Landgericht:Hantel-Prozess: Freispruch für Angeklagte

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Eine 50-Jährige soll ihren Sohn beauftragt haben, ihren Mann zu töten. Das Gericht gleichwohl zweifelt daran

Von Andreas Salch, Dachau/München

Es muss in ihm rumort haben. Anfang Juni 2013 erlitt ein Polizeibeamter und Vater von drei Kindern einen Nervenzusammenbruch bei der Arbeit und sprach plötzlich aus, was ihn offenbar innerlich völlig zermürbt hatte. Es klang ungeheuerlich. Seine Frau soll geplant haben, ihn zu ermorden. Von dem angeblichen Komplott hatte der 54-Jährige Wochen vor dem Zusammenbruch von seinem jüngsten Sohn erfahren.

Die Ehe stand im Jahr 2008 wegen Affären und ständiger Streitigkeiten vor dem Aus. In dieser Situation soll die 50-jährige Angeklagte ihren damals noch strafunmündigen Sohn dazu eingesetzt haben, ihren Ehemann aus dem Weg zu räumen. Der Bub sollte den Vater mit einer 1,5 Kilogramm schweren Hantel beim Abendessen in der gemeinsamen Wohnung im Landkreis Dachau hinterrücks erschlagen. Der Chef des 54-Jährigen meldete nach dem Nervenzusammenbruch alles der Kriminalpolizei. So kam die Sache schließlich Jahre später vor Gericht.

Der Prozess fand vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II statt und endete am Freitag mit einem Freispruch für die Angeklagte. Sechs Tage verhandelte die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Thomas Bott diesen bizarren Fall, der tragikomische Züge hatte und in dem es menschelte wie sonst selten in einem Prozess. Auch wenn die Beweisaufnahme angesichts der Episoden aus dem Familienleben mitunter heiter gewesen sein mag, so sei doch ernst zu nehmen, was geschehen sei, sagte Richter Bott bei der Urteilsbegründung.

Nachdem die Staatsanwaltschaft begonnen hatte zu ermitteln, musste der jüngste Sohn der Angeklagten vor einem Ermittlungsrichter aussagen. Da die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Jahre zurücklag, so Richter Bott, stelle sich die Frage, wie "belastbar" die Erinnerung des Sohnes noch war. Die Kammer habe "nicht mit Sicherheit feststellen können", ob der inzwischen 23-Jährige von seiner Mutter einen "konkreten Auftrag" für die Hantel-Attacke erhalten habe. Aus diesem Grund sei "höchste Vorsicht geboten" und die Angeklagte "im Zweifel" freizusprechen, so der Vorsitzende. Der Sohn verweigerte eine Aussage.

Trotz des geplanten Mordkomplotts haben sich die Angeklagte und ihr Mann wieder zusammengerauft. Seine Frau sei ein "herzensguter Mensch", versicherte der Polizeibeamte den Richtern. Die Pläne seiner Frau, ihn aus dem Weg zu schaffen, seien nur "Fantastereien" gewesen. Gleichwohl soll die 50-Jährige mit ihren Kindern recht konkret darüber geredet haben, blauen Klostein in einen Blue Curaçao für den Vater zu mischen, oder ihn bei einem "Indianerspiel" im Wald zu strangulieren, oder aber mit einem Wagenheber zu erschlagen. Bei ihrer Einlassung vor Gericht sagte die 50-Jährige, dies seien angesichts der Streitigkeiten in der Familie nur "Frustgespräche" gewesen.

Staatsanwältin Cathrin Rüling forderte, die Angeklagte zu sechs Jahren Haft wegen versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft zu verurteilen. Der Sohn habe die Tat beim Ermittlungsrichter eingeräumt, so Rüling und habe erklärt: "Meine Erzählungen sind keine Hirngespinste". Die Verteidiger der Angeklagten forderten, ihre Mandantin freizusprechen. Rechtsanwalt Christian Langgartner sagte, das Verhalten der Angeklagten sei zwar "menschlich verwerflich, aber keine Straftat." Während der Ermittlungen hatte die Kriminalpolizei das Telefon der Angeklagten abgehört. In einem Gespräch, das der damalige Freund ihrer Tochter mit ihr führte, räumte sie ein, es habe einen Hintergrundgedanken" gegeben, den Vater aus dem Weg zu räumen. Der Freund erwiderte: "Das ist echt ein Hollywood-Scheißdreck."

© SZ vom 25.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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