Konversion eines Industrieareals:Großer Wurf in kleinen Schritten

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Der Mühlbach quert das MD-Gelände. An einer Stelle im Nordosten soll er angehoben werden. (Foto: Toni Heigl)

Die Stadt vollzieht eine Kehrtwende bei der Planung des MD-Geländes. Statt die ehemalige Industriefläche im Ganzen zu gestalten, will man das Areal nun sukzessive entwickeln. Der Grund sind schwierige Verhandlungen mit der Bahn

Von Viktoria Großmann, Dachau

Das MD-Gelände soll möglicherweise doch in Teilstücken entwickelt werden. "Wir verhandeln darüber mit dem Eigentümer", sagt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Das bedeutet eine Abkehr vom jahrelang verteidigten Prinzip, das etwa 16 Hektar große ehemalige Industriegelände nur im Ganzen auf einmal zu entwickeln. Die Stadt wollte damit verhindern, dass der Eigentümer nur die einfach zu entwickelnden Teile herausgreift und den schwierigen Rest liegen lässt. Die Stadt befürchtete, am Ende auf ewigen Baubrachen sitzen zu bleiben, unter denen Altlasten lagern, deren Entsorgung sehr teuer ist. "Es besteht die Gefahr der Rosinenpickerei", sagt Hartmann auch heute. Doch die Stadt will so verhandeln, dass diese Gefahr gebannt wird.

Zum Sinneswandel aufseiten der Stadt führen die voraussichtlich langwierigen Verhandlungen mit der Deutschen Bahn um die geplante Unterführung an der Freisinger Straße nahe dem Stadtbahnhof. Hier droht ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren. "Das kann bis zu zehn Jahre dauern", sagt Hartmann. Nach Willen der Stadt sollen die Autos dereinst unter den Bahngleisen durchfahren. Oben wird Fläche auch für Fußgänger gewonnen.

Mit der Eigentümerin der Isaria DEG hat sich die Stadt bereits geeinigt, wer welche Planungskosten für welche Straßen trägt. Auch die Bahn muss mitzahlen. Erst wenn die Straßenplanung vom Eisenbahnbundesamt genehmigt ist, kann es an dieser Stelle mit dem Aufstellen des Bebauungsplanes weitergehen. Dazu muss die Stadt erst einmal einen Straßenplaner finden. Die Ausschreibung muss europaweit erfolgen. Daher sucht man im Rathaus nun zuerst nach einem Büro, das sich mit diesen Verfahren auskennt und das anschließend mit der Suche nach einem Straßenplanungsbüro beauftragt wird. Es ist kompliziert.

Immerhin aber ist Hartmann "ganz zuversichtlich", dass mit der Isaria eine Lösung zur stückweisen Entwicklung gefunden wird. Die könnte gut und gerne auch an den denkmalgeschützten Gebäuden beginnen. Dort, wo in und um die Kalander- und Papierhalle ein Arbeiter- und Industriemuseum und ein Jugendzentrum entstehen sollen. Noch bevor die Isaria Miteigentümerin wurde, hatte die DEG das Angebot gemacht, die benötigten Grundstücke zum Anfangswert zu verkaufen. Die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude, die Kalander- und die Papierhalle würden für einen symbolischen Euro verkauft. Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) hatte erst kürzlich in der vergangenen Vollversammlung vor der Bezirkstagswahl erklärt, für die kommende Wahlperiode habe die Realisierung des Arbeiter- und Industriekulturmuseums in Dachau "eine hohe Priorität". Einen konkreten Preis habe die Isaria mittlerweile genannt, sagt Hartmann. Darüber müsse mit den Gremien von Landkreis und Bezirk gesprochen werden.

Im Vergleich zu solchen Planungsproblemen ist der Mühlbach eher eine Kleinigkeit. Der Mühlbach, so freundlich und teils unscheinbar er dahinfließt, ist ein schwieriges Gewässer. Er quert das MD-Gelände und soll an einer Stelle im Nordosten des Grundstücks angehoben werden. Züge oben, Autos unten. Oben bleiben soll auch der Bach, der auf der anderen Seite der Gleise mit mehr Kraft wieder hinunterstürzt. Diese Wucht sollte ursprünglich für ein Wasserkraftwerk genutzt werden, das östlich der Bahngleise entstehen sollte. Doch daraus scheint nun nichts zu werden. Denn die Vorgaben fordern eine Fischtreppe ein. Und das obwohl, wie Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) im Bauausschuss sagte, in diesem technischen Gewässer eher wenige bis überhaupt keine Fische unterwegs sind. Der Bau einer Fischtreppe könnte bis zu einer halben Million Euro kosten - aus Sicht der Stadtwerke ist das Kraftwerk dann nicht mehr wirtschaftlich.

Die Eigentümerin Isaria DEG ist an einem Kraftwerk nicht interessiert. Aus ihrer Perspektive lässt sich der ganze Plan mit dem vorgesehenen Verlauf des Bachs auch ohne Kraftwerk realisieren. Dummerweise muss aus Sicht der Behörde eine Fischtreppe trotzdem sein, Kraftwerk hin oder her. Für die Stadt steht die Entscheidung noch aus. Hartmann sprach im Ausschuss eine möglicherweise kostengünstige Alternative zur Fischtreppe an. So gebe es die Möglichkeit, einfach Schlupflöcher für Fische zu lassen. Er kann grundsätzlich die Forderung nach einer solchen Aufstiegs oder Abstiegshilfe für Fische an dieser Stelle nicht nachvollziehen. Die Tiere hätten an anderer Stelle die Möglichkeit, bis zur Amper zu gelangen.

Doch vielleicht geht es ja abseits der Freisinger Straße und des Mühlbachs doch bald schneller voran. Hartmann hofft, den Stadträten bis Jahresende ein Konzept zur teilweisen Entwicklung des MD-Geländes vorlegen zu können.

© SZ vom 25.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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