Konzert in Dachau:Der Nachwuchs harmoniert

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Das JEG-Salonorchester, die Jugendensembles der Knabenkapelle und die Streicher-Big-Band Blue Strings begeistern mit Jazz und Swing.

Von Johannes Korsche, Dachau

"Als Lehrer ist es wundervoll den Nachwuchs über seinen Kopf wachsen zu sehen", sagt Tom Jahn, Lehrer bei der Knabenkapelle Dachau und Co-Leiter der Bigband Dachau. Er findet damit die richtigen Worte, um das dritte "Jazz hoch Drei"-Konzert zusammenzufassen. Ob das Salonorchester unter Leitung von Hans Blume, die Jugendensembles der Knabenkapelle oder die "StreicherBigBand BlueStrings" unter Leitung von Frank Wunderer - die rund 150 Zuschauer in dem ehemaligen Kino an der Sudetenlandstraße erlebten einen Abend voller musikalischer Höhepunkte.

Gleich zu Beginn betonte Jahn, wie "kostbar und mutig" es sei, dass die Jugendlichen live auf einer Bühne spielen. Gerade in einer Zeit, in der um uns herum überall gleichgeschaltete Musik zu hören sei, die keine Fehler mehr zulasse. Denn "im Leben und in der Musik ist es das Wichtigste, dass etwas Unperfektes entstehen darf." Die jungen Musiker sollten das Nichtkönnen als eine Quelle der Kreativität sehen. Doch so unperfekt spielten die jungen Musiker gar nicht - im Gegenteil.

Der Dachauer Musikernachwuchs begeistert im Vereinsheim der Knabenkapelle. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Jazz-Nachwuchs des Josef-Effner-Gymnasiums (JEG), das Salonorchester, eröffnete den Konzertabend musikalisch. Mit dem spanischen Militärmarsch "Hispaño", den Hans Theo Dreier vor 80 Jahren komponierte. "Spanien - das war damals so exotisch wie heute eine Reise nach Dubai", erklärte Blume. Exotisch ging es weiter; zumindest für Ohren, die ansonsten Radiosongs gewöhnt sind. Begleitet von begeistertem Applaus und Blumes kurzweiligen Anmoderationen musizierten sich die 26 Nachwuchsmusiker durch Klassiker des Jazz und Swing. Von "Puttin' on the Ritz" - "Es ist ja bald wieder die Lange Tafel, da muss man sich hübsch machen" - über Duke Ellingtons "Jig Walk" - "für eine passende Anmoderation sind mir zu viele junge Menschen anwesend" - bis hin zu "I'm Gonna Charleston Back to Charleston" - "damit auch jeder verstanden hat, dass es ein Charleston ist."

Blume bringt bereits seit 22 Jahren Schüler auf dem JEG zum Jazz, von der fünften bis zur zwölften Klasse. "Das Schönste an unserem Orchester ist das Generationenübergreifende", sagte der Musiklehrer. Er scheint mit seiner unterhaltsamen Art die Schüler zu erreichen und zu begeistern. Diese Begeisterung überträgt sich auch auf die Zuschauer. Unter großem Beifall verabschiedet sich das Salonorchester mit einem Lied, das seit 20 Jahren zum festen Repertoire des Ensembles gehört: "Clap Hands Here Come Charlie" von Ella Fitzgerald. Dieser Aufforderung kam das gesamte Publikum nach - ein stimmungsvoller Abschluss für ein beeindruckend gelungenes Konzert der jungen Musiker.

Zu hören gibt es etwa Jazz-Standards. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bei einem anderen Abend wären die Zuschauer nach dem Salonorchester wohl beglückt nach Hause gegangen - nicht so beim "Jazz hoch Drei". Denn nun ging es richtig los. Die Jugendensembles der Knabenkapelle hatten ihren großen Auftritt. Sie zeigten, wie mitreißend und berührend Musik ist. Besonders eine Interpretation von Ella Fitzgeralds "Polka Dots and Moonbeams" zeigte, "was man mit Klavier und Gesang alles machen kann", wie Tom Jahn sagte. Blickte man in die Gesichter der Zuhörenden war klar, was er meinte: Das Duo berührte seine Zuhörer von der ersten Sekunde an. Das virtuos gespielte Klavier rahmte den schwebenden Gesang auf derart passende Weise, dass die Zuhörer gar nicht mehr aufhören wollten, zu klatschen.

Die "Colourful Harmonies", der Mädchenchor der Knabenkapelle, stimmte modernere Töne an. Am Klavier von Jahn begleitet, rissen sie das Publikum mit dem Popsong aus den Neunziger Jahren "You gotta be" von Des'ree mit. Als Jahn zum Mitklatschen und Mitsingen animierte, ließ sich auch der Letzte von dem Enthusiasmus der Gruppe anstecken.

Doch das nächste Highlight wartete bereits. Die Combo "Hearst dann scho", bestehend aus Tuba, Saxofon und Schlagzeug, holte alles aus ihren Instrumenten heraus. Knackige Schlagzeugrhythmen und flotte Swingmelodien erinnerten an "Electroswing", wie er derzeit in vielen Discos angesagt ist - nur eben live auf der Bühne und ohne viel Elektronik. Das Publikum wippte im Takt. Die Musiker dankten es mit mitreißenden Soli.

Aber auch moderne Pop-Songs erklingen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Zum Abschluss wurde es ein wenig ruhiger, doch nicht minder unterhaltsam. Jahn kündigte, zum ersten Mal in Dachau, die "einzige Streicher-Big-Band Europas" an: die Blue Strings. Unter der Leitung des Fürstenfeldbrucker Jazzdozenten Frank Wunderer interpretierte das elfköpfige Ensemble unter anderem den Beatles-Song "I Feel Fine". "Einfach irre", raunte ein Zuhörer seiner Begleitung nach dem Beatles-Song zu. So endete ein Konzertabend, der gehalten hatte, was die Bühne in einem ehemaligen Kino versprochen hatte: Großes Kino.

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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