Kunst:Unmittelbar

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Manuela Schlögl aus Kleinberghofen ist jetzt mit dem bayerischen SeelenArt-Preis ausgezeichnet worden. Nach einem psychischen Zusammenbruch findet die 49-Jährige Halt in der Kunst und malt in der Dachauer Caritas-Gruppe

Von Wolfgang Eitler, Dachau/München

Manuela Schlögl aus dem Landkreis Dachau will nicht mit jemandem Fremden über ihre Bilder reden. Deshalb hat sie Kerstin Schwabe von der Pressestelle des Bezirks Oberbayern damit beauftragt, von ihrer Kunst zu erzählen. Manuela gehört zu einer Gruppe von Menschen, die am Sozialpsychiatrischen Zentrum der Kliniken des Bezirks behandelt werden. Manuela Schlögl sagt über ihre Kunst: "Malen ist für mich wie Kopf-Ausschalten, an nichts Belastendes mehr denken. Ich werfe mich ganz in die Fantasie hinein."

Die Galerie Bezirk Oberbayern in München zeigt noch bis zum Donnerstag, 25. Juli, die Preisträgerarbeiten des Oberbayerischen Kunstförderpreises SeelenART. Unter den Künstlern ist auch Manuela Schlögl aus Kleinberghofen. Die Ausstellung zeigt die Arbeiten von 15 Künstlern, die die Jury des Oberbayerischen Kunstförderpreises SeelenART ausgewählt hat.

Die Faszination für die Kunst von Menschen mit psychischen Krankheitsbildern ist eine wesentlicher Teil der Kunstgeschichte. Die "art brut" eines Jean Dubuffet ist ohne solche Werke nicht denkbar. Der österreichische Künstler Arnulf Rainer, der vor allem durch seine Übermalungen bekannt wurde, hat Motive und malerische Gesten in einer persönliche Beschäftigung mit der Kunst in psychiatrischen Kliniken gewonnen. Manuela Schlögls Kunst wirkt durch ihre Unmittelbarkeit. Ihre Strichführung ist expressiv, als würde das Denken und Fühlen unwillkürlich in Farbe und Form übergehen. Besonders beeindruckt ihr Porträt. Das Gesicht scheint vor innerer Erregung zu brennen. In einem weiteren Bild sitzt mitten im farblodernden Dickicht ein Hase und hält still. "Hase im Versteck" ist die zweite Arbeit, mit der Manuela Schlögl in der Ausstellung im Bezirk Oberbayern vertreten ist.

Das Gesicht scheint vor innerer Erregung zu brennen. Mit diesem Werk ist Manuela Schlögl aus Kleinberghofen ausgezeichnet worden. (Foto: Bezirk Oberbayern)

Der SeelenART-Preis wird im zweijährigen Turnus vom Sozialpsychiatrischen Zentrum der Kliniken des Bezirks Oberbayern an Menschen mit Psychiatrieerfahrung vergeben. Schirmherren sind Kabarettist Gerhard Polt und Präsidenten Josef Mederer aus Altomünster. Der Bezirk fördert SeelenART finanziell und gibt den Künstlern in seiner Galerie ein öffentliches Forum. "Wir wollen damit Raum schaffen für die Begegnung von Künstlern und Publikum. Die seelische Gesundheit hat eine große Bedeutung für die ganze Gesellschaft, und es ist wunderbar, wenn sich Menschen - über den Weg der Kunst - mit diesem Thema auseinandersetzen", sagt Friederike Steinberger, Bezirkstagsvizepräsidentin.

Manuela Schlögl kommt mit einer Besucherin ins Gespräch und berichtet: "Ich male zwei Arten von Bildern: solche, die ich niemandem zeigen will und kann und solche, um die sich die Leute reißen - wie meinen Hasen." Den wollten gleich mehrere Leute kaufen. In der Seelenart-Ausstellung ist er als Leihgabe der glücklichen Besitzerin. Gedruckt mit Acryl als Monotypie, einem Verfahren, bei dem jede Arbeit automatisch ein Unikat ist.

Seit 2010 beschäftigt sich die 49-Jährige intensiv mit Malerei. Auslöser war der Aufenthalt in einer somatischen Klinik im Schwarzwald. Vorausgegangen waren verschiedene somatische Erkrankungen. Zugleich habe sie sich in die Arbeit gestürzt und nicht gemerkt, dass es nicht mehr gehe. Dann kam der Zusammenbruch.

SeelenArt-Preisträgerin Manuela Schlögl. (Foto: N/A)

Heute malt sie alle zwei Wochen in der Kunsttherapie der Caritas in Dachau. Bei der Caritas ist sie auch in einem so genannten Zuverdienst-Projekt beschäftigt. Sie bügelt die Wäsche für die Großküche und hilft beim Kochen. "Ich bin Allrounderin, wo es etwas zu tun gibt, packe ich mit an", sagt Schlögl. "Das lenkt mich ab und gibt meinem Alltag Struktur. Ich sitze nicht zu Hause und grüble." Beim Malen verwendet sie am liebsten Acryl. Nur wenn sie ihren alten Vater besucht, hat sie Wasserfarben dabei. Dann malt sie Bilder, die ihn aufheitern sollen: Leuchtende Sonnenblumen oder Ruderboote in sommerbuntem Rot und Blau.

Galerie Bezirk Oberbayern, Prinzenregentenstraße 14, in München.

© SZ vom 09.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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