Konzert:Ein Kraftakt

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Hans-Henning Ginzel (Mitte) meisterte seinen Solopart beim Cellokonzert a-Moll von Robert Schumann spieltechnisch souverän. (Foto: Toni Heigl)

Beim Frühjahrskonzert der Sinfonietta Dachau ist von Musizierfreude wenig zu spüren

Von Adolf Karl Gottwald, Dachau

Wenn man den Konzertabend eines Laienorchesters zu beurteilen hat, darf man auf keinen Fall an die Aufführungen der großen Orchester von Weltrang denken. Eine CD zum Vergleich heranzuziehen, verbietet sich ohnehin. Wie aber soll man diese Vorgabe erfüllen, wenn das Laienorchester ein sehr oft gespieltes Werk aufführt, das man, von den besten Orchestern der Welt gespielt, im Ohr hat? Die Sinfonietta Dachau eröffnete ihr Frühjahrskonzert mit der Sinfonie A-Dur KV 201, der mit Abstand am meisten gespielten aller Jugendsinfonien Mozarts, vermutlich der am meisten gespielten Mozart-Sinfonie überhaupt.

Erster Eindruck: Dirigent Victor Bolarinwa nimmt alle Tempi langsamer als gewohnt. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden, wenn ein Dirigent auf die im Vergleich zu professionellen Orchestermusikern eingeschränkten spieltechnischen Fertigkeiten seiner Musiker Rücksicht nimmt. Bei Bolarinwas auf Piano und Transparenz ausgerichteter Interpretation kam manches musikalische Detail sehr fein zur Geltung, man hörte aber auch alle Unebenheiten der Intonation und vor allem im Rhythmischen deutlich. Leider hörte man auch die diesmal besonders schlecht besetzten Hörner, die hauptsächlich laut und falsch bliesen, unangenehm deutlich.

Kleinere, auch größere Ungenauigkeiten lassen sich beim Musizieren von Laien verschmerzen, wenn nur der Charakter des Werks nicht darunter leidet. Das war aber bei dieser Aufführung von Mozarts beliebter A-Dur-Sinfonie der Fall. Diesem Werk wird vor allem jugendliche Frische und sprühendes Leben nachgesagt. Gerade das aber fehlte und wurde durch die oft zu beobachtende Feinheit des Musizierens nicht aufgewogen.

Das Konzert im Konzert dieses Abends war das Cellokonzert a-Moll von Robert Schumann, ein ungeheuer schweres Konzert für den Solisten. Das war bei der Wiedergabe des jungen, sehr begabten Cellisten Hans-Henning Ginzel zu hören, zu sehen und zu spüren. Ginzel meisterte seinen Solopart musikalisch und spieltechnisch souverän, aber es wirkte wie Schwerarbeit, es war ein Kraftakt. Auch für das begleitende Orchester ist Schumanns Cellokonzert sehr anstrengend, obwohl oder vielleicht gerade weil es weitgehend auf Begleitfiguren beschränkt ist. Von Musizierfreude war beim Solisten wie beim Orchester nichts zu sehen und zu spüren. Nur für den Dirigenten ist es ein leichtes Spiel. Victor Bolarinwa war mit dem Dirigieren seines Orchesters so wenig ausgelastet, dass er auch noch dem Solisten die Passagen vordirigierte, was diesen wohl kaum erfreute.

War das Musizieren bis dahin vor allem schwere Arbeit, die den Ausführenden wenig Freude bereitet, so war bei der Aufführung der Sinfonie Nr. 99 Es-Dur von Joseph Haydn alles eitel Freude. Bolarinwa dirigierte sehr gut, alle Tempi, Phrasierungen, dynamischen Differenzierungen und was sonst noch zum guten Musizieren gehört hatten ihren Sinn und somit ihre Richtigkeit. Joseph Haydns wunderbare Sinfonie erstrahlte in ihrer Größe und ihrem Glanz. Eine Angewohnheit Bolarinwas aber ist es, die Konzerte der Sinfonietta mit großen Zugaben zu verlängern und damit der meistens mit einer Haydn-Sinfonie herrlich herausgearbeiteten Krone des Konzerts nachträglich ein paar Zacken auszubrechen.

© SZ vom 24.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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