Karlsfeld:Kongenial

Lesezeit: 3 min

Farben auf die Leinwand schütten und schauen was passiert. Max Mannheimer alias Ben Jakov, seine Bilder und wie die Elisabeth-Bamberger-Schule ihn nachahmt - eine Ausstellung zum Tag der Offenen Tür.

Julia Richthammer

Der stellvertretende Präsident der Lagergemeinschaft Dachau, Max Mannheimer mit dem Künstlernamen Ben Jakov, malt seine Bilder nicht mit einem Pinsel. Er schüttet die Farben auf die Leinwand. Dann stellt er sie in seinen Keller, auf dessen schiefem Boden die Farben verlaufen. Genau das hat er den Schülern der Elisabeth-Bamberger-Schule kürzlich bei einem Besuch erzählt. Diese Einrichtung kümmert sich um Kinder und Jugendliche, die landläufig als verhaltensauffällig gelten. Die Kinder waren beeindruckt.

Lehrerin Gudrun Ullrich mit Dieudonnè Tshinba und einigen Ergebnissen in der Technik von Ben Jakov alias Max Mannheimer. (Foto: joergensen.com)

Lehrerin Gudrun Ullrich erzählt: "Wir haben die ganze Turnhalle abgeklebt. Die Schüler waren begeistert und sehr stolz, bei allen kam etwas Schönes raus". Zum Tag der Offenen Tür haben 15 Schüler die Ben-Jakov-Technik nachgeahmt. Einen schiefen Boden wie in Mannheimers Keller brauchten die Nachwuchskünstler nicht, sie haben ihre Bilder ganz einfach in verschiedene Richtungen gekippt, damit die Farben verlaufen. Sie waren fasziniert.

Das Gewerbegebiet in Karlsfeld ist ein ungewöhnlicher Ort für eine Schule. Doch nachdem die Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule im Sommer 2010 ihre alten Gebäude in Dachau verlassen musste, endete dort die Suche nach einer Unterkunft aus Kostengründen. Seither ist die Schule aufgeteilt auf drei verschiedene Gebäude, zwischen denen Schüler und Mitarbeiter pendeln müssen. "Es ist an der Zeit, die Häuser zu öffnen und den Leuten die Möglichkeit zu geben, sich über die Schule zu informieren und sich einen Eindruck zu verschaffen", sagt Schulrektor Klaus Funke.

Deshalb findet am Samstag, 12. Mai, von 11 bis 15 Uhr der Tag der offenen Tür statt. Mit einem Programm, das Schüler und Mitarbeiter gemeinsam zusammengestellt haben, soll die Schule vorgestellt werden. Programmpunkte sind beispielsweise eine offene Unterrichtsstunde der achten Klasse, eine offene Probe der Schulband oder verschiedene Spielangebote. Rektor Funke und seine Stellvertreterin Petra Weindl schildern in einem Vortrag die Arbeit der Schule als Förderzentrum, die "mehr macht als nur Schule". Es gebe auch ein sozialpädagogisches, therapeutisches und medizinisches Angebot.

Ein Höhepunkt beim Tag der offenen Tür wird sicherlich der Besuch des Zeitzeugen Max Mannheimer. Er wird gemeinsam mit den Schülern einen Korbiniansapfelbaum am Sportplatz einpflanzen. Diese Apfelsorte geht zurück auf Pfarrer Korbinian Aigner, der während seiner Gefangenschaft im KZ Dachau zwischen den Baracken Äpfel gezüchtet hatte.

Aber Mannheimer wird sich auch die Bilder nach seiner Technik anschauen. Die Vorgehensweise ist zwar die gleiche, aber die Ergebnisse sind schon sehr unterschiedlich. Bei Mannheimer spielt die Erfahrung eine große Rolle, indem er das Spiel mit dem Zufall genau kalkuliert und spannende Strukturen schafft. Die Bilder der Schüler wirken im Vergleich spontaner, spielerischer und ausgelassener. In einigen finden sich heitere Kleckse, wie aus dem Informel. Diese Bilder werden versteigert. Ursprünglich wollte Mannheimer mit den Kindern malen. Im Oktober 2011 hatte er an der Bamberger-Schule die Ausstellung "Namen statt Nummern" eröffnet, welche die Geschichten von Häftlingen des Konzentrationslagers nacherzählt, ergänzt um seine Bilder. Das Projekt musste aber leider ohne Mannheimers Beteiligung stattfinden, weil er kurz zuvor gestürzt war. Beim ersten Versuch verlief natürlich nicht alles nach Plan. Dieudonnè Tshinba erzählt: "Einmal habe ich mein Bild nur aus Versehen in die falsche Richtung gekippt." Mit dem Endergebnis ist er aber sehr zufrieden. Das Geld der Versteigerung kommt dem neu gegründeten Förderverein der Schule zu Gute.

Der Verein hat das Ziel, dass wir Schülerfirmen anbieten können, die in das Arbeitsleben einführen und darauf vorbereiten", sagt Klaus Funke. Auf diese Weise könnten die Schüler ihre Fähigkeiten über einen längeren Zeitraum und in einem realistischen Kontext ausprobieren und dabei noch etwas produzieren. So wie bei Hakan Turanle und Anes Ben Amor. Für den Qualifizierenden Hauptschulabschluss müssen beide eine Projektprüfung ablegen, also ein Ziel selbständig verfolgen. Hakan sorgt für das leibliche Wohl der Gäste beim Tag der offenen Tür. Er hat Rezepte ausgewählt, Zutaten gekauft und Kosten kalkuliert, um das Essen mit Hilfe von Mitschülern bereitstellen zu können. Anes hat im Fach Werken einen Bauchladen aus Holz gebaut. Mit diesem können Hakans Häppchen verteilt werden, so dass die Besucher neben Eindrücken und Informationen, die sie sammeln, auch Kunst und Kulinarik genießen können.

© SZ vom 09.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: