Konzert in Dachau:Jeder Song eine Pop-Perle

Lesezeit: 2 min

Seine Balladen sind eine Liebeserklärung an Dachau: Benjamin Kubitz im Café Gramsci. (Foto: Toni Heigl)

Benjamin Kubitz mit seiner Band "Lonely Chords" im Café Gramsci

Von Andreas Förster, Dachau

Der Auftritt der Band Lonely Chords im Café Gramsci ist eine Überraschung gewesen, wie so oft, wenn das Tollhaus Dachau ein Konzert organisiert. Der Veranstalter versteht es, regelmäßig lupenreine Pop-Diamanten hervorzuzaubern, die vorher so gut wie niemand kannte. Das war dieses Mal umso erstaunlicher, weil es sich bei Chords-Frontmann Benjamin Kubitz alias Singer-Songwriter Ben McFinlough um einen waschechten Dachauer handelt. Kubitz ist der kreative Kopf im Verbund der Band, bestehend aus Keyboarder Manfred Hölzl (Kolbermoor), Bassist Stefan Möhl (München) sowie Percussionist Oliver Lehmann (München), der jedoch nur bei zwei Songs am Ende des Konzerts mitmachte und demnächst als Schlagzeuger voll einsteigen wird. Davor zeigte Kubitz, was er als Solo-Künstler und Band-Leader draufhat. Und das ist eine ganze Menge. Jeder Song ist eine funkelnde Singer-Songwriter-Perle, inspiriert von den Helden seiner Kindheit, Bruce Springsteen und Bob Dylan. Bemerkenswert ist der irische Einschlag. "Ich liebe Irish Folk", erzählte Kubitz, dessen Pseudonym McFinlough als ironische Anspielung auf diese Irland-Affinität zu verstehen ist. Seine Lieder unterlegt der 36-Jährige mit klugen, humorvollen, teils bewusst absurden Texten.

Seine selbst geschriebenen Melodien - bis 2013 tingelte er nur mit Cover-Songs durch die Pubs in Süddeutschland - sind Schokolade für die Ohren. Mal zuckersüß, mal zartbitter, mal scharf wie Chili. Oft geht es darin um Liebe, Beziehung, Freundschaft oder Abschied. Und neuerdings auch um Politik und gesellschaftliche Themen wie den Klimawandel. McFinlougs Stimme ist kraftvoll. Wie er sich an der Akustikgitarre begleitet und singt, könnten da ebenso gut auch Ed Sheeran oder James Blunt stehen. Dennoch wird die Musik zusammen mit der Band erst richtig rund. Nicht, dass man Keyboard und E-Bass anfangs vermisst hätte, als Kubitz die ersten drei Songs alleine spielte, umringt von Freunden und Familie. Die Balladen sind wie eine Liebeserklärung an seine Heimatstadt Dachau, voller Inbrunst gesungen, als wollte er sich für das Finale von "The Voice of Germany" empfehlen.

Die Stimmung im Gramsci nahm mit zunehmender Instrumentierung noch einmal deutlich Fahrt auf. Es war der erste große Live-Auftritt der Band, die sich 2017 zusammenfand und nun mit Kubitz' neu arrangierten Songmaterial auf Tour geht. Die Mitglieder kennen sich vom Fernsehen, drei von ihnen sind Toningenieure. Lehmann, der die Drums übernehmen wird, ist Filmemacher. Die Musik ist zumeist Radio tauglich, bisweilen jazzig angehaucht, geprägt vom Irish Folk-Rock. Hölzl am E-Keyboard und Möhl am Bass sorgen souverän für einen wohltemperierten Klangteppich und die passende rhythmische Unterstützung, wodurch sowohl das Herz als auch der Bauch angesprochen werden.

Kubitz holt sich die Muße und Inspiration für seinen kreativen Output in Schweden. Regelmäßig reist er mehrere Monate im Jahr durchs Land, sucht die Einsamkeit und Ruhe und verbringt viel Zeit in der Natur. "Meine Lieder schreibe ich nur da", verriet er. Fünf Alben sind bereits entstanden, vier davon stehen auf der Homepage ( www.lonelychords.com) kostenlos zum Download oder als Stream bereit. Zusammen mit der Band hat er sich das Beste rausgesucht und umgeschrieben, sicher nicht zum Nachteil der Kompositionen.

Das Konzert in der Dachauer Kultkneipe wird noch lange nachklingen. Vor allem bei Kubitz und seinen Freunden, weil es eine Premiere war, aber auch beim Publikum, das gerne noch mehr von den Folksongs und ihrer Entstehungsgeschichte gehört hätte. Nun sollen möglichst bald weitere Auftritte folgen, von denen man auch Aufnahmen machen wird, erzählt Kubitz. Die dann sicher wieder im Netz zu finden sein werden. CDs sind hingegen erst einmal nicht geplant. Dafür haben Kubitz - der mit Arbeit, Reisen, Fotografieren (seine Wildlife-Fotos befinden sich ebenfalls auf der Homepage) und Musikmachen ziemlich viel zu tun hat - und seine Kollegen keine Zeit. Sie wollen ja auch keine Stars werden, sondern einfach nur eine gute Live-Band. Diesem Ziel sind sie gerade einen großen Schritt näher gekommen.

© SZ vom 30.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: