Petition gegen Proteste:2447 Unterschriften für die Demokratie

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Rechtes Gedankengut auf dem Vormarsch: Im vergangenen Herbst hatte die rechtsextreme Partei "Der dritte Weg" auch im Landkreis Dachau zu Protesten gegen die Corona-Maßnahmen aufgerufen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Ein breites Bündnis hat eine Petition unterzeichnet, die sich für einen solidarischen Umgang in der Pandemie ausspricht und vor der Unterwanderung der Corona-Proteste durch Rechtsextreme warnt. Bei der Internetaktion allein soll es nicht bleiben.

Von Thomas Altvater, Dachau

Die Petition "Miteinander für Demokratie - Dachau solidarisch" hat ein breites Bündnis aus der Dachauer Politik und Gesellschaft erreicht. Seit mehr als drei Wochen ist der Aufruf auf der Plattform change.org online und zählt mittlerweile mehr als 2400 virtuelle Unterschriften. Teils sind es anonyme Unterzeichner, teils haben die Unterstützer mit ihrem vollen Namen signiert. Initiiert haben die Petition, die Anfang Februar in einem Pressegespräch der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, der Runde Tisch gegen Rassismus sowie die Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Dachau. Nun ziehen die Initiatoren erstmals Bilanz - und sind zufrieden. Allerdings betonen sie auch: "Die Zahl ist uns nicht so wichtig." Ihnen gehe es in erster Linie um das, was hinter der Petition stehe.

Selbsterklärtes "Hauptziel" der Initiatoren der Unterschriftenaktion war nämlich vor allem eines: Sie wollten auf die Unterwanderung der Corona-Proteste durch Rechtsextreme und Neurechte aufmerksam machen, einen Zusammenhang herstellen. Wörtlich heißt es in der Petition: "Wir wollen ein Zeichen setzen: für Demokratie, Meinungsfreiheit und einen solidarischen Umgang in der Pandemie. Wir fordern ein klare Haltung: Mit Rechtsextremen macht man nicht gemeinsame Sache!"

Man kann die Petition wohl auch als kleinen Seitenhieb gegen das Landratsamt und die Polizei verstehen, die die Proteste lange gewähren ließen. Die Handhabe mit den unangemeldeten Corona-Umzügen stellte sich deren Angabe zufolge als schwierig heraus. So verzeichnet das Landratsamt nur wenige Ordnungswidrigkeitsanzeigen im Zusammenhang mit den Protesten. Insgesamt sechs Ordnungswidrigkeitsverfahren habe es bislang gegeben, sagt Sina Török, die Pressesprecherin des Landratsamts. Vier Bußgelder verhängte dieses, zwei Verfahren seien noch anhängig. "Das betrifft alles Verstöße gegen die Auflagen, die der Landkreis per Allgemeinverfügung bekannt gemacht hat", sagt sie, also etwa Verstöße gegen die Maskenpflicht oder den Mindestabstand. Von der Dachauer Polizei heißt es, dass im Zusammenhang mit den Protestmärschen keine Fälle von Körperverletzung oder anderen Strafanzeigen bekannt sind.

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Einer der Initiatoren der Petition ist Peter Heller, Sprecher des Runden Tisch gegen Rassismus. Am Telefon sagt er: "Mich freut am meisten, dass bei den Erstunterzeichnern so ein großes Spektrum dabei ist, das aus der Mitte der Gesellschaft und über alle Parteigrenzen hinwegkommt." Heller selbst sieht das als Erfolg des Runden Tisches, der mit seiner "Integrationskraft" dazu beigetragen habe, wie er erklärt.

Zu den Erstunterzeichnern gehören auch die drei Bundestagsabgeordneten

Es ist eine lange und prominente Liste an Erstunterzeichnern, die am Ende der Petition aufscheint: Der Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU), der Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), die Bundestagsabgeordneten Michael Schrodi (SPD), Kathrin Staffler (CSU) und Beate Walter-Rosenheimer (Grüne). Auch nahezu alle Dachauer Parteien haben ihre Unterschrift abgegeben, darunter mittlerweile auch der Kreisverband Amper der Linken, deren Vorsitzende zunächst noch Kritik am Wortlaut der Petition geübt hatte.

Genau 2447 Unterstützer zählt die Petition Stand Sonntagnachmittag. Ein Erfolg? "Ich habe mir keine so großen Gedanken gemacht, ab welcher Anzahl an Unterstützern die Petition erfolgreich ist", sagt der zweite Initiator, Ludwig Gasteiger vom Dachauer Kreisjugendring und der Partnerschaft für Demokratie. Stattdessen zeigt die große Anzahl an Unterschriften für Gasteiger etwas anderes: "Man sieht, dass der Aufruf inhaltlich von einer breiten Masse in der Gesellschaft geteilt wird", das stelle ihn zufrieden. Nicht die Zahl der Unterstützer, sondern das Anliegen der Initiatoren soll für Gasteiger im Vordergrund stehen: "Dass wir ganz klar für Demokratie und Meinungsfreiheit sind", wie er erklärt.

Auch für Peter Heller steht die Zahl der Unterzeichner zurück. "Diese sogenannten 'Spaziergänge' werden von diesen Leuten systematisch unterwandert", sagt er. Alle Protestierenden würden sich dadurch bewusst, oder unbewusst, instrumentalisieren lassen. "Und da muss man sich als Gesamtgesellschaft dagegen wehren und aufklären", so Heller. Und das haben die Initiatoren - wie die vielen Unterstützer zeigen - bisher geschafft. "Die Tatsache, dass so viele Menschen die Petition unterzeichnet haben, empfinde ich schon als starkes Zeichen, um deutlich zu machen, wie vielen Menschen etwas an Demokratie, an Gesellschaft und Gemeinsamkeit liegt", sagt er, "deshalb ist es so positiv, dass so viele Menschen darauf reagieren."

Mit der Petition wollen Heller und Gasteiger nicht nur informieren, sondern auch denen einen Stimme geben, die nicht zu Kundgebungen gehen oder denen das Thema bisher nicht bewusst war, "ganz einfach Denkanstöße liefern", so Heller. "Es ist einfach eine gute Möglichkeit, um im niederschwelligen Bereich zu zeigen, für was man steht."

"Es ist nicht so, dass mit den 2400 Unterschriften getan ist"

Peter Heller will sich jedoch auf der großen Anzahl der Unterstützer nicht ausruhen. "Es ist nicht so, dass mit den 2400 Unterschriften getan ist", sagt er. Er hofft auf einen Schneeballeffekt: Möglichst viele Menschen sollen auf die Petition aufmerksam werden, so dass die Menschen, die unterschreiben, zu "Multiplikatoren" werden, wie er sagt. "Ich wünsche mir, dass die Menschen mit dem Aufruf in Berührung kommen und das ernst nehmen und weitertragen", erklärt Heller. "Für mich ist es deshalb auch nicht wichtig, dass wir am Ende eine gewisse Zahl bilanzieren können."

In Zukunft wollen Heller und der Runde Tisch gegen Rassismus mit dem Thema nicht im Internet bleiben: Geplant ist, eine Bürgerversammlung, eine offene Gesprächsrunde zu veranstalten. "Aber da müssen wir sehen, wie sich das mit Corona entwickelt", sagt Heller. Auch eine größere Demonstrationsveranstaltung Anfang April planen Heller und Gasteiger. Die Petition solle bis dahin erst einmal weiterlaufen.

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