Konzert im Thoma-Haus:Ein schönes Paar

Lesezeit: 2 min

Das Dachauer Jugendsinfonieorchester tritt erstmals gemeinsam mit El Chorazón aus Haar auf. Beide ergänzen sich hervorragend

Von Andreas Förster, Dachau

Zusammengefunden haben die beiden Ensembles durch ihre jeweiligen Leiter: Gudrun Huber und Nick Hogl arbeiten als Musiklehrer am Josef-Effner-Gymnasium in Dachau. Deutliche Unterschiede gibt es im Programm des Dachauer Jugendsinfonieorchesters (DJSO), das von Gudrun Huber geleitet wird und des Pop-Rock-Chors El Chorazón, den Nick Hogl leitet. In Hubers Orchester dominiert die Klassik in all ihren Facetten, von Barock über New Classics bis zur Filmmusik. In Hogls Chor, der sich in Haar trifft, gibt es Pop und Rock von den Sechzigern bis zu den aktuellen Charts. Wie gut Orchester und Chor dennoch harmonieren, zeigten sie bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt. Mit Leidenschaft und Hingabe sind sowohl die Sänger als auch die Instrumentalisten dabei.

Musikerinnen des Dachauer Jugendsinfonieorchesters. (Foto: Toni Heigl)

Die Bühne im Stockmann-Saal des Ludwig-Thoma-Hauses ist bereits rappelvoll mit dem 35-köpfigen Chor und dem zwölfköpfigen PhilHaar-Munich-Rock-Orchstra, das zusätzlich mit aus dem Münchner Osten angereist ist. Die Jugendlichen des DJSO stehen seitlich vor der Bühne, ohne Noten, und überlassen sich vertrauensvoll Nick Hogls temperamentvoller und sicherer Leitung. Es klappt perfekt, obwohl man das Stück nur einmal zusammen geprobt hatte, wie DJSO-Sprecherin Vroni Kanf später im Pausengespräch betont. Da wünschte man sich gleich mehr davon. Doch für die jungen Musiker des DJSO, die Mädchen und Jungen sind zwischen 13 und 20 Jahre alt, war nach der Pause bereits Schluss.

Die Leiterin des Dachauer Jugendsinfonieorchester Gudrun Huber und der Leiter des Chors El Chorazón arbeiten beide als Musiklehrer am Josef-Effner-Gymnasium. Daraus entstand die Idee zur Zusammenarbeit von Jugendlichen und gemischtem Erwachsenenchor für ein Konzert im Ludwig-Thoma-Haus. (Foto: Toni Heigl)

Zu Konzertbeginn hatten sie, der Chor saß noch im Publikum und hörte aufmerksam zu, zwei anspruchsvolle Stücke aus ihrem neo-klassischen Orchesterrepertoire intoniert: Zunächst den Score zur BBC-Kultserie "Sherlock", kombiniert mit Sequenzen aus dem gleichnamigen Kinofilm und meisterhaft arrangiert vom Orchesterhornisten Mario Ederer. Die Solo-Violine, im Film wird sie von Sherlock-Darsteller Benedict Cumberbatch gespielt, übernahmen verschiedene Geigerinnen und Geiger aus dem Orchester. Das sollte ihnen die Vorbereitung erleichtern und mehreren Nachwuchsmusikern etwas Solozeit im Rampenlicht ermöglichen, erklärte Kanf. Alle spielten präzise und holten sich am Ende den verdienten Applaus ab. Beim zweiten Stück, der "Fantasia espagnol" des Amerikaners Chandler Ogles aus Birmingham/Alabama, zeigte sich das Jugendsinfonieorchester einmal mehr experimentierfreudig. Dass der Komponist erst 15 Jahre alt ist, inspirierte das Orchester zusätzlich zu einer höchst konzentrierten Leistung.

Für das DJSO war es nicht die erste Zusammenarbeit mit einem Chor. Gegründet wurde es erst 2016. Im vergangenen Frühjahr stemmte das Orchester gemeinsam mit einem Projektchor bereits die Aufführung der Kinderoper Brundibár von Hans Krása, die im KZ Theresienstadt entstanden ist.

Den weiteren Verlauf des Abends im Thoma-Haus bestritt nur noch El Chorazón. Leidenschaft und Hingabe stecken bei dem 2002 gegründeten Chor aus Haar schon im Namen: Corazón ist das spanische Wort für Herz. Das zeigen sowohl die Sängerinnen und Sänger, ihr musikalischer Leiter und nicht zuletzt auch die professionelle instrumentale Begleitung, das PhilHaar-Munich-Rock-Orchestra. In der Wortschöpfung des Namens El Chorazón verbirgt sich auch ein äußerst kreativer Umgang mit Musik als Gruppenerlebnis. Die Gruppe, das ist in diesem Fall ein gemischter Chor, gut 30 Personen stark, zwei Drittel davon weiblich. Ihre Coverversionen mehr oder weniger bekannter Pop- und Rocksongs, perfekt für Chor und Orchester arrangiert von Nick Hogl, kombinieren sie mit raffinierten Choreografien, erdacht von Chormitglied Vreni Flurschütz. Doch die sind nur das Sahnehäubchen. Die Songauswahl, die Arrangements, ein charismatischer Leiter, die einzelnen Stücke humorvoll anmoderiert und sich beim Dirigieren voll ins Zeug legt, und ein Chor, der mit Freude und hoch konzentriert mitgeht: Zusammen ergibt sich daraus eine einmalige Stimmung und Wohlfühlatmosphäre. Einzig die emotionale Bandbreite der Musik, die von bittersüßen Hochzeitsschnulzen wie "You're the Inspiration" der Siebzigerjahre-Poplegende Peter Cetera über das melodramatisch betörende "Unfaithful" von Rihanna bis zum pulsierenden Grunge-Klassiker "Smells Like Teen Spirit" der Neunzigerjahre-Kultband Nirvana reicht, könnte in den Gesichtern der Sänger etwas mehr Ausdruck finden. Der Unterhaltungswert des Konzerts war jedoch enorm hoch, was sich auch beim Andrang am Merchandising-Stand abzeichnete. Die aktuelle, zweite CD von El Chorazón mit dem Titel "Heavy Unplugged" war druckfrisch im Thoma-Haus eingetroffen.

© SZ vom 06.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: