Konzert in der Schranne:Originell und experimentell

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Sie beherrschen ihre Instrumente meisterhaft: Saxophonist Lutz Streun und Posaunist Til Scheider von Three Fall. (Foto: Toni Heigl)

Die drei Musiker sind virtuose Solisten, spielen aber auch mit überraschenden Effekten. Das deutsche Trio Three Fall präsentiert Jazz mit einem ganz eigenen Sound.

Von Manuel Kronenberg, Dachau

Beim ersten Hinsehen sieht es so aus, als wäre Lutz Streun ein Amateur. Er ist Saxophonist und Klarinettist des Jazztrios Three Fall, und beim Spielen bläst er die Backen manchmal ein bisschen zu weit auf. Macht man eigentlich nicht. Zumindest würde das jeder Musiklehrer verbieten. Streun ist aber kein Amateur. Und bei Three Fall geht es auch nicht um Konventionen, auf die irgendwelche Musiklehrer Wert legen. Im Laufe des Konzerts in der Dachauer Kulturschranne nimmt Streun für eine Improvisation auch noch das Mundstück von seinem Saxophon. Macht man eigentlich auch nicht, oder?

Zu Three Fall gehören neben Lutz Streun der Posaunist Til Scheider und Sebastian Winne am Schlagzeug. Die drei kommen aus Köln und Berlin, und jeder ist ein Meister an seinem Instrument. Doch da kommt gleich die nächste Frage auf: Können drei Leute allein gute Jazzmusik machen? Klar, und Three Fall können es besonders gut. Aber die Frage ist berechtigt. Zur Begleitung nur ein Schlagzeug, kein Harmonieinstrument. Da fehlt doch etwas. Jedenfalls ist es nicht einfach, mit einer solchen Besetzung interessante Arrangements zu entwerfen und einen vollen Klang zu erzeugen. Die drei holen deshalb alles aus ihren Instrumenten heraus, was möglich ist. Und sie verwenden Effektgeräte. So schaffen sie es, mal gespannte Atmosphäre und dichte Klangteppiche aufzubauen, und mal schnelle Rhythmen mit beherzten Melodien vorzutragen.

Zu ihrem Repertoire gehören auch rockige Nummern

Streun spielt virtuose Soli auf dem Tenorsaxophon und der Bassklarinette. Dann wieder schert er sich nicht darum, welche Töne man normalerweise mit gewöhnlichem Ansatz und Griffen aus diesen Instrumenten herausbekommt. So lässt er in spannungsreichen Momenten seinen Ansatz so locker, dass nur der Luftstrom und das Klackern der Klappen zu hören ist. Im nächsten Moment versucht er es mit Beatboxing, schnalzt mit der Zunge und singt in sein Instrument. Genauso gekonnt geht Scheider mit seiner Posaune um. Es schleichen sich Obertöne ein, seine Soli sind beeindruckend. Und Scheider beherrscht das "Growling" - so nennt man das Singen ins Instrument - besonders gut. Aber erst die Effekte machen den innovativen Klang von Three Fall perfekt. Mal ist ein Hall auf der Posaune zu hören, mal eine dröhnende Bassklarinette, die normalerweise einen schön weichen Klang hat. Auch ihre Kompositionen zeichnen sich durch Originalität aus. Sie bedienen sich aus verschiedenen Bereichen: aus Jazz, Hiphop und Funk. In einem Stück verwenden die drei Musiker westafrikanische Rhythmen, aber Three Fall vertehen es auch, rockige Nummern zu covern. Es gibt ein ganzes Album von ihnen, auf dem sie Lieder der Red Hot Chili Peppers nachspielen. In der Schranne präsentieren sie einen Song aus dem härteren Milieu: "Killing In The Name Of" von der Band Rage Against The Machine, natürlich mit ihrem ganz eigenen Sound.

Das alles macht ihren Auftritt unheimlich abwechslungsreich. Die Musik ist experimentell, gleichzeitig eingänglich mit wuchtigen Melodien. Allerdings: Three Fall halten ein konstant hohes Tempo durch. Zwischendurch mal ein paar ruhige Töne hätten wohl nicht geschadet. Das Dachauer Publikum scheint das nicht gestört zu haben. Sie fordern am Ende laut klatschend eine Zugabe. Auch Peter Lenk ist froh, dass er die Jungs überzeugen konnte, nach Dachau zu kommen. Mit seiner Prittlstock-Agentur veranstaltet er vorzugsweise Singer-Songwriter-Konzerte. Der Ausflug in den Jazz ist geglückt.

© SZ vom 19.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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