteinander, hören zu und sind einfach da." Integration heiße nicht nur sich einfügen. Es heiße auch klarkommen und angenommen werden. Nadolski dankte den Ausbildungsbetrieben, in denen es ein gutes Miteinander gebe. Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe seien über die Nachwuchskräfte erfreut, mit denen sie dem Fachkräftemangel begegnen könnten. Die Träger des Projekts hatten zunächst gezögert, sich für den Integrationspreis zu bewerben. Vor allem, weil sie mit den Verschärfungen in der Asylgesetzgebung und mit den engen Auslegungen der bayerischen Landesregierung nicht glücklich sind. Es werde alles getan, um die Flüchtlinge möglichst schnell wieder loszuwerden. Landrat Löwl, so Nadolski bei der Preisverleihung, habe in den vergangenen Jahren mit sehr viel Bedacht und Menschenverstand gehandelt. Er habe es den jungen Menschen ermöglicht, noch eine Ausbildung zu beginnen. Die Erlaubnis für eine Ausbildung und die Anwendung der 3+2-Regelung sei eine unglaublich gute Maßnahme der Integration. Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde, müssen demnach nicht das Land verlassen, wenn sie eine Ausbildung begonnen haben. Nach der dreijährigen Ausbildungszeit haben sie die Möglichkeit, noch zwei Jahre in ihrem Beruf zu arbeiten.

© SZ vom 16.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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