Knabenkapelle:Gleichheit, Freiheit, Blasmusik

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Ein Auftritt in Frankreich, oh la la! Das gelungene Gastspiel beim Festival in Léognan hat auch den kleinsten Musikern der Knabenkapelle ein neues Selbstbewusstsein gegeben. (Foto: Knabenkapelle Dachau)

Auf dem Musikfestival in Léognan knüpft die Knabenkapelle viele neue Kontakte: 2018 kommt die "Band'à Léo" aus Bordeaux zu Besuch. Das wichtigste Stück fürs Dachauer Bierzelt können sie bereits

Von Jacqueline Lang, Dachau

Die Sousaphonisten reißen mit ihren tubaförmigen Instrumenten fast die Produkte aus den Regalen, während sie musizierend durch den Laden marschieren, doch der Stimmung tut das keinen Abbruch, im Gegenteil. Niemals hätten Veronika Glas, 23, und Dominik Scherer, 24, oder die anderen Musiker der Dachauer Knabenkapelle vor ihrer Reise nach Léognan, einem kleinen Städtchen nahe Bordeaux, damit gerechnet, dass sie mitsamt ihren Instrumenten eine Polonaise durch einen französischen Supermarkt machen würden. Doch wie so oft im Leben, sind es die Momente, die man so gut gar nicht hätte planen können, die besonders in Erinnerung bleiben.

Im Oktober haben 30 der insgesamt 90 Vereinsmitglieder der Knabenkapelle die Partnerkapelle Band'à Léo in Frankreich besucht, unter ihnen vor allem Musiker des großen Blasorchesters. Initiiert wurde der Besuch vom musikalischen Leiter des Vereins, Eduart Civeja, und dessen Bruder, der in der französischen Gemeinde ebenfalls als Leiter des Blasorchesters fungiert. Schon der Flug ist für manche Mitglieder aufregend. "Die Tenorhörner sind teilweise auf eigenen Sitzplätzen im Flieger mitgeflogen", sagt Kapellensprecherin Veronika und muss dabei selbst lachen.

Nach einem langen Tag kommt die Gruppe abends in Léognan an und wird vom ersten und zweiten Bürgermeister sowie von der Kulturreferentin der Stadt empfangen. Nach dem ersten Kennenlernen greifen alle zu ihren Instrumenten, Sprachbarrieren werden musikalisch überbrückt. "Ein paar Brocken Französisch kann ja eigentlich jeder, aber die meisten Franzosen konnten auch Englisch oder sogar Deutsch. Man konnte sich schon gut unterhalten und den Rest hat die Musik erledigt", sagt Dominik, der momentan das Amt des Instrumentenwarts inne hat.

"Erst haben die gespielt, dann haben wir gespielt, und am Ende haben wir alle zusammen gespielt", erzählt Eduart Civeja. Zum großen Musikfestival in Léognan sind an diesem Wochenende auch kleinere Musikgruppen aus Spanien und Portugal in der Stadt, auch sie stimmen schnell mit ein. Bayerisch-böhmische Blasmusik trifft an diesem Wochenende immer wieder auf südländisch geprägte Rhythmen, bayerisches Lebensgefühl auf französische Herzlichkeit. Die Musik bildet immer den Anfang, sie ist das verbindende Element - über alle Grenzen hinweg.

Auch das Gastgeschenk der Dachauer Knabenkapelle greift diesen Gedanken auf: Auf hellblauen T-Shirts und auf dem Deckel der mit gelben und weißen Gummibärchen gefüllten Bierkrüge, die an Bier und Bierschaum erinnern sollen, sind jeweils die Umrisse von Frankreich und Deutschland zu sehen. Die Städte Bordeaux und Dachau stehen in Form von Noten vor diesem Hintergrund jeweils am Anfang und am Ende der ersten Notenzeile der Europahymne: Der europäische Gedanken wird hier großgeschrieben.

Auch dem ersten Vorsitzenden des Vereins, Tilo Ederer, ist die Begeisterung noch immer deutlich anzuhören. "Wir wurden aufgenommen, als würden wir schon immer dazu gehören." Das ganze Wochenende sei gemeinsam musiziert, getanzt und gelacht worden, berichtet er. Ederer freut sich über die positive Resonanz - nicht nur bei den Jugendlichen. Ein Verein ohne die Unterstützung der einzelnen Mitglieder und ihrer Eltern wäre kaum möglich, und ohne die finanzielle Unterstützung durch die Stadt Dachau und andere Spender undenkbar.

Für die Besucher aus Dachau ist es Ehrensache, ihren Gastgebern das bayerische "Prosit" beizubringen - schon mal als Einstimmung auf das kommende Jahr. Dann wird das französische Blasorchester Band'à Léo nämlich zum Dachauer Volksfest anreisen, und die Dachauer können ihren neuen Freunden ihre Heimat zeigen und die Gastfreundschaft erwidern. Es sind aber nicht nur Franzosen und Deutsche, die neue Freundschaften geschlossen haben, auch innerhalb der Knabenkapelle hat sich einiges getan. "Im Orchester ist seit der Ausfahrt ein besonderer Zusammenhalt zu spüren", sagt Veronika. Dominik kann das bestätigen: Gerade die Jüngeren hätten bei der Reise ihre Scheu vor den Ältern abgelegt.

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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