Konzert im Advent:Verschluckte Töne

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Fürsorglich führt Dirigent Bernhard Koch das Karlsfelder Orchester durch Joseph Haydns Sinfonie Nr. 101 "Die Uhr". (Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Karlsfelder Sinfonieorchester kämpft im Bürgerhaus mit der Akustik

Von Adolf Karl Gottwald, Karlsfeld

Beinahe wäre das "Konzert im Advent" des Karlsfelder Sinfonieorchesters, das mit der Ouvertüre zu der Opera buffa "Die heimliche Ehe" von Domenico Cimarosa und einem Walzer von Franz Lehár im Programm betont nicht vorweihnachtlich sein wollte, doch noch zu einem richtigen Adventskonzert mit eher feierlich getragener als frisch-freudiger Musik geworden. Das Thema einer heimlichen Ehe ist eher kein besonders christliches Thema, die Ouvertüre leitet eine sehr heitere Oper ein. Das Sinfonieorchester spielte unter der Leitung von Bernhard Koch gut, doch diese Ouvertüre erweckte nicht die Vorfreude auf ein heiteres Bühnengeschehen - was ja ihre eigentliche Aufgabe ist. Dazu erklang sie zu gedämpft, was vor allem ein Problem der Akustik im Karlsfelder Bürgerhaus ist. Das Orchester ist auf dem Podium so sehr von Vorhangstoffen eingesäumt, dass ihm Glanz und Klangfülle weggeschluckt werden.

Auf die Ouvertüre folgte also kein munteres Geschehen sondern das gemessene Ticken einer Uhr. Bernhard Koch ließ nämlich den 2. Satz der Sinfonie Nr. 101 von Joseph Haydn folgen, der dieser Sinfonie den Beinamen "Die Uhr" eingetragen hat. Auch diesen Satz, bei dem sich viele Instrumente des Orchesters in kleinen, aber recht heiklen Soloauftritten bewähren müssen, bewältigten die Musiker unter Bernhard Kochs fürsorglicher Leitung. Joseph Haydn lässt seine Uhr im Andante, also einem mäßig schnellen, gemütlich gehenden Tempo ticken. Auf dieses Andante ließ nun Bernhard Koch mit dem 2. Satz aus der 4. Sinfonie von Franz Schubert ein weiteres Andante folgen.

Das wirkte - vor allem in der trockenen Akustik, die alles klanglich dämpft - nicht gerade aufmunternd, eher stark beruhigend - was übrigens in der hektisch gewordenen "staaden Zeit" durchaus gern angenommen wird. Schuberts Andante ist eine Musik zum Träumen und bei dem darauf folgenden Menuett wird man nicht aus dem Traum gerissen, zumal das Trio, wie vorher das Andante, in seliger Melodik schwelgt. Spätestens jetzt, eigentlich schon zwischen den beiden Andante-Sätzen hätte man gern ein Allegro erwartet. "Allegro" heißt ja nicht "schnell", sondern "lebhaft, munter, heiter". Das adventlich ruhige Musizieren mündete folgerichtig in eine "Christmas Overture"des um 1900 recht erfolgreichen englischen Komponisten Samuel Coleridge-Taylor.

Nach der Pause blieb es mit drei Sätzen aus einer "Suite ancienne" des norwegischen Dirigenten und Komponisten Johan Halvorsen bei der ruhigen Stimmung. Das war gefällige spätromantische Musik in Form von barocken Tänzen wie Sarabande und Bourrée. Dann aber wurde es mit einem Fagottkonzert von Antonio Vivaldi lebhafter: Allegro - Larghetto - Allegro molto. Relja Kalapis spielte es absolut souverän, das Karlsfelder Sinfonieorchester begleitete professionell gut, und die Zuhörer konnten wieder einmal staunen, wie es Vivaldi fertigbrachte, jedem seiner unfassbar vielen Konzerte ein eigenes Gesicht zu geben.

Zum Schluss der Walzer "Gold und Silber" von Franz Lehár. Das ältere Publikum kennt ja jeden Takt dieses noch vor wenigen Jahrzehnten sehr häufig gespielten Walzers, und man freute sich, ihn wieder einmal zu hören. An diesem Abend hätte das Gold und Silber vor der Aufführung in die Degussa, die "Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt" gehört, um in lauterer Reinheit zu erstrahlen. Ein paar Proben bis zur nächsten Aufführung - bei der Sommerserenade? - tun's aber auch. Im Karlsfelder Bürgerhaus war als Zugabe zum Winteranfang die Strauß-Polka "Winterlust" zu genießen - ein voller Genuss.

© SZ vom 12.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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